Vor knapp einhundert Jahren schlüpfte ich aus meinem grau-grün gefleckten Ei.
Meine Schuppen variierten von Schwarz über Grün und Blau bis Braun, doch das sollte sich im Laufe meines Lebens noch ändern. Meine Mutter, die mir gerade die erste Mahlzeit meines Lebens brachte (es war - soviel ich noch weiß - eine große, fette Bisamratte), schimmerte in einem Kleid aus schwarzen und dunkelroten Schuppen.
Wir Moordrachen haben meist kein sehr farbenfrohes Äußeres, weil wir uns im Sumpf den Farben unserer Umgebung anpassen müssen - wie der Tiger im Urwaldgestrüpp, so wir im Sumpf. Unsere Beute ist dadurch um so überraschter, wenn wir sie plötzlich zwischen den Zähnen halten...
Mit der Bisamratte war mein Magen dann erst mal beruhigt. ... für ein paar Minuten. Aber zum Glück kam bald meine Mutter zurück und brachte mir mein zweites Frühstück: einen Biber.

Das ging dann eine Weile so weiter.

Vier Jahre später bekam ich dann einen kleinen Bruder.
Mit dem spielte ich so sehr, daß ihn mir meine Mutter bald wieder wegnahm. Sie sagte, ich würde ihn zu sehr abnutzen... oder sowas ähnliches. Heute verstehe ich das ja viel besser als damals - da war ich ja schließlich noch ein Kind.
Nochmal ein paar Jahre später durfte ich dann wieder mit ihm spielen, aber das war dann nicht mehr ganz so schön... er war schon fast genauso stark wie ich...

Als ich dann so etwa acht Jahre alt war, zeichnete sich schon so langsam meine heutige Schuppen- Farbe ab: Braun-schwarz-grau, mit einer starken Tendenz zu dunklen, blauen und grünen Flecken - nicht nur durch die ständigen Raufereien mit meinem Bruder, sondern auch ganz natürliche.
Zu dieser Zeit etwa mußte ich dann mein Zuhause verlassen. Das ist bei uns Drachen so üblich - warum, weiß ich aber auch nicht.
Ich glaube, es ist, damit wir schnell auf den eigenen Füßen stehen... Schon komisch, ich fliege eigentlich viel lieber, als daß ich blöd 'rumstehe... Aber, was soll's, so ist das eben bei uns.

Damals konnte ich, wie die anderen Drachen in dem Alter, noch nicht fliegen - die inneren Organe, wie mir später mal erklärt wurde, denn damals hätte ich das bestimmt niemals kapiert, waren da noch nicht voll ausgebildet - und so mußte ich den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen - das war eine Qual! - ...bis zum nächsten Sumpfloch. Das waren vielleicht so dreitausend Schritte - schon auf euch Menschen umgerechnet -, aber es hat ewig gedauert...
Und die Tradition (ja, auch wir Drachen kennen sowas!) verlangte, daß ich mindestens einmal pro Woche weiterziehe... jedesmal so ungefähr dreitausend Schritte.
Zum Glück hat keiner gemerkt, daß ich ein bißchen geschummelt habe... Nach vier Wochen bin ich nur noch halb so viel und halb so oft und halb so weit gewandert (also zusammen nur ein Sechstel - ja, ich kann rechnen!!!).

So schlug ich mich dann durch...
Ich begegnete anderen Drachen, die so in meinem Alter waren, manche waren auch etwas älter und dementsprechend länger auf Wanderschaft. Auch hab' ich da die ersten Nicht- Moordrachen gesehen. Von den Baum- und (von euch sogenannten) Zwergdrachen waren damals sehr viele unterwegs, aber ich hab' auch einmal einen richtigen Vulkandrachen gesehen - damals war das noch ein Erlebnis... Heute kenne ich natürlich viel mehr Drachen, darunter - was ich damals nie zu träumen gewagt hätte - einige Edeldrachen!!

Na ja, bevor ich vom Thema abkomme...
So mit fünfzehn hab' ich dann endlich mein erstes Feuer gemacht.
Ich gehöre leider zu einer Moordrachenart, bei der das Feuer nicht so stark ausgeprägt ist, dafür aber um so mehr stinkt, was aber auch nicht immer von Vorteil ist. Aber es reicht, um ein paar Bäume anzuzünden oder euch Menschen in Panik zu versetzen.
Und zu dieser Zeit hab' ich mich auch zum ersten Mal in die Lüfte erhoben - die Fähigkeit zum Feuern und zum Fliegen hängt bei uns Drachen eng zusammen, es kommt aus dem Inneren (s. 'was jeder schon immer über Drachen wissen wollte (Drachen- Index)' (in Vorbereitung!!)).

Das war ein Gefühl!!

Ich bin zwar nach zwei Minuten fast in die Bäume abgestürzt - irgendwas muß mich damals abgelenkt haben -, aber es war einfach drachenstark!

Von da an hat mir das Wandern auch viel mehr Spaß gemacht, ich bin auch viel mehr herumgekommen.
Und ich habe meine erste große Liebe in dieser Zeit der großen Ausflüge kennengelernt. Und meine zweite. Und meine dritte. Die vierte hielt dann sogar schon ein paar Tage... (am Stück!)
Lacht nicht!
Wir Drachen haben's schließlich auch nicht leicht mit der Liebe... Wir kommen immerhin erst mit ungefähr zwanzig in die Pupserdät... oder wie ihr das nennt... Und damals war ich gerade mal fünfzehn.

Nach ein paar Wochen übrigens hab' ich meine zweite Liebe nochmal getroffen. Da hielten wir immerhin schon viel länger zusammen wie Pech und Schwefel! ... so zwei Tage oder so... (ich glaube, sie wollte nur, daß ich ihr etwas zu essen besorge...)

Aber ein paar Jahre später hat's dann richtig mit ihr geklappt! Ach, wie ist sie doch so schön! Eine richtige Lady: dunkelrot, mit schwarzen und grauen Flecken, die fast nicht sichtbar sind - einfach wunderschön! *lechts*

Na, aber soweit bin ich noch nicht mit Erzählen...

Also, mit sechtzehn oder so, da hatte ich dann meinen ersten Kampf.

Ich meine nicht nur so eine kleine Rauferei mit meinem Bruder... Nein, ein richtiger Kampf! Und mein Gegner war fast um die Hälfte größer als ich! (Und wir Moordrachen sind nicht gerade die kleinsten!) Und trotzdem habe ich diesen Kampf gewagt. Natürlich hab' ich vorher ein bißchen geübt, aber natürlich in keinem richtigen, harten Kampf. Der Grund für den Kampf war eine Frau... - was denn sonst?! (obwohl das für mich ja eigentlich etwas zu früh war...) Und mein Gegner war mindestens zwölf Jahre älter als ich.
Ich hab' wirklich mein Äußerstes gegeben, habe gekämpft bis mir fast das Feuer ausging. Aber es hat sich gelohnt!

Von da an wußte ich, daß ich der geborene Kämpfer bin! ... wenn ich mich auf schwächere Gegner einlasse...
Mir taten nach dem Kampf sämtliche Knochen weh... ich konnte kaum noch laufen, geschweige denn fliegen. Ich war für Wochen total am ... ... Boden zerstört. Mein Gegner, dem der Kampf offenbar fast gar nichts ausgemacht hatte, zog natürlich mit der Drachin davon... Ich hab' (zum Glück!) beide nie wieder gesehen.

Wie gesagt: es hat sich gelohnt, ich hatte dazugelernt.
Von da an übte ich immer an jüngeren, kleineren und schwächeren Drachen (vor allem an Baumdrachen, obwohl sie sich gut im Wald verstecken können - deshalb kam es nicht ganz so oft zum Kampf...).
Aber ich wurde langsam besser, bis ich mich sogar einmal an einen Zwergdrachen wagte -- Ihr denkt, das sei ja keine Steigerung? Da kann ich ja nur lachen - ha! Die können ganz schön zäh und unfair kämpfen. Und trotzdem hätte ich beinahe gewonnen!!

Aber meine Jugend bestand natürlich nicht nur aus Kämpfen und unerreichbaren Drachinnen. Ich hatte auch einige neue Freunde gefunden - manche von ihnen kennen mich sogar heute noch!
Mit einigen von ihnen erkundete ich die umliegenden Länder um das Drachental herum. (Ihr wißt ja vielleicht schon: das Drachental ist sehr, sehr groß!) Dabei sind uns Drachen und auch andere Wesen begegnet, von denen ich vorher noch nie etwas gehört hatte.

Oder habt ihr schon mal etwas von den Gradnoradlus gehört?
Seht ihr, ich bis zu dem magischen Zeitpunkt, als ich einem von ihnen gegenüber stand, auch nicht. Die sind so richtige Monster, würdet ihr wohl sagen. Uns Drachen können sie natürlich keine Angst einjagen, aber ein bißchen düster und gefährlich wirken sie dann doch, wenn sie plötzlich nicht mehr da stehen, wo man sie einen Augenblick vorher noch gesehen hat. ...und plötzlich wieder hinter einem auftauchen.
Mit ihrer häßlichen Fratze, die sie Gesicht nennen. Gut, wir Drachen sind aus eurer Sicht auch nicht immer die schönsten... aber die... potthäßlich!
Blaue Augen und blaß-rote Haut... Graue Haare, die ihnen bis über die Schulter hängen und wie ein vom Sturm zerzauster Grasbüschel aussehen. Und lange, spitze Ohren, die um so schwärzer sind, je weiter sie vom Kopf abstehen. Und fast doppelt so groß wie ihr Menschen. Und ihre Arme und Beine sind von massenhaft kleinen, dunklen Beulen übersät, als ob sie irgend eine ganz furchtbare Krankheit befallen hätte. Ihr Rumpf ist meistens von einem schlecht bearbeiteten und fast immer auch uralten Fell bedeckt, das sie irgend einem armen Tier geklaut haben - so wie ihr Menschen das auch oft macht.
Na ja, das jedenfalls sind die Gradnoradlus.
Ach ja, das wichtigste hätt' ich beinahe vergessen...: sie sind äußerst gefräßig. Und dementsprechend - und weil sie von Körperpflege überhaupt keinen blassen Dunst haben (im Gegensatz zu uns Drachen) - stinken sie aus ihrem von etlichen schiefen, gelb-braunen Zähnen ausgefüllten Maul; dagegen ist der Gestank, den ich beim Feuern manchmal verbreite, noch geradezu ein wohltuendes Blumen- Wiesen- Düftchen.
Um jegliche Schwierigkeiten von vornherein zu vermeiden, verarbeitete ich ihn sogleich zu einem Häufchen Asche - das heißt eigentlich wir - mein Freund, mit dem ich auf Tour war, und ich.
Damit haben wir dieses möglicherweise lästige Problem auf die einfachste Weise gelöst.
Mann, waren wir stolz! (Das 'Mann' ist aus dem Drachischen frei übertragen!)

----- ab hier: neu seit 23.05.99 -----

Hmm... Habe ich eigentlich schon erwähnt, daß Ihr Menschen Euch mit Euren Namensgebungen für uns (und andere Lebewesen) manchmal etwas lächerlich macht? Zumindest bei den Betroffenen (also uns Drachen in diesem Fall).
Ihr versteht nicht, was ich meine? Na, dann lasst mich das mal konkretisieren - ;-) ... (Das Wort hab' ich geklaut, ich geb's ja zu...)

Da ist zum Beispiel die Sache mit den Zwergdrachen.
Zwerge sind ja doch ziemlich kleine Wesen, fast so, wie Ihr Menschen für uns. Und doch sagt Ihr zu Drachen, die immernoch x-mal größer als jeder Mensch sind, 'Zwergdrachen'. Nur, weil sie etwa halb so groß sind, wie etwa ein Großdrache (also ein (stink-) normaler Drache). Aber wie nennt Ihr einen Drachen, der noch kleiner ist, als ein Zwergdrache?
Ich sag's Euch: Baumdrache.
Ist das vielleicht logisch?

Na, seht Ihr jetzt, wie unlogisch Ihr seid?
Und nun habe ich hoffentlich meine Ehre gerettet (wegen dem verlorenen Kampf gegen diesen Zwergdrachen).
(Mal sehen, welche Ausrede er nächstes Mal findet! [Anmerkung des Übersetzers])

Aber Ihr wolltet ja eigentlich was über mein Leben erfahren...

Irgendwann begegnete ich dann tatsächlich auch meinem ersten Menschen. OK, das war etwas später -  mit dreißig oder so -, aber ich muß euch das jetzt trotzdem mal schnell erzählen...
 
 

Hallo, jetzt komm endlich auch ich mal zu Wort!

Ihr fragt Euch nun vielleicht, wie ich dazu komme, einem (dahergelaufenen) Sumpfdrachen, der sich Moordrache nennt, eine Homepage zu basteln.
Ich weiß es, ehrlich gesagt, auch nicht mehr so richtig...
Ich glaube, wir sind uns zum ersten Mal vor ein paar Jahren beim Chatten begegnet (wie er das damals geschafft hat, ist mir bis heute ein Rätsel). Wie er von seinem Drachental aus überhaut ins Internet gefunden hat, weiß ich leider auch nicht. (Stellt Euch vor: da gibt's noch nicht mal Strom!!!) Vielleicht gibt's ja dort ein paar Computer und Browser, die mit Magie funktionieren - aber das wird er mir wahrscheinlich sowieso nie verraten. Er ist ein richtiger Geheimniskrämer.

Nachdem wir uns ein paar Monate lang gekannt haben und ich ihm so ungefähr fünfzehnmal im Internet begegnet bin, kam er dann mit seinem Wunschtraum raus...

Ich konnte wieder nicht nein sagen - und so ist's dann halt passiert...

Jetzt ist seine Homepage endlich (fast) fertig... und was hab' ich davon?
Eine abgenutzte Tastatur.

Tja, so isch's Läbe, wie wir im Süden sagen (=so ist das Leben).

Und damit wißt Ihr ja schon ganz genau, wo ich denn nun eigentlich herkomme. Aber das interessiert Euch drachen- verrückte Internet- Server - äh - Surfer ja eh nicht...

Übrigens interessiere ich mich auch für Drachen und alles rund um die Fantasy - na ja, das mit den Drachen muß ich mir in Zukunft noch überlegen... ;-)
Nach J.R.R. Tolkien und Terry Pratchett läßt mich die Fantasy einfach nicht mehr los.
Und hier hab' ich mich sogar auch ein wenig durchsetzen können, auch wenn das der Moordrache sicher nie zugeben wird...: der Netzroman magische Welt Íja Macár ist zum größten Teil auf meinem Mist gewachsen!
Als Hintergrund (v.a. damit der Moordrache nichts gegen das Projekt haben konnte) wählte ich die Welt, in der er lebt, habe aber das Drachental weggelassen, von dem er mir natürlich auch nicht gesagt hat, wo es genau liegt.
Immerhin wißt Ihr ja jetzt, auf welcher Welt denn das Drachental liegt: irgendwo auf Íja Macár.

Es ist natürlich wieder typisch, daß er mir wieder nur einen kleineren Kasten übrig läßt... und jetzt kommt er auch noch und will, daß ich endlich aufhöre, ich hätte doch jetzt genug geschrieben... über mich.
Tja, tut mir leid, aber so isch's Läbe...

Vielleicht kann ich mal unbeobachtet wieder ein paar Zeilen schreiben...

Ciao
Euer Jörg Q.

PS: hier verbirgt sich noch ein kleines Portrait von mir, aber ohne Hut:

Nochmal PS: die Bemerkungen des Moordrachen über seinen Assistenten ist mir nicht verborgen geblieben... Ich habe alles gelesen. - Wart' nur, bis wir uns wieder begegnen...!