Es war noch früh am Morgen als der alte
Schwertkämpfer Rohan auf den Klippen stand und aufs Meer blickte.
Es war ein kühler Morgen. Rohan trainierte gern auf den Felsen, dort
war es ruhig, doch an diesem Morgen lag etwas in der Luft. Rohan spürte,
dass etwas geschehen würde. Seine Instinkte hatten ihn noch nie getrogen,
irgend etwas würde heute passieren, aber was? Nach einer Stunde ging
er zurrück in die Festung. Der Rest der Männer war auch schon
wach. Der Rest, das waren 100.000 Mann von einst einer Armee von mehr als
300.000 Mann an Schwertkämpfern, Bogenschützen und berittenen
Lanzenträgern und Schwertkämpfern. Diese 100.000 Mann waren alles,
was zwischen Kandera und den Drachen stand. Der Kampf zwischen den Drachen
und den Menschen auf Krom dauerte nun schon mehr als 25 Jahre und Kandera
war der letzte Kontinet auf diesem Planeten Krom, der noch nicht von den
Drachen besetz war. Rohan ging zu seinem Zug und begrüßte seine
Männer, er spürte, dass auch sie nervös waren.
Sollten die Drachen etwa erneut versuchen,
die Festung zu nehmen und Kandera zu vernichten? Möglich wäre
es, aber dann hätten die Späher sicherlich schon etwas gemeldet,
denn sie langen vier Tagesritte von der Festung entfernt und schickten
Tauben, wenn die Drachen sich rührten, aber im Moment schien alles
ruhig zu sein.
Rohan ging zum Kommandanten: "Morgen, irgend
etwas neues von den Spähern?"
"Nein nichts, aber das hat nichts zu sagen,
ich meine, irgendetwas stimmt nicht, das spüre ich", sagte der Kommandant
zu Rohan.
"Ich ebenfalls", sagte Rohan. "Wir sollten
wachsam sein und unsere Augen offenhalten. Ich werde mit meinen Leuten
gleich mal auf Patrouille gehen, sicher ist sicher."
"Das, Rohan, wollte ich ihnen auch gerade
vorschlagen, aber seien sie auf der Hut, der Feind kann überall sein.
Nur weil die Späher nichts melden, muss es nicht bedeuten, dass sie
nicht da sind!"
"Das meine ich auch, Herr Kommandant, deshalb
will ich ja hinaus, wir beide kämpfen schon lange genug gegen diese
Biester, um zu wissen, wann es ernst werden könnte."
"Gut, Rohan, aber kommen sie mir heil wieder,
wir brauchen sie!"
Rohan drehte sich um und verließ das
Quartier des Kommandanten. Zwei Stunden später waren er und sein Zug
bereit zum Abmarsch. Diese Patrouille würde zwei bis drei Tage dauern,
so dass sie neben den üblichen Waffen auch noch Vorräte brauchten
für 40 Mann. Als alles fertig war, marschierten sie los in Richtung
Späher.
Die ersten zwei Tage bleib es ruhig und nichts
war zu sehen oder zu hören. Am dritten Tag dann so gegen Mittag entdeckte
Rohan im Gras eine Taube, sie sah verbrannt aus, doch was hatte sie denn
so verbrannt? Er schickte seine besten Leute, den Schakal und Sunny,
aus, um die weitere Umgebung zu erkunden, und ließ ein Lager
errichten. Dann untersuchte er die Taube genau und fand unter ihren Klauen
einen angesengten Zettel. Entsetzt stellte er fest, dass es eine Nachricht
der Späher gewesen war:
"An den Kommandanten von Kandera. Drachen
bereiten Großoffensive vor, werden warscheinlich die Nord- oder Südroute
übers Gebirge nehmen, schätzungsweise 1.000.000 Drachen. Verstäkung
aus West sehr wahrscheinlich ebenfalls 1.000.000 Drachen."
Rohan erstarrte vor Entsetzen. Zwei Millionen
Drachen und sie waren auf den Weg nach Kandera. Am frühen Abend kamen
die beiden Aufklärer Schakal und Sunny zurrück und meldeten Rohan
den Tod des Spähtrupps.
"Dann sind die Drachen bereits unterwegs und
die Männer in Kandera ahnen nichts von der gewaltigen Streitmacht,
die sie da überfallen werden!" Er beriet sich kurz mit seinen Männer
und beschloss dann, mit dem Pferd, das eigendlich ihre Verpflegung transportierte,
so schnell es ging nach Kandera zu reiten, um die anderen zu warnen.
Der Rest sollte so schnell wie möglich
nach Kandera zurrückkehren. Rohan ritt wie der Teufel und brauchte
anderthalb Tage bis Kandera. Als er in Sichtweite kam, öffnete man
ihm das Tor. Unruhe machte sich sofort breit, als man sah, dass er allein
ohne den Zug kam. Der Kommandant wurde informiert und trat sogleich auf
denn Innenhof der Festung, um Rohan zu befragen, was passiert sei und er
ohne seine Männer sei.
"Es werden tausende kommen", keuchte Rohan,
"vermutlich über die Berge, wir haben eine Nachricht der Späher
gefunden, die tot sind. Auch die Taube, die diese Nachricht überbringen
sollte, war tot. Deshalb keine Antwort der Späher, sie konnten uns
nicht mehr warnen!"
"Und wo sind ihre Männer?" fragte der
Kommandant Rohan.
"Vermutlich zwei bis drei Tagesmärsche
hinter mir, sie müssen ja laufen. Aber ich würde vorschlagen,
wir bauen unsere Front auf, bevor die Biester hier sind. Wer weiß,
wann sie kommen, es kann jeden Augenblick soweit sein."
Der Kommandant stimmte zu und rief alle Offiziere
und Befehlshaber zusammen und schwor sie auf den folgenden Kampf ein. "Hört
zu, Männer, es werden in den nächsten Stunden Tausende von Drachen
hier einfallen und unsere Front ist alles, was sie noch vom letzten freien
Kontinent trennt. Unsere Front ist die letzte Verteidigungslinie. Es darf
keine Durchbrüche oder Einbrüche geben. Wir dürfen und können
nicht zurrückweichen. Ich weiß, dass wir nur sehr wenige sind,
aber wir können und müssen es schaffen. Sonst ist ganz Krom in
ihrer Hand."
Rohan, der sich ausruhen sollte, aber eh nicht
schlafen konnte, kam auch zur Besprechung, als der Kommandant fertig war,
fragte Rohan: "Können wir von irgendwo her auf Verstärkung hoffen?
Gibt es sonst irgendwo noch Männer, die unter Waffen stehen und uns
helfen könnten?"
"Vielleicht", meinte der Kommandant, "es gibt
im Westen noch eine Festung mit einigen hunderttausend Mann aber ob sie
hier rechzeitig ankommen, weiß der Himmel. Wenn sie es überhaupt
schaffen", meinte der Kommandant mit sorgenvollem Blick.
"Wir müssen realistisch sein!" meinte
einer der Offiziere. "Von den Männer aus dem Westen schaffen es vielleicht
15 bis 25%, also noch nicht mal die Hälfte, wir sind auf uns allein
gestellt."
"Das denke ich auch", erwiderte der Kommandant,
"wir müssen also alles geben und allein auf Gott und unsere Kampfkraft
und den Mut der Männer hoffen."
Nach der Besprechung gingen die Offiziere
zu ihren Männern, um ihnen die neue und sehr gefärliche Lage
zu erläutern.
Man begann mit dem Ausbauen der Festung, die
Mauern wurden noch einmal verstärkt und die Waffen gereinigt. Wer
konnte, schlief noch etwas oder trainierte.
Dann, so gegen abend, war es soweit, die ersten
Flügel der todbringenden Bestien tauchten am Horizont auf und aus
den Wachtürmen erklang der Ruf: "Drachen!! Sie greifen an. Alle Mann
auf Posten!" Dann erschallten die Trompeten und gaben dass Signal, dass
sie angegriffen wurden, so dass auch der letzte es hören musste.
Rohan und die Männer stürmten aus
ihren Quatieren und stellten sich in Linie auf die Palisaden, dahinter
die Bogenschützen.
"Es kommen tausende!" rief einer der Männer
und man sah ihm an, dass er eine Riesen Angst hatte vor dem was kam. Zwar
hatten alle schon in unzähligen Schlachten gegen diese Monster gekämpft,
doch noch nie gegen so viele und bis jetz hatten sie eigendlich auch immer
verloren.
Da kam auch schon die erste Welle und die
Angreifer stürzten sich aus großer Höhe auf die Festung
und schleuderten ihre ersten Kaskaden Feuer auf die untenstehenden Verteidiger.
Rohan befahl den Bogenschützen, noch nicht zu schießen. "Erst
wenn sie genau über uns sind feuern, verstanden?!" "Ja"! Antworteten
sie im Chor.
Immer näher kamen die Drachen. Rohan
schaute sich um und sah, dass einige seine Leute schon tot waren, ohne
gekämpft haben zu können. Jetzt waren die ersten Drachen über
ihnen und Rohan brüllte: "Feuer!!!"
Sofort flogen die Pfeile der Männer ihrem
Ziel entgegen und trafen einige der Drachen aus der ersten Formation und
ließen sie zu Boden stürzen. Aber zum Durchatmen blieb keine
Zeit, da die erste Formation sofort durch eine zweite ersetzt wurde, die
noch härter und brutaler angriff.
Rohan beschloss, seine Position zu verlassen,
um das Geschehen besser zu überwachen, und ging von der Nordseite
der Festung auf die Südseite. Kaum war er dort, als er mit ansehen
musste, wie die Nordseite von einer ganzen Gruppe von sehr großen
Drachen regelrecht eingeäschert wurde. Diese Drachen waren alles andere
als das Kaliber, mit dem er es sonst aufnahm, und er fragte sich, ob diese
Gruppe die einzige sie. Sie hatten einen Fehler gemacht, das wusste er
jetzt, hier in der Festung konnten sie nur verlieren, hier saßen
sie wie auf einem übergroßen Grill. Es wäre unmöglich,
sich hier zu halten, geschweige denn so zu gewinnen.
Er rief so laut er konnte: "Alle raus hier!
Bogenschützen, baut draußen eine neue Formation auf, hier drinnen
ist es unmöglich sich zu halten!"
Alle, die es hörten, liefen auf der Stelle
los und errichteten eine neue Frontlinie vor der Festung mitten auf dem
Feld. Viele bemerkten den Aufbau der neuen Front und folgten ebenfalls.
Die neue Front stand schnell, aber auch die Angreifer hatten die neue Front
gesehen, die jetzt aufgemacht wurde. Nun hatten sie zwei Fronten auf einmal
zu bekämpfen, doch es war immer noch ein ungleicher Kampf - auf die
dritte Angriffswelle folgte die vierte und fünfte und noch eine...
Während die Verteidiger um Rohan von
Minute zu Minute weniger wurden, schien die Zahl der Angreifer nicht weniger
zu werden, ja, gar zu steigen, und sie ließen den Männern von
Kandera keine Minute zum Luft holen. Stunde um Stunde kämpften sie,
auch Rohan fragte sich, wie lange sie wohl noch durchhalten würden.
Er sah sich um und sah, dass nicht mehr viele standen. 1000 Mann vielleicht
noch, vielleicht mehr, vielleicht aber auch weniger. Was konnte er noch
tun? Von der ersten Front stiegen kaum noch Pfeile auf und seine hier war
auch fast am Ende.
Doch dann hörte er Trompeten erneut erschallen;
es waren die Männer aus dem Westen, die sich dort ankündigten
und sie machten sofort eine dritte Front im Westen auf.
"Von wegen 15 bis 25% tauchen nur auf. Es
müssen 1.000.000 Mann sein!" dachte Rohan. Vielleicht wendet sich
dass Blatt ja noch zum guten. Und tatsächlich wurde der Ansturm der
Drachen weniger, zwar immer noch recht heftig und äußerst brutal,
aber er wurde weniger, der Himmel im Westen wurde schwarz von Pfeilen,
die sich ihre Ziele suchten. Der Angriff auf die erste Front auf die Festung
verebbte so langsam schon allein deswegen, da von dort kaum noch Gegenfeuer
kam. Nun konzentrierten sich die Drachen fast vollständig auf die
Westfront, da es von dort das meiste an Gegenfeuer gab.
Rohan konnte es sich gut vorstellen, wie es
dor jetzt sein musste im Feuersturm der Drachen, wie viele tapfere Männer
würden sie an die Biester heute wohl verlieren? Bestimmt mehr als
jemals zuvor in einer Schlacht gegen diese Biester. Erst jetz bemerkte
er, dass es mittlerweile tiefe Nacht geworden war und sie schon über
10 bis 12 Stunden unermüdlich kämpften. Rohan sah, dass die linke
Flanke an der Westfront wohl einbrechen würde und beschloss daher,
diese Front zu schließen und den Westmännern zu Hilfe zu eilen.
Es wurde ja sowieso fast nur noch im Westen gekämpft.
Rohan und seine Männer verstärkten
die Flanke und konnten so einen Durchbruch verhindern, doch wie lang sollte
diese Schlacht noch dauern? Lange wohl nicht mehr. Er sah auf und bemerkte,
dass der Angriff der Drachen deutlich schwächer wurde. Sollten diese
Biester etwa aufgeben wollen? Konnte es wirklich einen Sieg geben? Die
Drachen formierten sich neu, um wohl einen letzten Schlag, den Endschlag
zu führen. Diesmal kamen sie nicht wie sonst in Gruppen, sondern als
geballte Ladung auf sie zu. Alle Kämpfer wussten, dass dies der entscheidende
Angriff war, er entschied über Sieg und Niederlage. Diesmal warteten
die Verteidiger sehr lange, bis sie schossen, als nämlich die ersten
Drachen schon wieder abdrehten, flogen die Pfeile der Kämpfer in den
Hauptverband der Drachen. Das besiegelte das Ende der Drachen-Armee, denn
sie rissen ein riesiges Loch in die Reihen der Drachen, die sie nicht mehr
zu schließen vermochten. In einem heillosen Durcheinander flohen
die letzten noch verbliebenen Drachen über die Berge und kehrten nie
mehr zurück.
Rohan war froh, dass es vorbei war, und setzte
sich erschöpft auf den von Blut getränkten Rasen. Die Männer
jubelten über den Sieg über die Drachen und fielen sich in die
Arme.
"Dass war knapp", sagte Rohan zu einem Offizier
der West-Armee. "Viel länger hätten sie nicht brauchen dürfen,
sonst wären meine Männer und ich erledigt gewesen."
Der Offizier der West-Armee schüttelte
Rohan die Hand lächelte und sagte: "Wir haben's doch noch geschafft!"
Zwei Jahre später waren die Spuren der
größten Schlacht zwischen den Menschen und den Drachen beseitigt
und der alte Schwertkämpfer Rohan hatte immer noch Quartier in der
Festung bei Kandera und trainierte immer noch jeden Morgen in der Früh
auf dem Felsen. Manchmal aber, spät abends oder ganz früh morgens,
wenn die Luft klar ist, geht er zu dem Baum, den man an die Stelle gepflanzt
hat, wo die Siegesschlacht über die Drachen ausgefochten wurde, und
denkt an seine gefallenen Leute und Kameraden.
© Tim Grünewald
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