Ze´kulhan kreist über das Schlachtfeld
und schmuzelt bei dem Anblick des Blutbads, welches von beiden Seiten verursacht
wurde.
Jene überlebende Soldaten, die sie unter
sich noch erspähen konnte, ganz gleich auf welcher Seite, wurden von
ihr gnadenlos getötet.
In ihren Augen glimmt ein Feuer tiefster Zufriedenheit.
Nach einiger Zeit macht sie sich wieder auf
den Weg zu ihrer heimischen Höhle.
Als sie die Stelle überfliegt, an der
sich der leblose Körper Sir Décarn´s aufhält, findet
sie Ren, der sich, auch noch nach dem Tod des Ritters, treu an seiner Seite
befindet.
"Jämmerliches Geschöpf... klammert
sich noch immer an diesen Menschen", murmelt sie in sich hinein, als ihre
Ohren das traurige Winseln des Wolfes vernehmen.
Am Höhleneingang endlich angekommen,
wartet sie einen Moment bevor sie diesen betritt.
Immerhin muß sie sich auf ihren kommenden
schauspielerischen Auftritt vorbereiten, mit dem sie gerne andere täuscht.
Sekunden über Sekunden vergehen... Ze´kulhan
ist bereit.
Ihre Höhle durchstreifend erreicht sie
Victor, der mit einem betroffenen Gesichtsausdruck wartet.
Die Drachin nähert sich ihm mit langsamen
Schritten, erwidert seinen Blick und schüttelt verneinend ihr schuppiges
Haupt.
"Tut mir Leid... ich konnte ihn nirgends entdecken,
er wird wahrscheinlich vom Feind entführt und hingerichtet worden
sein."
Mit diesen Worten begibt sich Ze´kulhan
in die Nebenhöhle und rollt sich auf ihren Schätzen zusammen,
bereit zu schlafen.
Victor hingegen starrt ausdruckslos auf die
kalte Höhlenwand.
"Morgen werde ich es noch einmal versuchen",
grollt es aus der Nebenhöhle.
Victor nickt.
"Wie einfach es doch ist, Menschen etwas vorzumachen..."
sie lacht in ihren Gedanken "...aber ich hoffe, dass dieser Gestaltwandler
wirklich tot ist."
"Uhhhh... wa... was ist passiert?" bringe ich
stammelnd hervor.
Meine Augen öffnen sich, aber ich sehe
nichts... bin ich blind? ...oder umgibt mich nur eine undurchdringliche
Dunkelheit?
Langsam scheine ich mich wieder an Einzelheiten
zu erinnern.
"Bin ich also... tot?" In meinen Gedanken
formt sich ein Bild, wo ich wehrlos bin und von vielen Lanzen verwundet
wurde.
Die Dunkelheit um mich verändert sich
plötzlich und mich umgibt etwas... etwas eigenartiges... ja, etwas
mysteriöses.
Meine Füße spüren keinen festen
Boden, jedoch fühle ich auch nicht, dass ich falle... ich scheine
zu schweben.
Um mir herum erblicke ich überall Farben,
die miteinander verschmelzen und sich wieder lösen.
Heiseres Flüstern dringt an meine Ohren,
aber ich kann diesem Flüsern keine Wörter entnehmen... es ist
einfach zu verzerrt.
Während diesem Flüstern fallen mir
meine Augen zu.
Als ich sie wieder öffne, wurde ich überrascht...
die Umgebung um mich hat sich wieder verändert und sogar eine Form
angenommen.
Ich sehe mich in einem weißleuchtenden
Fluß, der einen geraden Weg in die Unendlichkeit zu nehmen scheint.
Links vom Fluß befindet sich eine Ebene,
karg, trostlos, eine unbelebte Gegend nur aus Steinen bestehend, von der
ein eiskalter Wind zu mir herweht.
Der Himmel, sofern es hier einen gibt, war
pechschwarz... aber dennoch kann man die unwirtliche Felslandschaft klar
erkennen.
Auf der anderen Ebene, rechts vom Fluß,
bietet sich ein völlig entgegengesetztes Bild, eine wunderschöne
Fläche aus lebendigem Grün.
Von dieser Seite spüre ich wärmende
Strahlen... und der Himmel leuchtet in klarem Weiß. Jedenfalls konnte
man es so bezeichnen.
Etwas in mir sagt, daß sich hier der
Übergang von Leben und Tod befindet.
Deswegen mache ich mich daran, die belebte
Ebene zu betreten, aber kaum hab ich dies getan, werde ich wie von unsichtbarer
Hand zum Fluß zurückgezogen.
"So leicht werde ich nicht aufgeben", rede
ich mir zu und versuche es ein weiteres Mal.
Und das Glück scheint mit mir zu sein,
zwar zieht es mich noch immer stückweise rückwärts, aber
diesmal bin ich zu entschlossen, als mich von so etwas behindern zu lassen.
Tatsächlich, als ich die ersten Bäume
erreiche ist dieser Sog nicht mehr da. Aber sind es überhaupt Bäume...
meine Hand gleitet durch sie, als wären sie nicht vorhanden.
Ich lasse meinen Blick in alle Richtungen
schweifen und wusste nicht wohin als nächstes.
Die Ebene ist ja auch unendlich groß.
Nachdenklich versuche ich mich an einem Baum
anzulehnen, aber als ich dann flach am Boden liege, fällt mir wieder
ein, daß die Bäume hier nicht dafür geeignet sind.
Als ich mich aufrichte, erscheint ein Ausschnitt
von einer Inneneinrichtung vor mir... es ist, als würde ich aus einem
Fenster schauen.
Meine Neugierde verleitet mich dazu, dieses
Fenster... dieses Bild zu untersuchen.
Bei Berührung schlug es Wellen... genauso
wie das Portal mit dem ich nach Íja Macár gekommen bin.
Also atme ich tief ein... schließe meine
Augen und springe in das 'Bild'.
"Ahhhh... d..dia Bastia b... bawagt sich",
dringt eine zitternde, aufgeregte Stimme an meine Ohren und als ich die
Augen aufreisse, kann ich noch die Gestalt eines Jungen ein Tor hinauslaufen
sehen.
Nach diesem kurzen Ereignis, konzentriere
ich mich auf die Umgebung und versuche, auf Geschehenes zurückzublicken.
Ja... ich wurde von Lanzen durchbohrt...
aber danach war alles nur noch Schwarz.
Und jetzt bin ich hier... in diesem...
Stall.
Da es nicht mein Ziel ist, ewig hier zu bleiben,
versuche ich, durch das Tor ins Freie zu gelangen.
Dies war ein unnötiges und auch schmerzhaftes
Unterfangen, denn bei jeder Bewegung verspüre ich einen stechenden
Schmerz.
Ich merke, dass ich mich noch immer in meinem
Drachenkörper befinde und zwei abgebrochene Lanzenschäfte in
meiner Brust stecken.
Minuten über Minuten trostlosen Wartens
später erscheinen endlich einmal drei unterschiedliche Gestalten.
Der eine war ein Mann, ein Riese von einem
Mann könnte man schon sagen, mit einem grimmigen Gesichtsausdruck
und in einem reich verzierten Prunkharnisch gerüstet.
Neben ihm verweilt ein Mann, der sich um einen
kunstvoll geschnitzten Holzstab klammert.
Dieser trägt eine Stoffkleidung, genauso
wie ich sie von dem Wächter auf Avalon in Erinnerung habe, allerdings
wirkt er um vieles jünger und genauso mager und er hat denselben strengen
Ausdruck wie sein gepanzerter Nachbar.
Der dritte in Bunde war der Junge von vorhin,
er reicht dem Rüstungstragenden nicht einmal bis zur Schulter.
Voreingebildet stamft er an mich heran, spreizt
seine Beine ein wenig, zieht den Bauch ein... er versucht wahrscheinlich
sich selbst eine stämmigeren Ausdruck zu verleihen.
Aber eine kleine Kopfbewegung reicht und...
schwups...
versteckt er sich hinter der schützenden Rüstung des riesenhaften
Mannes.
"Bitta, bitta tu mir nicht wah!" erklingt
es hinter dem Harnisch.
"Nun geh, Stallbursche... geh und verrichte
deine Arbeit. Das hier ist nicht für deine Ohren bestimmt!" entgegnet
ihm barsch die hagere Gestalt.
Nachdem der Junge durch das Tor verschwunden
ist, wird es von zwei Soldaten verschlossen.
"Also Unhold der feuerroten Ausgeburt", ergreift
der Rüstungstragende das Wort, "wir haben dich nur aus einem Grund
am Leben gelassen.
Ich hoffe für dich, daß du weise
genug bist, mit uns zusammenzuarbeiten. Ansonsten wirst du die Konsequenzen
spüren müssen."
Halten mich hier gefangen und erwarten auch
noch, daß ich mit ihnen kooperiere.
"Ich habe keine Lust euch in irgendeiner Sache
zu helfen. Wer seit ihr überhaupt, dass ihr mich hier festhaltet!"
meine Ausdrucksweise gleicht der ihren.
"Zügle deine ungestüme Zunge, fliegendes
Untier... unsere Namen werden wir dir sicher nicht verraten. Es sei nur
gesagt, dass mein Gegenüber der Fürst dieses Reiches ist", unterbrach
der magere Mann.
"Also müssen wir dich wohl oder übel
foltern... wir brauchen dich Wurm für unseren Plan. Sofern ich auch
Hass euch gegenüber empfinde."
Der Fürst spuckt auf meine Schnauze.
In mir flammt wieder Wut auf.
Wie kann er es wagen mich anzuspucken.
"Magier, ihr könnt anfangen." Mit diesen
Worten verlässt der Fürst den Stall.
Mit einem unglücklichen Versuch, über
den Magier herzufallen, fängt dieser die Prozedur an.
Er lehnt seinen Stab an die Holzwand des Stalls,
schließt die Augen und murmelt unverständliche Worte.
Während er damit beschäftigt ist,
diese Worte auszusprechen, verändert sich das Material der aus meinem
Körper ragenden Lanzenschäften.
Die abgebrochenen Holzschäfte verwandelten
sich plötzlich in Eisen.
Bis zu diesem Moment kann ich mir nicht vorstellen,
was das mit Folter zu tun haben soll.
Ein bedrohliches Grinsen des Magier symbolisiert
den schmerzhaften Anfang.
Schon langsam verändert sich der Zustand
des Eisens. Das vorhin noch kalte Material scheint sich langsam zu Erhitzen.
Es fängt an zu glühen, ich spüre
wie meine Nervenzellen unter der brennenden Wirkung schmerzen.
Immer heftiger brennt sich das Eisen in mein
Fleisch, ein abscheulicher Geruch verbrannten Fleisches macht sich im Stall
breit.
Meine drachenhaften Schreie nehmen zu, je
mehr Schmerzen umso lauter versuche ich die Schmerzen mit Brüllen
zu verdrängen.
Nach ungefähr zehn Minuten hört
die Folter auf, ich hoffe es jedenfalls, leider ist dem nicht so.
Denn gleich danach berührt der Magier
das Eisen.
"Nun komme Teil zwei der Folter...", teilt
er mir mit, "ich hoffe du genießt es."
Elektrische Schläge durchfuhren, vom
Eisen geleitet, meinen Körper. Erst leicht, dann wurden die Stromschläge
heftiger.
Meine Brüllorgie fängt also von
Neuem an.
Hilfesuchende Blicke durchstreifen den Stall,
obwohl dies wohl unnötig ist.
Aber auf der rechten Seite des Stalls entdecke
ich bei einer Öffnung eine Gestalt. Es ist der Stalljunge, dessen
unbändige Neugier ihn hierhergelockt hat.
Blanken Entsetzen kann man in seiner Mimik
erkennen, hervorgebracht durch die Folter und den ekeleregenden Gestank.
In seinen Augen spiegelt sich ein Zeichen
von Mitgefühl wider. Wie paralysiert starrt er mich an.
Wie grausam das unter seinen Augen aussehen
muß.
Dieser Augenkontakt wurde von dem Magier bemerkt.
Er folgt dem Blick meiner Schnauze entlang, bis auch er den Jungen entdeckt.
"Wache! Wache!" er schreit aus Leibeskräften
den Wachen draußen zu. "Nehmt den ungebetenen Beobachter sofort fest,
er befindet sich auf der rechte Seite."
"Oh... oh nain, ich muß hiar wag." Mit
quietschender Stimme springt der erschreckte Stalljunge auf und läuft
davon.
"Fasst ihn... und wehe euch er entkommt." der
Magier war sichtlich erzürnt, denn auch er hatte den Schimmer von
Mitgefühl in den Augen des Jungen bemerkt.
"Scheint als hättest du damit nicht gerechnet."
unterstelle ich den Magier mit heiserem Keuchen.
Dieser Satz hätte besser unausgesprochen
bleiben sollen, denn der Zorn des Magiers richtet sich jetzt auf mich.
Er ergreift erregt den Eisenschaft und schickt
mir seine aufgestaute Wut in Form eines besonders heftigen Stromschlages
entgegen.
Das war wohl zuviel. Meine muskulösen
Drachenbeine konnten mich nicht mehr halten.
Ich breche zusammen... unglücklicherweise
ramme ich mir dabei einen der zwei Eisenschäfte tiefer in meinen Körper.
Mein Körper beantwortet dies mit einem
Husten. Dieses eine Husten und der darauffolgende Hustanfall brachte Blut
aus meinen Rachen hervor.
Ein Gefühl von Hilflosigkeit macht sich
wieder in mir breit... kurz darauf falle ich in Ohnmacht.
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