Schwarze Flügel von Pai

Die Autos verließen den Vorort von Trier und jagten die Straße hinauf, die nach Gusterath führte. In dem schwarzen Sportwagen saß eine dunkle Gestalt, die immer noch eine Maske über das Gesicht gezogen hatte. In dem blauen Mercedes saßen zwei schlanke junge Männer. Der eine war schwarzhaarig und hatte seine Uniformjacke hochgekrempelt. Er versuchte das Auto, das vor ihnen fuhr, nicht aus der Sicht zu verlieren, während der Rothaarige, ebenfalls uniformiert, mit dem Lenkrad kämpfte und erneut aus der Kurve heraus beschleunigte, so dass sein Beifahrer sich am Griff festhalten musste. Sie waren grade auf der Verfolgung eines Verbrechers, der ein starkes Tempo vorlegte und mit halsbrecherischen Manövern andere Autos überholte. Obwohl sie beide schon sehr kurze Haare hatten, musste sich der Schwarzhaarige diese aus dem Gesicht wischen, da sie ihm durch den Fahrtwind immer wieder nach vorne geweht wurden. Die beiden hatten Mühe mitzuhalten. Plötzlich war irgend etwas auf der Straße, denn ein unbeteiligtes Auto bremste so stark ab, dass sie fast hinten drauf gefahren wären. Sie mussten auf das Feld ausweichen. Damit war der Verfolgte weg. Karl fluchte und schlug frustriert die Hände aufs Lenkrad. "Mist," fluchte er. "Wir hätten ihn fast gehabt." - "Sieh mal da drüben." - "Was ist?" Karl schaute nun wie auch Efin zur Straße zurück. Mehrere Autos standen quer und es hatte einige Auffahrunfälle gegeben. Zum Glück schien es sich dabei nur um Blechschäden zu handeln. Aber jetzt sah Karl auch den Grund, warum die Autofahrer so reagiert hatten.
Mitten auf der Straße war ein Hindernis aufgetaucht. Es schien fast so, als wachse die Straße zu einem Berg heran, aus dem sich anfingen ein Kopf mit menschlichen Gesichtszügen herauszubilden. Die umliegenden Felder veränderten sich jedoch überhaupt nicht. Fasziniert, aber auch irritiert sahen die beiden, wie auch eine Menge anderer Autofahrer, dem Schauspiel zu. Der Verfolgte war vergessen, zu bekommen war er eh nicht mehr.
Dieser Kopf aus Asphalt hatte sich mittlerweile fertig ausgebildet. Ob Zufall oder nicht, aber er blickte genau in die Richtung der beiden. Zumindest sah es danach aus, da die Augen ebenfalls aus Asphalt bestanden und nur eine Blickrichtung erahnen ließen. Trotzdem hatten die beiden den Eindruck, dass der Kopf sie ansah. Dann vernahmen sie eine dunkle Stimme. "Von dem, der mir das Artefakt gestohlen, sollt ihres mir wiederholen. Solltet ihr dabei versagen, werdet ihr die Konsequenzen tragen. Bringt zum Berg das Artefakt, wo die singende Nymphe mit dem goldenen Kamme wacht." Der Kopf verflüssigte sich und wurde wieder zu dem, was er auch schon vorher gewesen war, einer Straße.
Verwirrt sahen die beiden sich an. Was hatte denn das jetzt schon wieder zu bedeuten, und wovon sprach dieser Kopf da? Sie hatten keine Ahnung. Bevor sie sich noch weiter Gedanken machen konnten, knackte der Autofunk. "Hey, seit ihr da unten eingeschlafen oder was? Euer Flüchtiger nähert sich jetzt Gusterath. Wo bleibt ihr?" Die Hubschrauber. Efin und Karl hatten ihn ganz vergessen. Ganz offensichtlich war der Pilot aber an dem Fluchtauto drangeblieben. Efin schnappte sich das Funkgerät. "Wir sind gleich da. Hatten hier ein paar Auffahrunfälle. Schickt einen Krankenwagen und mehrere Abschlepper." Noch während sie das durchgab hatte Karl den Motor wieder angeworfen. Er gab Vollgas, so dass neue Furchen in den Acker gegraben wurden, bis sie die feste Straße wieder erreicht hatten und weiter beschleunigten. Der Vorfall von eben wurde erst einmal zurückgestellt, wichtiger war es nun, den flüchtigen Verbrecher zu fangen. Doch sie schafften es nicht mehr. Dem Verbrecher gelang es sogar die fliegende Einheit hinter Pluwig in die Irre zu führen, und war plötzlich wie vom Boden verschwunden.

Frustriert und müde kehrten Efin und Karl in das gemeinsame Haus zurück. Nachdem sie im Revier ihren Bericht abgeliefert hatten, waren sie vom Chef des Reviers nach hause geschickt worden. Sie sollten sich erst mal für eine Weile ausruhen, da sie schon viel zu lange und ohne Pause im Dienst waren.
Von dem Vorfall auf der Straße hatten sie niemandem erzählt und die Leute, die an dem Auffahrunfall beteiligt gewesen waren, schienen sich nicht an die Geschehnisse erinnern zu können. Doch was hatte der Kopf mit diesen Sätzen gemeint. Gestohlenes Artefakt... Ohne konkrete Hinweise würden sie es nie herausfinden. Aber dennoch spukte dieser Satz in ihrem Gedächtnis herum.
Karl hatte sich am großen Tisch im Wohnzimmer niedergelassen. Er hatte sich die Worte auf einen Block geschrieben und grübelte jetzt schon geraume Zeit nach. Vielleicht ergab sich ja ein Hinweis aus den Worten auf das Artefakt, doch auch wenn dies der Fall sein sollte, so blieb er Karl verborgen. Leise dudelte das Radio der Stereoanlage vor sich hin, die auf einem Regal nahe des Fensters stand. Einige zerknüllte Blätter säumten den Tisch, oder lagen auf dem Boden.
Nach einiger Zeit betrat Efin den Raum. Er hatte sich umgezogen, trug nun eine Jeans und ein leichtes T-Shirt. In seinen Händen balancierte er ein Tablett mit zwei dampfenden Tassen. Der Teppichboden dämpfte seine Schritte, so dass Karl ihn erst bemerkte, als er das Tablett bereits auf dem Tisch abstellte und nach einem Stuhl griff.
Eher unbewusst schaute Karl zur Uhr und wurde sich mit einem leichten Schrecken bewusst, dass er jetzt schon seit Stunden an diesem Text grübelte. Er hatte gar nicht bemerkt, wie schnell die Zeit vergangen war. Karl rieb seine brennenden Augen. Jetzt erst bemerkte er, das er im Gegensatz zu Efin sogar noch einen Teil seiner Uniform trug. Er gab Efin ein Zeichen mal kurz zu warten, bevor er ins Schlafzimmer verschwand, um sich umzuziehen. Dabei blickte er in den großen Spiegel, der zwischen den Betten und den Kleiderschränken hing. Seine blau-grünen Augen schauten ihn aus seinem Spiegelbild müde an.
Kurz darauf kehrte er jetzt auch mit bequemerer Bekleidung in den Raum zurück. Mit einem dankenden Nicken nahm er die Tasse von Efin entgegen und stellte diese hastig auf den Tisch, da er die Wärme unterschätzt und sich die Finger verbrannt hatte. Er ließ sich wieder auf dem Stuhl nieder und sah auf den Block hinab. "Du grübelst jetzt schon seit Stunden über diesem Text. Hast du schon etwas gefunden, was uns weiterhelfen könnte?" Enttäuscht schüttelte Karl den Kopf. Karl spürte, wie Efin ihm erst sanft durch das rote Haar strich und dann seine Arme über die Schultern gleiten ließ und sie über seiner Brust faltete. Obwohl Karl über die Besonderheit von Efin wusste, erschreckte es ihn immer wieder wenn ihm bewusst wurde, wie leicht sein Partner doch war, er spürte das auf ihm ruhende Gewicht von Efin fast gar nicht. Hastig schob er den Gedanken wieder zur Seite.
"Wie wärs, wenn du mal auf andere Gedanken kommst. Lass uns doch etwas spazieren gehen und den Vollmond genießen. Es ist so eine schöne laue Nacht," raunte Efin Karl ins Ohr. "Ist gut, aber lass mich vorher noch den Kaffee austrinken." Mit einem leichten Seufzer löste sich Efin von Karl und ließ sich wieder auf den anderen Stuhl sinken.

Etwa eine Viertelstunde später brachen sie auf. Sie gingen zu den Weinbergen, denn von dort aus hatte man einen guten Blick auf Trier und Umgebung. Zumal störten dort weder Straßenlaternen, Häuser oder Bäume den Blick in den sternenklaren Nachthimmel. Ein breiterer Trampelpfad führte an einer versteckten Bank vorbei, die man nur finden konnte, wenn man genau wusste, wonach man suchte, oder jemanden kannte, der sie vor einem gefunden hatte. Tiefe Äste von Bäumen und Büsche verdeckten das meiste der Bank, doch sie störten die Aussicht keinesfalls.
Eng umschlungen saßen sie auf der Bank und schauten hinaus. Nach einiger Zeit unterbrach Efin das Schwiegen. "Karl, was ist denn, du bist ja noch total verkrampft. Erzählst du mir, was dich so bedrückt?" Efin sah Karl mit seinen grünen Augen aufmerksam an. "Mir will diese Sache von heute Mittag einfach nicht aus dem Kopf gehen. Es... Hast du das eben auch gesehen?" Leicht irritiert durch den plötzlichen Themenwechsel blickte Efin in der Gegend herum, und dann wieder zu Karl. "Was gesehen?" - "Da hinten auf dem Berg. Etwas hat da aufgeleuchtet." Efin sah in die entsprechende Richtung, konnte aber nichts entdecken, außer den großen Windrädern, die sich in der Dunkelheit abhoben. "Da ist doch der Gusterather Höhenweg. Du wirst sicher nur die Scheinwerfer eines Autos gesehen haben." Efin wollte sich schon wieder Karl zuwenden, als er aus den Augenwinkeln heraus ebenfalls ein kurzes Leuchten bemerkte.
Als er den Kopf so wand, um den Ausgangspunkt besser sehen zu können, beobachtete sie einen blauen Blitz. Dieser verhielt sich aber nicht wie ein normaler Blitz, sondern er schoss vom Boden aus in die Höhe, in den Himmel hinauf. Mit bloßem Auge konnten Karl und Efin erkennen, wie sich an der Stelle, wo der Blitz in die höheren Luftschichten eingedrungen war, Wolken bildeten. Zuerst war es nur eine ganz kleine, die aber innerhalb von Sekunden immer größer wurde und schon bald ein bedrohliches Ausmaß angenommen hatte. Im Inneren der Wolke zerriss immer wieder der helle Schein von Blitzen die Finsternis. Wie gebannt schauten die beiden dem Schauspiel zu, was sich ihnen da bot. Als sie jedoch bemerkten, dass die Wolke immer noch an Größe gewann, und die Ausläufer bereits den Trimmelter Hof erreichten, hielten sie es für angebrachter den Rückzug anzutreten.
Dies erwies sich als keine schlechte Entscheidung. Sie hatten fast die Hälfte bis zu ihrem Haus zurückgelegt als das Unwetter losbrach. Am Anfang war es nur ein leichter Regen, der aber stetig an Intensität zunahm, bis es eine wahre Sintflut war. Efin und Karl rannten so schnell sie konnten, dennoch waren sie bis auf die Knochen durchnässt, als sie ihr Haus erreichten.
"Was war das denn?" Karl sah Efin fragend an. "Lass uns doch einfach nachschauen." Sie eilten nach oben, entledigten sich der nassen Klamotten und zogen frische an. Sie griffen nach ihren Regensachen und verließen das Haus. Sie nahmen Karls Auto.
Obwohl der Scheibenwischer auf höchster Stufe arbeitete, konnten sie fast nichts erkennen. Es war mehr ein Erahnen der Fahrbahn, weshalb sie auch nur mäßig schnell vorankamen. Auch wenn es mitten in der Nacht war, konnte man das Gefühl bekommen, dass es hellster Tag zu sein schien. Unentwegt erhellten Blitze den Himmel, so dass es nie richtig dunkel wurde. Die schweren Donnerschläge waren auch im Auto deutlich vernehmbar und machten eine Unterhaltung fast unmöglich. "Was für ein Mistwetter." Karl musste schreien um sich verständlich zu machen. Efin sah ihn ernst an. Auf einmal vernahmen sie ein Trommeln, das am Anfang nur leicht war, aber immer stärker und lauter wurde. Aus dem Regen wurde Hagel. Die Körner wuchsen rasant an.
"Wir müssen einen Unterstand finden." Karl sah sich suchend um, konnte aber nichts entdecken. Sie befanden sich im Neubaugebiet zwischen den Stadtteilen Tarforst und Irsch. Hier gab es nur Wiesen, Felder und ausgehobene Gruben für spätere Häuser.
Mittlerweile waren die Körner so groß geworden, dass sie schon kleine Dellen im Metall verursachten und die Scheiben erste Risse bekamen. Dann hörte der Hagelschlag von einem Moment auf den nächsten auf. Obwohl es draußen immer noch hagelte, traf keines der tennisballgroßen Körner mehr den Wagen. Sie schienen abzuprallen, ohne Schaden verursachen zu können. Karl ließ einen Seitenblick zu Efin schweifen. Dieser hatte die Hände an das Armaturenbrett und die Beifahrertür gelegt. Seine Augen waren geschlossen, doch die Gesichtszüge verrieten große Anstrengung.
Endlich hatte Karl eine offene Garage erreicht, dessen Besitzer vergessen hatte das Tor zu schließen, in die er das Auto zwischen parken konnte. Kaum hatten sie das Innere der Garage erreicht fielen Efins Hände schlaff in seinen Schoß, auch sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Efin sah jetzt aus, als habe er lange Zeit nicht geschlafen. Karl wusste, dass er seinen Freund jetzt etwas in Ruhe lassen musste, damit dieser sich wieder sammeln und zu Kräften kommen konnte. Deshalb verließ Karl das Auto und sah sich die Schäden an. Draußen hagelte es noch immer, aber wenigstens hatte das Gewitter nachgelassen.
Dem Auto hatte das Wetter übel mitgespielt. Von der Motorhaube bis hin zum Kofferraum war nichts unversehrt geblieben. Das Metall hatte Dellen und die Scheiben Rissen. In Gedanken rechnete sich Karl die Kosten für die Reparatur aus, denn er hatte sein Auto natürlich nicht gegen Hagelschlag versichern lassen. 'Scheiße, Scheiße, Scheiße, und die Kiste ist noch nicht mal voll abbezahlt,' fluchte Karl in Gedanken.
Efin saß noch immer erschöpft und mit geschlossenen Augen im Auto, weswegen sich Karl der Garagenausfahrt zuwandte. Immer wieder erhellten die Blitze den Himmel und boten somit einen ersten Einblick auf die Zerstörung, die der Hagelschlag angerichtet hatte. Eine zentimeterdicke Schicht von Hagelkörnern bedeckte den Boden, dazwischen lagen immer wieder Äste von Bäumen oder die Überreste von Lampen, die zertrümmert worden waren. Einige Hausdächer zeigten auch Beschädigungen. Schindeln waren zersprungen oder herabgefallen, Rollläden und Fenster waren demoliert oder zerstört. Ein teurer Spaß für die Versicherungen und diejenigen die eine solche nicht besaßen. Der Hagel hämmerte noch mit unverminderter Stärke auf das Flachdach der Garage, so als wolle er auch diese zerstören, und Karl hoffte, dass die Garage bis zum Ende dieses Unwetters standhielt. Sie saßen hier fest, auf die eine oder andere Weise.

Etwa nach einer halben Stunde hatte sich Efin soweit erholt, dass er das Auto wieder verlassen konnte. Gemeinsam sahen sie zu, wie immer noch Hagel vom Himmel kam. Die Körner wurden langsam immer kleiner. "Geht's wieder?" - "Ja. Ich bin nur so müde, weil ich es eben so lange nicht mehr getan habe." - "Manchmal beneide ich dich." - "Glaub mir, das ist anstrengender und stellenweise auch unangenehmer als du dir denkst."
Ein Blitz schlug in das Nachbarhaus ein, und der nachfolgende Donner ließ sämtliche Gespräche verstummen. "Wir sollten weiterfahren." Efin wechselte das Thema und löste sich von Karl um wieder in das Auto einzusteigen. Der Hagel hatte inzwischen aufgehört und dafür erneutem starkem Regen Platz gemacht. Das Gewitter ließ ebenfalls weiter nach.
Karl kehrte in den Wagen zurück und ließ den Motor an. Vorsichtig verließen sie die Garage. Auf der Straße mussten sie Slalom fahren. Überall lagen Äste oder Teile der Straßenlaternen herum. Der Hagel schmolz erstaunlich schnell und so ergossen sich Sturzbäche von Wasser in die eh schon überlastete Kanalisation.
Es dauerte seine Zeit, bis sie die Straßenkreuzung, die zum Gusterather Höhenweg führte, erreicht hatten. Die Ampelanlage am Filscher Häuschen existierte fast nicht mehr, ebenso wie die Baumschonung hinter der Kreuzung. Das Auto quälte sich über die zum Bach gewordene Straße nach oben.
Nach einiger Zeit, die den beiden wie eine Ewigkeit vorgekommen war, hatten sie die höchste Stelle der Straße erreicht. Wie, als wären sie durch einen Vorhang gefahren, hörte der Regen auf. Verwirrt sahen sich Efin und Karl um. Die Straße, auf der sie sich nun befanden, war knochentrocken. Hier hatte es nicht geregnet, und auch die umliegenden Felder zeigten keine Spur von Hagelschäden. Der Himmel war aufgerissen und als sie ausstiegen, konnten sie sogar die Sterne sehen. Es war fast so wie in dem Auge eines Tornados. Während um sie herum das Unwetter tobte, gab es hier eine Fläche, die vom ganzen Unwetter nicht in Mitleidenschaft gezogen worden war. "Was hat das zu bedeuten?" fassungslos drehte sich Karl immer wieder um die eigene Achse, bis ihn Efin plötzlich leicht anstieß. "Da drüben steht jemand." Er deutete mit einer Hand in die besagte Richtung. Als Karl nun in die angegebene Richtung sah, konnte er es auch sehen. Auf einem der Windräder, die hier überall auf dem Berg zwecks Stromerzeugung aufgestellt worden waren, stand jemand. Auf die Entfernung ließ sich jedoch nicht erkennen, um wen es sich handelte. Der Fremde schien die beiden noch nicht bemerkt zu haben.

Karl und Efin kämpften sich durch das Kornfeld zum entsprechenden Windrad durch. Das Auto hatten sie an der Regengrenze stehen lassen, damit die fremde Person sie nicht zu früh kommen hörte. Da sich die beiden nicht im Dienst befanden, hatte natürlich niemand seine Ausrüstung dabei, was Karl im Moment verfluchte. Mit seiner Dienstwaffe in der Hand hätte er sich jetzt wesendlich wohler gefühlt. Als sie näher herankamen, konnten sie sehen, dass der Fremde irgend etwas tat. Die bösartige Lache, die dabei seine Lippen verließ, war weithin hörbar und erzeugte bei Karl eine Gänsehaut. Efin schien sich nicht so recht beeindrucken zu lassen. Auf Karl machte er eher den Eindruck die Ruhe selbst zu sein, wieder etwas was Karl an Efin beneidete. Wie konnte dieser nur in solch einer Situation so ruhig sein.

Mittlerweile hatten sie das Windrad erreicht. Die fremde Person schien zu vertieft in ihr Tun. Als Karl und Efin sich der Tür des Windrades näherten, mussten sie feststellen, dass diese nicht mehr existierte. Irgend etwas hatte sie aus der Verankerung gerissen, das zeigten zumindest die tiefen und vor allem langen Kratzspuren auf dieser Seite des Turmes. "Oh Mann, was war denn das?" Vorsichtig ließ Karl seine rechte Hand über eine der Kratzspuren gleiten. "Hey, Efin, hast du eine Idee?" Irgendwie spürte Karl, dass etwas nicht stimmte und drehte sich um. Sein Partner hatte sich einige Schritte entfernt und war sichtlich erbleicht. So fassungslos hatte Karl Efin schon lange nicht mehr erlebt und sie waren doch schon eine ganze Zeitspanne zusammen. "Komm rüber, oder willst du, dass man dich sieht?" Efin rührte sich kein Stück von der Stelle. Mit schreckgeweiteten Augen starrte er immer noch auf den Eingangsbereich. Schließlich wurde es Karl zu bunt. Er lief nach vorne, griff Efin und zog ihn mühelos in den Schutz des Turmes zurück. "Was ist denn los?" Efin schüttelte wie benommen den Kopf und meinte dann, "Nichts. Ich habe mich sicher nur geirrt." - "Jetzt sag schon. Ich dachte, wir beide hätten keine Geheimnisse mehr voreinander." Sosehr Karl auch drängte, Efin sagte es ihm nicht. Schließlich gab Karl mit einem Seufzen auf. Efin hatte sicher seine Gründe. Jetzt galt es vor allem diesen Irren von da oben herunterzuholen. Nicht ganz begeistert, sah Karl den Schacht hinauf. Es waren eine Menge Stufen bis nach ganz oben. Bevor sie nach oben stiegen, entledigte Karl sich seiner Regenjacke, diese hier zu tragen war unsinnig und behinderte nur. Er war nicht überrascht, als Efin es ihm gleichtat.
Etwa nach der 200sten Stufe hatte Karl aufgehört zu zählen. Er brauchte seinen Atem ganz für das Vorankommen im Turm. Mühsam schleppte er sich die Stufen herauf. Das Ende dieser Kletterpartie schien in weiter Ferne zu verharren, dafür entfernte sich aber der Boden immer mehr. Was bei Karl für ein ungutes Gefühl in der Magengegend sorgte. Er war zwar schwindelfrei, hasste es aber trotzdem auf Türme oder Gebäude mit einer hohen Meterzahl zu klettern. Kurz vor dem Ausgang auf den obersten Teil des Windrades machten sie eine Rast, um noch mal Kraft zu schöpfen.

Sie verließen den Generatorbereich über eine Klapptür und standen nun auf dem oberen Teil des Windrades, von wo aus man einen guten Ausblick übers Land hatte. Zumindest wenn es diese Gewitterfront nicht gäbe. Jetzt konnten Karl und Efin erkennen, dass sie sich in einem weiten Kreis um das Windrad zog. Es schien fast so als wäre das Windrad sogar das Zentrum. Karl schluckte, als er einmal unvorsichtigerweise einen Blick in die Tiefe warf. Sie waren verdammt hoch.
In der Nähe der Rotorblätter stand dieser Fremde. Jetzt konnten sie genau erkennen, dass es ein Mann war und Karl stockte fast der Atem als er die Person genau sah. Es war der flüchtige Verbrecher. Zumindest trug er die gleichen Klamotten, auch wenn er jetzt keine Maske mehr trug.
Er wollte sich vorsichtig dem Mann nähern, doch dieser hatte sie nun bemerkt und drehte sich um. Jetzt konnte Karl auch das erkenne, was der Mann in den Händen hielt. Es sah aus wie eine Kugel, die in einem intensiven blauen Licht erstrahlte. "Das ist es... das verursacht die Wetterkapriolen," hörte Karl Efin stammeln. "Was meinst du?" Karl sah den Mann an. In den Augen des Verbrechers konnte er Besessenheit und Wahnsinn lesen, eine Kombination, die ihn unberechenbar machte. Karl musste mit äußerster Vorsicht vorgehen. "Kommen sie keinen Schritt näher," blaffte der Verbrecher Karl an. Also die diplomatische Tour, ausgerechnet die, die Karl doch am meisten hasste. Beschwichtigend hob er seine Hände. "Ich werde ihnen nichts tun. Geben sie mir nur die Kugel und wir können über alles reden." - "Das hättest du wohl gerne." Ein boshaftes Lächeln verzog das Gesicht des Verbrechers.
"Deckung, Karl, wirf dich hin!" Mehr aus Reflex heraus befolgte Karl die Worte von Efin, und das tat er keinen Moment zu früh. Irgend etwas großes sauste mit hoher Geschwindigkeit über ihn hinweg, zeriss ihm noch einen Grossteil seines T-Shirts und schleuderte ihn in Richtung des Verbrechers, mit dem er auch zusammenprallte.
Gemeinsam kamen sie den immer noch arbeitenden Rotoren näher. Eines der Rotorblätter trennte dem Verbrecher die rechte Hand ab. Er stieß einen spitzen Schrei aus, als die Hand mitsamt der Kugel zur Erde hinabfiel. Mit der linken hielt er den Armstumpf umklammert, während er mit seinen Füßen nach Karl trat. Obwohl Karl genug damit zu tun hatte, diesen Tritten auszuweichen, gelang es ihm doch kurz den Blick zu heben. Er sah noch einen schuppigen Schwanz in den Wolkenmassen verschwinden, dann forderte der Verbrecher auch schon wieder seine ganze Aufmerksamkeit und natürlich auch die Oberfläche des Windrades. Dem Verbrecher war es gelungen, Karl mit voller Wucht zu erwischen, und ehe er sich versah, fand er sich liegend auf dem Windrad wieder. Sein Unterkiefer schmerzte. Jetzt bemerkte er, dass die Oberfläche leicht abschüssig war. Beide gerieten ins Rutschen. Verzweifelt versuchte Karl etwas zu finden, woran er sich festklammern konnte, doch es war vergebens. Die Oberfläche des Windrades war naht- und fugenlos. Efin war auch nirgends zu sehen. Dem Verbrecher schien mittlerweile auch klar zu sein, in welcher Situation er sich befand, denn er ließ von Karl ab und versuchte ebenfalls einen Halt zu finden. Beide schlidderten von der Spitze des Windrades und stürzten dem Boden entgegen.
'Scheiße. Dass es ausgerechnet so enden muss,' dachte Karl während er den immer näher kommenden Boden ansah. 'Hoffentlich tut es nicht allzu weh und es geht schnell.' Doch Karl erhielt keine Gelegenheit seine Gedanken in der Tat auszuprobieren. Er wurde von hinten ergriffen und seine Fallgeschwindigkeit nahm rapide ab. Trotzdem war die Landung alles andere als sanft. Der Schock war wohl zu groß, denn Karl verlor das Bewusstsein.

Als er wieder erwachte, musste er zu seinem Erstaunen feststellen, dass nichts gebrochen war. Was man aber von dem Verbrecher, der einige Meter entfernt lag, nicht behaupten konnte. Angewidert wandte Karl sich ab. Er blickte sich suchend um. Wer, oder was ihn gerettet hatte, musste doch noch anwesend sein, so hoffte er jedenfalls. Umso überraschter war er Efin zu erblicken. Sein Partner hatte sich aus dem Feld erhoben. Er hielt in den Händen die Kugel. Irrte Karl sich oder strahlte sie jetzt noch heller? Als Karls Blick etwas weiter wanderte, zuckte er erschreckt zusammen und rieb sich dann ungläubig die Augen. Träumte er, oder hatte sein Partner Flügel bekommen? Das T-Shirt, was er getragen hatte, hing in Fetzen von seinem Körper herab und ließ einen deutlichen Blick auf Efins Rücken zu. Karl zwickte sich in den Arm, es tat scheußlich weh, ein sicheres Zeichen also, dass er wach war. Die Flügel, die sein Partner da trug, ähnelten jenen, wie man sie immer wieder Engeln andichtete. Jedoch waren seine genauso schwarz wie seine Haare.
Karl hatte zwar schon viel erlebt, seitdem er zum ersten Mal mit Efin auf Streife und später auch ins Bett gegangen war, aber so etwas gravierendes hätte er doch bemerken müssen. Verunsichert trat er einige Schritte von seinem Partner fort. Alles in ihm drängte zur Flucht und nur mit Mühe konnte er verhindern diese Gedanken auch in die Tat umzusetzen. Efin hatte wohl bemerkt, dass Karl erwacht war, denn er drehte sich zu ihm um. "Hab keine Angst. Ich kann dir alles erklären." Diese Worte ließen Karl innehalten. "Ich höre." Sein scharfer Tonfall, mit dem er diese Worte aussprach, tat ihm fast sofort wieder leid. Immerhin waren er und Efin jetzt schon fast zwei Jahre Partner und er hatte so einiges von Efin erfahren, aber dass er ihm so etwas gravierendes geheim halten würde... Im Moment fuhren Karls Gefühle Achterbahn. "Ich wollte es dir sagen..." hörte er Efins betroffene Stimme. "Ach ja, und wann?" - "Bitte Karl, reg dich nicht auf. Um der alten Zeiten willen, höre mir bitte zu, was ich dir zu sagen hab." - "Warum?" stammelte er fassungslos. "Ich habe dir all die Jahre vertraut, dir meine intimsten Geheimnisse mitgeteilt und du hältst es nicht für nötig mir so etwas zu sagen?!" - "Bitte Karl, versteh mich doch." Efins Stimme war zu einem weinerlichen Flüstern geworden. "Ich konnte und durfte es nicht. Es hätte unsere Beziehung in Gefahr gebracht. So wie ich dich jetzt in Gefahr bringe, wenn ich dir mehr erzähle. Du musst mir einfach vertrauen. Im Moment darf ich es dir noch nicht sagen, aber ich gebe dir mein Versprechen, wenn das alles vorbei ist, wirst du die volle Wahrheit von mir erfahren. Ich werde nichts auslassen. Aber bis dahin..." Efin hatte den Blick gesenkt. "Bitte vertraue mir nur noch dieses eine mal. Wenn du es danach immer noch wünschst, werde ich für immer verschwinden." Eine einzelne Träne rann über Efins Gesicht und kurz darauf gesellten sich weitere dazu. Seine Schultern erbebten unter einem Weinkrampf.
Zu Karls Gefühlsachterbahn gesellten sich einige Loopings dazu und noch ehe er das ganze richtig verarbeitet hatte war der Grossteil seiner negativen Gefühle, die gegen Efin in den letzten Minuten aufgekommen waren, verraucht. Lag es wohl auch an der langen Zeit, die er mit ihm schon zusammen war, er hatte Efin noch nie weinen gesehen. Egal wie dreckig es ihm gegangen war. Irgendwie empfand er jetzt auch Mitleid für seinen Partner. Wenn das wahr war, was Efin ihm da grade erzählt hatte, musste er sehr darunter gelitten haben, zumindest sah das, was Karl jetzt sah, danach aus, und plötzlich war ihm diese ganze neue Entwicklung scheißegal. Karl trat zu Efin und legte seine Hände um dessen Körper. "Lass alles raus. Du wirst schon deine Gründe gehabt haben. Ich bin dir nicht böse." Grade diese Worte meinte Karl sehr ernst. Irgendwie fing er an seinen Partner jetzt besser zu verstehen. Hatte er sich mit diesem Satz in der Garage etwa darauf bezogen? Irgendwie konnte er ihm einfach nicht mehr böse sein. Er spürte, wie sich auch Efins Hände um seine Schultern schlangen und er ließ ihn gewähren.

Die Freunde standen noch einige Zeit eng umschlungen im Feld, bis sie sich endlich wieder voneinander lösten. Efins Tränenstrom war zwar versiegt, doch man konnte deutlich die Spuren ausmachen. "Na geht's besser?" auffordernd sah Karl Efin an. Dieser nickte leicht und erschrak plötzlich. "Was ist los?" Schuldbewusst hob Efin die Kugel in die Höhe. "Ich glaube, wir sollten mal den Regen abstellen." - "Meinst du etwa damit...?" - "Ja. Mit dieser Kugel kann man das Wetter beeinflussen." Efin hielt sie Karl hin. "Was soll ich damit?" - "Den Regen abstellen!" - "Ich? Wenn ich das versuche säuft doch halb Trier ab. Ich hab doch keine Ahnung wie das Ding funktioniert." Efins Schultern erbebten erneut. Diesmal war es jedoch ein kleiner Lachanfall. Irgendwie freute es sogar Karl Efin lachen zusehen. "Es erklärt sich von selbst. Versuch es einfach mal." Ehe Karl sich versah, stand Efin auch schon hinter ihm. "So und jetzt halt mal." Efin drückte dem total verdutzten Karl die Kugel in die Hand. Ehe er mit seinen Fingern nach denen von Karl griff. Das bläuliche Leuchten mattete nur kurz ein, als die Kugel den Besitzer wechselte, strahlte dann aber erneut auf. "Und jetzt schließe deine Augen." - "Aber..." - "Tu es einfach." Karl gehorchte, er verstand eh nur noch Bahnhof. "Jetzt wünsch dir einfach, dass das Unwetter verschwindet, und keine Widerworte." kam Efin Karl zuvor. Obwohl Karl seine Lider geschlossen hatte, meinte er einen kleinen, blau leuchtenden Punkt ausmachen zu können. "Konzentriere dich mit deinem Wunsch auf den Punkt. Er muss wachsen." Karl gab sich große Mühe und wünschte sich was das Zeug hielt, doch es schien diesen Punkt relativ kalt zu lassen, er blieb genauso klein wie am Anfang. Karl wollte schon aufgeben, als er etwas Neues bemerkte, etwas hatte sich verändert, und mit einem male spürte er die Präsenz von Efin so deutlich als würden sie sich einen Körper teilen, eine Person bilden. Innerhalb eines Herzschlages wuchs der blaue Punkt an, bis er Karls gesamtes Blickfeld ausfüllte, nur um sich in nichts aufzulösen.
Irritiert öffnete Karl die Augen. Das erste was er sah, war, dass die Unwetterfront verschwunden war. "Du hast es geschafft." jubelte Efin und umarmte Karl dabei so heftig, dass er fast keine Luft mehr bekam. "Ich ... krieg keine ... Luft mehr..." Sofort ließ Efin etwas lockerer, so dass Karl nach Luft schnappen konnte. Karl beschlich jedoch recht schnell der Verdacht, dass er das gar nicht allein gewesen war.
Verwirrt starrte er auf die Kugel hinab. Von dieser ging jetzt nur noch ein mattes Leuchten aus. "Ich schätze mal, dass du mir nicht sagen kannst, woher du dieses Ding kennst." Efin schüttelte den Kopf. "Das dachte ich mir," meinte Karl seufzend. "Wäre ja auch zu einfach gewesen." Mit einem Mal fielen ihm die Reime dieses Asphalt-Kopfes wieder ein, warum, das wusste er selbst nicht so genau. 'Von dem, der mir das Artefakt gestohlen...' hatte der damit diese Kugel gemeint. Immerhin hatten sie ja auch einen Deutschlandweit gesuchten Dieb verfolgt, der schon ziemlich alles hatte mal mitgehen lassen, was für ihn wertvoll erschienen war. Nur war er meist so dumm gewesen, dass man ihn hatte nach kurzer Zeit schnappen können. "Was meinst du. Hat dieser Asphalt-Kopf dieses Ding," er hielt die Kugel hoch, "als das Artefakt gemeint?" Efin hob die Schultern. "Es erscheint mir als sehr wahrscheinlich." - "Du bist dir so sicher. Zumal du mit der Bedienung dieses Dinges ziemlich vertraut warst. Verschweigst du mir nicht doch noch etwas, was ich wissen sollte?" Mit einem halb ironischen, halb lauernden Blick sah Karl Efin an. Dieser hob abwehren die Hände. "Bitte glaub mir, ich hab dir alles erzählt, was ich dir zum jetzigen Zeitpunkt sagen kann." Efin schaute zu Boden. "Schon gut," Karl winkte ab. "Aber auf die Erklärung bin ich mal gespannt. Wenn du mir jetzt noch erzählen kannst, wohin wir dieses Ding bringen müssen..." Efin zuckte die Schultern. "Das weiß ich selbst nicht. Ich wusste bis eben gar nicht, dass solch eine Kugel noch existiert." - "Packen wir es ein und bringen wir es hinter uns. Ich will endlich wieder ein ruhiges Leben führen." Mit einem Seitenblick konnte Karl Efins Gesicht sehen, in dem sich tiefe Betroffenheit widerspiegelte. "Mit meinem Partner und ohne irgend welche blöden Geheimnisse, die wie eine Mauer zwischen uns stehen," fügte er hinzu. Efins Gesicht hellte sich sofort wieder auf.

Sie holten ihre Regenjacken aus dem Windrad. "Sicher kannst du mir nicht sagen, was es mit diesen Kratzspuren auf sich hat." - "Es war ein Drache. Ein Wächter." - "Wie bitte?" Karl war einerseits überrascht, dass Efin ihm so etwas erzählte, aber was meinte er damit. Drachen kamen doch eigentlich nur in Märchen vor, dachte er aber an sein T-Shirt und diesen geschuppten Schwanz, der in den Wolken verschwunden war, war er doch bereit, diese Ansicht zu revidieren. "Du sagtest ein Wächter. Was bewacht der denn?" - "Nun, ich vermute mal diese Kugel." Karl starrte erst die Kugel und dann Efin ungläubig an. "Was soll das heißen." Efin zuckte mit den Schultern. "Ich hab davon gehört, dass es solche Artefakt-Wächter geben sollte, habe aber bisher keinen zu Gesicht bekommen. Die meisten haben eine Begegnung mit diesen Wächtern nie überlebt." - "Ach ja, muss ich jetzt also damit rechnen, von dem Drachen erneut angegriffen zu werden." - "Das glaub ich kaum, soweit ich weiß. bezieht sich der Schutz eines Wächters auf den Gegenstand und auf die Person, die im Moment im Besitz dieses Gegenstandes ist." - "Das würde also die Attacke auf mich erklären." - "Ja, ich denke schon." - "Was ist aber, wenn der Besitzer mit dem Artefakt Unheil anrichtet. Wird der Wächter ihn dann nicht von seinem Tun abhalten?" - "Soweit ich weiß nein. Ich glaube sogar, dass man, wenn man das Artefakt besitzt, etwas Kontrolle über den Wächter besitzt. Es heißt, dass es jedoch nicht jedem gelinge, und die meisten sich im wahrsten Sinne des Wortes die Finger verbrannten. Aber anders kann ich mir die geöffnete Tür nämlich nicht erklären." 'Wie beruhigend' dachte sich Karl. "Aber wo ist dieser Drache jetzt?" - "Soweit ich weiß, kommt er nur hervor, wenn er gebraucht wird, ansonsten soll er an einem Ort sein, den man nicht sehen kann." Wieder staunte Karl über das Wissen von Efin nicht schlecht.

Sie gingen zum Auto zurück. Im Kofferraum fand Karl noch eine Tasche, in der er die Kugel verstauen konnte. Über ein Telefonhäuschen hinterließ er eine anonyme Nachricht im Präsidium, wo man die Leiche des Diebes finden konnten, dann kehrten sie nach Hause zurück.
Jetzt grübelte Karl wieder über dem Text. 'Bringt zum Berg das Artefakt, wo die singende Nymphe mit dem goldenen Kamme wacht.' Was sollte das jetzt schon wieder bedeuten? "Willst du nicht schlafen kommen? Es ist doch schon so spät." - "Ich weiß nicht." - "Bist du mir etwa immer noch böse?" - "Nein, es ist nur... ach was solls." Karl stand auf, nahm die Tasche mit der Kugel, löschte das Licht und begab sich ins Schlafzimmer. Dort erlebte er eine Überraschung. Efin stand mitten im Raum. Er hatte nur eine Hose an und man sah seinen Rücken ganz deutlich. Von den schwarzen Flügeln fehlte jedoch jede Spur. Efin bemerkte wohl den irritierten Blick seines Partners und drehte sich um. "Was ist mit deinen Flügeln passiert?" - "Ich brauche sie im Moment nicht mehr." - "Aber..." - "Sie erscheinen nur, wenn ich sie brauche, ansonsten sind sie praktisch nicht existent." Karl verstand zwar immer noch nichts, aber das war ihm im Moment ziemlich egal. Er war müde und wollte nur schlafen. Mit gemischten Gefühlen ließ er sich zu Efin ins Bett nieder.

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Der Morgen war schon lange angebrochen und wandte sich bereits dem Mittag zu, als Karl erwachte. Er fühlte sich noch immer wie gerädert. Sein Bettzeug lag zerknüllt am Ende seines Bettes. Er hatte wohl einen Albtraum gehabt. Die Ereignisse des letzten Tages forderten ihren Tribut ein. Jetzt erst bemerkte er, was ihn geweckt hatte. Der angenehme Duft von frisch gebrühten Kaffee zog durch das Haus.
Müde wandte Karl seinen Kopf dem Nachttischchen zu. Als er die genaue Uhrzeit auf dem Wecker ablas, durchfuhr ihn ein Schreck. Er hatte verschlafen. Sie hätten schon längst am Präsidium sein müssen, warum hatte Efin ihn nicht geweckt? Ach ja Efin, ein kurzer Schmerz durchzuckte Karls Brust. Mit Wehmut dachte er an die Geschehnisse des vergangenen Tages und fragte sich in wie weit diese wohl ihr weiteres Zusammenleben beeinflussen würden. Irgendwie wünschte er sich, dass diese ganzen Entwicklungen am gestrigen Tage nie stattgefunden hätten und er und Efin ein friedliches Leben miteinander führen könnten. Jetzt sah die ganze Sache wahrlich anders aus. Karl fühlte sich verletzt von Efin. Diese Wunde war zwar nicht tief, da er bereits so einiges von Efin gewohnt war und ihn in gewisser Weise sogar glaubte zu verstehen, doch sie tat trotzdem weh. Das würde auch sicher noch einige Zeit dauern, ehe diese Wunde verheilt war. Ganz unbewusst hatte Karl seine rechte Hand zur Brust gehoben, ließ diese aber sofort wieder sinken, als die Zimmertür geöffnet wurde. Efin stand im Rahmen, er hatte offensichtlich nichts mitbekommen, zu beschäftigt war er doch damit, das Tablett was er trug, in einer waagerechten Position zu halten. "Aufstehen! Essen ist fertig. Es gibt dein Lieblingsfrühstück." - "Wie kommst du denn jetzt darauf. Warum hast du mich nicht geweckt? Wir hätten seit zwei Stunden auf dem Revier sein müssen. Der Chef wird uns rösten." Irritiert sah Efin Karl an, dann hellte sich sein Gesicht wieder auf. "Der Chef hat heute morgen angerufen. Der Fall ist gelöst. Ein anonymer Hinweis hat zur Ergreifung des Verbrechers geführt. Wir sollen mal ein paar Tage Urlaub machen und uns erholen." 'Ergreifung...' dachte sich Karl, 'wohl eher zusammenpuzzeln.' - "Jetzt iss erst mal." Schwungvoll stellte Efin das Tablett auf Karls Beinen ab. "Und wenn du fertig bist, hab ich noch eine Überraschung." Efin verließ das Zimmer und kehrte kurz darauf wieder zurück. In der Hand hielt er eine Tageszeitung. "Sieh dir das mal an." Efin öffnete die Zeitung, blätterte bis zu einer bestimmten Seite und hielt diese Karl hin. Dieser verschluckte sich fast an seinem Kaffee. Efin hatte die Lösung gefunden. Eine Anzeige war mit einem Textmarker dick umrundet. 'Besuchen sie den Loreley-Felsen' stand dort in großen Lettern. Jetzt fiel es Karl fast wie Schuppen von den Augen, war die Lösung doch so nah. Jetzt ergab auch der Reim einen Sinn. Warum war ihm das nicht gleich eingefallen, seine Mutter war doch immer ein Fan von Sagen-Geschichten gewesen und hatte ihm diese Rhein-Sage als kleines Kind oft erzählt.
"Beeil dich, unser Zug geht um 11 Uhr und ich will ihn noch bekommen." - "Aber wir könnten doch das Auto nehmen." - "Bei deinen Fahrkünsten..." Karl warf Efin einen bösen Blick zu. "Sag nichts über meine Fahrkünste. Warum hast du deinen Führerschein eigentlich nie gemacht?" Damit hatte Karl einen wunden Punkt bei Efin getroffen. Obwohl dieser es mehrmals versucht hatte, war es ihm bisher verwehrt geblieben in den Besitz dieses Lappens zu geraten. Daran schuld war wohl auch das anhaltende Desinteresse. Efin benutzte viel lieber die öffentlichen Verkehrsmittel und ansonsten hatte er ja Karl.
Mit hängenden Schultern verließ Efin das Schlafzimmer. Karl wollte ihm noch hinterher rufen, dass er es nicht so gemeint hatte, doch er verschluckte sich unglücklich an einem Brötchen. Hustend brachte er natürlich kein vernünftiges Wort hervor. So beeilte er sich das Frühstück zu beenden.
Als er in die Küche trat, war Efin grade dabei etwas zu essen in den Picknickkorb zu packen. "Tut mir leid wegen eben," meinte Karl und griff sich verlegen an den Kopf. "Schon vergessen." Efin drehte sich zu ihm um und lächelte ihn an. Sofort fühlte Karl sich besser. "Was tust du da?" - "Ich packe uns etwas Kleines zu essen ein. Hättest du liebe Käse oder Wurst auf deine Brötchen?" Efin hielt zwei Packungen hoch.

Mit Mühe und Not erreichten sie den Bahnhof. Durch den Umbau der Ostallee war es zu einem unplanmäßigen Stau gekommen, der ihnen wertvolle Zeit abgeknöpft hatte. Das Auto wurde auf dem nächstbesten Parkplatz abgestellt, der Korb und die Tasche eiligst aus dem Kofferraum geholt, und dann zum Zug gelaufen. Zwei Minuten bevor eigentlich der Zug abfahre sollte, betraten sie den Bahnhof, doch sie hatten die Rechnung ohne den Zug gemacht. Denn als sie total abgehetzt das Gleis erreichten, verkündete eine Lautsprecherstimme, dass ihr Zug etwa eine Viertelstunde Verspätung hätte. Während Karl auf den Korb und die Tasche mit der Kugel aufpasste, ging Efin die nötigen Fahrkarten besorgen.

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Mit etwa 25 Minuten Verspätung, auch verursacht mit der Baustelle in Wittlich und Bullay, erreichten sie den Koblenzer Hauptbahnhof. Ihr Anschlusszug war natürlich schon längst abgefahren. Enttäuscht mussten sie auf dem Fahrplan feststellen, dass der nächste Zug erst in einer Stunde fahren würde. Efin empfand dies als gute Gelegenheit in Koblenz mal einen Einkaufsbummel zu machen. Karl packte die Tasche auf den Rücken und den Korb in die Hand.
Efin flanierte an der Einkaufsmeile entlang und blieb immer wieder vor einem der vielen Schaufenster stehen um Karl diverse Dinge zu zeigen. Zu Karls Leidwesen sah Efin es im Moment nicht ein, ihm einmal den Korb abzunehmen, der für Karls Empfinden immer schwerer wurde. Mehr durch Zufall sah Karl auf eine Uhr und erschrak. "Efin, wir müssen zum Bahnhof zurück oder wir verpassen unseren Zug." Nur widerwillig löste sich Efin von den Schaufenstern. Zu Karls Erleichterung nahm er ihm endlich den Korb ab. Gemeinsam eilten sie zurück zum Bahnhof.
Auf einem der hinteren Bahngleisen fuhr die Regionalbahn ab, die sie zum Loreley-Felsen bringen würde. Es war heiß in dem Zug, da bei den alten Wagen keine Klimaanlage existierte, und die Fenster größtenteils abgeschlossen waren. Schon nach wenigen Minuten spürte Karl wie ihm der Schweiß ausbrach und er angelte im Picknickkorb nach einer Flasche Sprudel, die natürlich, und zu Karls Leidwesen, lauwarm war. Efin schien die Hitze nichts auszumachen. "Ist dir heiß?" fragte Efin stattdessen. "Etwas." Efin stand auf und lief durch den Wagen. Zuerst konnte Karl damit nichts anfangen. Nach kurzer Zeit kehrte Efin zurück. "Wir sind hier ganz allein, es wird sicher niemanden stören, wenn du dir etwas Luft verschaffen willst." Efin fing bei den Worten an, Karls Hemd aufzuknüpfen.
Grade als es anfing interessant zu werden ging im hinteren Teil des Zuges eine Tür auf und eine sonore Stimme fragte, "Noch jemand zugestiegen? Die Fahrkarten bitte." Hastig war Karl bemüht seine Kleidung in Ordnung zu bringen. Er hatte das Hemd schon fast wieder geschossen, als der Schaffner ihren Platz erreichte. Efin zeigte diesem die Fahrkarten. Der Schaffner dankte und verschwand in den nächsten Wagen. Karl nahm erst mal einen kräftigen Schluck aus der Sprudelflasche.
Der Rest der Fahrt verlief ereignislos. Sie verließen den Zug am Zielbahnhof und stiegen in einen Reisebus, der sie und einige andere Touristen auf den Loreley-Felsen bringen würde. Im Gegensatz zu dem Zug hatte der Bus eine Klimaanlage und Karl genoss die Kühle, die im Bus zirkulierte. Nur nervte ihn etwas diese Touristenführerin, die mit ihrer penetranten Stimme alle möglichen und unmöglichen Sehenswürdigkeiten auf der Strecke anpries.

Etwas unterhalb der Aussichtsplattform hielt der Bus. Sie mussten das letzte Stück zu Fuß zurücklegen. Nach der Kühle im Bus traf sie die Hitze des Tages wie eine Faust ins Gesicht. Jedoch schien das diese Touristenführerin nicht sonderlich zu beeindrucken, denn sie textete die Gruppe schon wieder fleißig zu und drängte sie zur Eile.
Über einen Fußweg, mit einer nicht zu verachtenden Steigung, erreichten sie das Hochplateau des Felsens. Karl und Efin hörten dem Geschwafel der Touristenführerin nur mit halbem Ohr zu. Sie suchten stattdessen nach einem Hinweis, dass sie hier überhaupt richtig waren. Beim Überschweifen bemerkte Karl einen seltsamen Felsen, der etwas abseits des abgegrenzten Touristenbereiches stand. Mit etwas Phantasie konnte man die Formen eines Gesichtes auf dem Felsen ausmachen. "Entschuldigen Sie," unterbrach Karl den Redefluss der Touristenführerin, die über die Störung alles andere als begeistert war. "Was ist das da drüben für ein Felsen?" - "Na was wohl, ein stinknormaler Felsen," gab die Touristenführerin eingeschnappt zurück. "Danke." Karl zog sich vorsichtshalber in die Reisegruppe zurück um den giftigen Blicken zu entgehen. Die Touristenführerin hatte sich unterdessen wieder einem dankbarerem Publikum zugewandt. Karl bemerkte, dass Efin nicht mehr bei der Gruppe war. Suchend blickte er sich um. Endlich erblickte er Efin. Dieser stand in der Nähe des Platteauendes und starrte hinunter ins Tal. Karl trat zu Efin. "Was gefunden?" Efin verneinte. "Dieser Felsen da drüben sieht doch interessant aus. Wollen wir ihn mal untersuchen?" - "Warum nicht." Gemeinsam schlenderten sie zu dem Felsen rüber, wohl darauf bedacht, dass die Touristenführerin nichts von der Aktion mitbekam, um eventuellen Schimpfeskapaden vorzubeugen.
Aus der Nähe gesehen, sah dieser Felsen wirklich aus wie ein Gesicht. Efin bemerkte, dass etwas in den unteren Teil des Felsens gemeißelt war. 'Um dein Ziel zu erreichen, darfst du nicht von meiner Seite weichen. Hast du das Artefakt, besteht zwischen uns ein Pakt. Fasse mir an den Mund, und ich tue dir ein Wunder kund.' - "Och nee, nicht schon wieder ein Rätsel." Karl stöhnte auf. "Das ist doch diesmal ganz einfach." Efin trat neben Karl. "Stell dich dahin und dann leg deine Hand hier drauf." Efin tat das gleiche auf der anderen Seite. Ein heller Blitz zuckte vor Karl auf und gepeinigt presste er die Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete hatte sich die Umgebung schlagartig verändert.
Die sonnige Bergidylle hatte einer Halle Platz gemacht. Diese Halle bestand komplett aus Metall. Das Licht schien von überall zu kommen. Fremdartige Apparaturen standen auf dem Boden oder hingen an den Wänden. Irritiert stand Karl immer noch da, wo er eben angekommen war, und glotzte in die Gegend. "Die, die von weit gekommen seid, macht euch für meine Ankunft bereit." - "Kann der denn nicht mal in verständlichen Sätzen reden." Karl verdrehte die Augen und stöhnte. "Natürlich kann ich das, aber das ist doch viel zu langweilig. Gereimte Sätze haben doch was mysteriöses und geheimnisvolles." Ein kleiner Knirps war vor Karl getreten, der sich verwirrt die Augen rieb. Von der Statur entsprach er etwa einem sechsjährigen Jungen, aber die weißen Haare und der Bart sprachen eine ganz andere Sprache. "Willkommen in meinem kleinen Reich." - "Klein?" Karl erhielt von Efin einen kleinen Seitenhieb. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie Efin neben ihn getreten war. "Vielen Dank, doch mit wem haben wir die Ehre?" Efin hatte das Gespräch übernommen. "Ich bin der Wächter der Zeit und wenn ihr mich gleich nach einem Namen fragt, muss ich euch enttäuschen. Ich habe viele Namen und doch keinen." - "Na toll." murmelte Karl vor sich hin. Zum Glück hatte der Mann diesen Satz nicht mitbekommen, sondern er fuhr fort:"Habt ihr es dabei?" - "Ja." Efin griff in die Tasche und zog die Kugel hervor. "Das ist gut. Folgt mir." Der kleine Mann wandte sich von den beiden ab und lief auf eine Tür zu, die vor ihm in der Wand entstanden war. Karl rieb sich die Augen, da war doch eben noch keine Tür gewesen. Ein Seitenblick zu Efin zeigte ihm, dass dieser wohl diese Technik kannte. Efin folgte dem Mann, während Karl zögerte. Allein wollte er aber nicht zurückbleiben und bemühte sich dann doch um Anschluss. Schließlich wollte er Efin mit dem Fremden auch nicht allein lassen.
Der Mann führte die beiden durch schier unzählige Gänge. Immer wieder durch Türen, die vor ihnen erschienen und hinter ihnen verschwanden, bis sie einen weiteren Saal erreichten. Dieser Saal war kreisrund und in der Mitte war eine Konstruktion, die in glutrotem Licht erstrahlte. Ein unangenehmer Laut lag in der Luft, der Karl einen eisigen Schauer über den Körper jagte und in seinen Ohren schmerzte, so dass er die Hände zum Abschirmen hob. "Was ist das? Es klingt grauenvoll. Kann man das nicht abstellen?" - "Nein, leider nicht." Der alte Mann schüttelte den Kopf. "Nur das Artefakt kann diesen Zustand beenden." Auffordernd sah der Mann Efin an. "Wenn ich es jetzt bitte haben könnte." Efin überreichte dem Mann die Kugel, die dieser sofort in die Mitte der Konstruktion einsetzte. Karl bemerkte, dass Efin die Kugel nur an Stellen anfasste, die von einem Tuch bedeckt waren. Der Alte tat es ihm gleich. Karl wollte schon nach dem Grund fragen, als ein Grollen auf einmal die Halle erfüllte und Karl stocken ließ. Die Farbe der Konstruktion wechselte ins Blaue und der unangenehme Ton verschwand. "Jetzt können wir nur noch abwarten und hoffen, dass ihr schnell genug ward." Der alte Mann sah Efin und Karl an. "Was meint er damit?" flüsterte Karl zu Efin rüber, doch dieser wusste keine Antwort auf die Frage. Also fragte Karl dann doch laut nach. "Es ist ein Kontrollgerät. Gebaut vor ewigen Zeiten. Eigentlich sollte es das Wetter auf diesem Planeten regulieren, doch die Zeit geht nicht spurlos an allem vorüber." - "Soll das etwa heißen, diese ganzen Naturkatastrophen..." - "Ja. Auch dieses Gerät geht kaputt und die Anleitungen, wie man es reparieren kann, sind schon lange verloren. Ich halte alles in Stand, so gut es geht, doch auch irgendwann werde ich nichts mehr ausrichten können und dann..." Der Alte drehte sich bekümmert ab. "Ich habe nur selten Gesellschaft hier unten," wechselte er abrupt das Thema, "würde es euch etwas ausmachen noch etwas zu bleiben, ehe ihr zurückkehrt?" - "Sicher. Aber eine Frage habe ich noch. Wieso konnte die Kugel geraubt werden?" Der Alte machte auf einmal ein noch bekümmerteres Gesicht. "Ich habe jemandem, der mich besuchen kam, zu sehr vertraut. Er hat mich überrumpelt und entkam mit der Kugel, ehe ich ihn aufhalten konnte." - "Warum hast du ihn nicht verfolgt?" - "Ich kann nicht. Meine Vergangenheit fesselt mich an diesen Ort, den ich nicht verlassen kann, auch wenn ich es wünschte." - "Auch wenn ich das ganze vielleicht nicht richtig verstehe, aber was wäre passiert, wenn wir die Kugel nicht zurückgebracht hätten?" - " Dann wäre das, was ihr Naturkatastrophen nennt, global aufgetreten und es wäre viel, viel schlimmer geworden."

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Es dauerte einige Zeit ehe sich die beiden von dem Alten verabschiedeten. Zwischenzeitig waren sie noch einmal in den Saal zurückgekehrt, doch die Maschine schien nun wieder richtig zu laufen.
Karl und Efin traten auf die Plattform, wo sie angekommen waren. "Also es ist wichtig, dass niemand von diesem Ort erfährt. Für die Leute da oben seid ihr nie fortgewesen. Ich hoffe, wir sehen uns nie wieder." Noch ehe sich Karl oder Efin von dem Alten verabschieden konnten, wurden sie wieder geblendet und als sie danach die Augen wieder öffneten standen sie auf dem Plateau und starrten direkt in das wütende Gesicht der Touristenführerin. 'Oh, oh' dachte Karl noch, bevor die Wut über sie hereinbrach. "Was fällt ihnen eigentlich ein..." Karl und Efin sahen sich an, und dann wandten sie sich gleichzeitig ab und verließen das Plateau. Zum ersten mal seit Beginn der Führung war die Führerin sprachlos. Karl und Efin mussten grinsen, als sie merkten, was da vor sich ging. Sie kehrten zum Bus zurück, holten ihren Picknickkorb heraus und suchten sich einen Ort, an dem sie ungestört waren. Dabei verpassten sie den Bus, doch das war ihnen egal.
Am Abend riefen sie sich ein Taxi um zum Bahnhof zu gelangen. Sie hatten einen schönen Tag gehabt, die Welt gerettet, und ... Karl stutzte. Im Zug stellte er Efin zur Rede. "Du bist mir noch eine Antwort schuldig." - "Welche denn?" - "Tu nicht so. Ich meine deine Herkunft und so. Du kannst mir doch jetzt alles erzählen, oder?" Efin sah Karl entschuldigend an. "Das war leider noch nicht das Ende. Es tut mir leid, aber noch kann ich dir nichts sagen. Doch es dauert sicher nicht mehr lange. Versprochen." Karl seufzte resigniert.
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To be continued... ?!
 

© Pai
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In ein paar Wochen wird es eine zweite Story mit und um Karl und Efin geben...
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