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Ashela von Ayashi

Verdammt! Wo war die Hirschkuh nur geblieben?
 Vor kurzem hatte sie die Fährte der Hirschkuh entdeckt und war ihr gefolgt. Eigentlich ein Leichtes für sie. Mit Stolz konnte sie von sich behaupten die beste Waldläuferin der Gilde zu sein. Deswegen hatte man sie, die junge Halbelfin Sara知eza地il erwählt die Expedition in den Dunkelwald zu führen. Der Dunkelwald war von jeher ein unheimlicher Ort und nur wenige wagten sich dort hinein.
 Von Anfang an stand die Expedition unter keinem guten Stern. Schon in der ersten Nacht im Dunkelwald waren sie von einem Rudel Werwölfe angegriffen worden und hatten ein Drittel ihrer Kämpfer und einen großen Teil des Proviants verloren. Mittlerweile waren ihre Reserven fast erschöpft, so dass man sie auf die Jagd geschickt hatte.
 Und nun saß sie in der Tinte. Ausgerechnet heute hatte sie die Fährte ihrer Beute verloren und sich außerdem noch weiter von den anderen getrennt, als geplant.
 Vorsichtig spähte sie aus ihrem Versteck hervor und suchte die Umgebung ab. Die Hirschkuh war nirgends zu sehen und als Beute für sie verloren. Leise seufzte sie einmal und machte sich auf die Suche nach einer neuen Fährte.
 Plötzlich stutzte sie. Da war doch etwas? Nicht weit von ihr entfernt vernahm sie ein Stöhnen und Husten. Sie spitzte die Ohren und lauschte angestrengt.
 "Hilfe! Hört mich denn niemand... So helft mir doch, bitte! ... Hilfe!" , vernahm sie eine schwache Stimme aus der näheren Umgebung.
 Zögerlich folgte sie der Stimme und schon bald hatte sie die Person gefunden, welche gesprochen hatte. Es war eine älterliche Frau, ärmlich bekleidet und mit grauem schütterem Haar. Sofort erkannte Sara知eza地il ihre missliche Lage: sie war mit einem Fuß in eine Tierfalle getreten und nun kam sie nicht mehr frei. Neben der Frau lag ein kleiner Korb, an welchem sie sich verzweifelt mit einer knochigen Hand festklammerte.
 Sara知eza地il zögerte. Obwohl sie der Frau helfen sollte, hatte sie ein ungutes Gefühl. Irgendetwas an dieser Situation stimmte nicht, sie spürte es, konnte aber nicht erklären, warum sie so fühlte.
 "Endlich! Bitte, ... mein Kind, so hilf mir doch. Bitte,... ich bin alt und schwach!"
 Was kann mir eine alte Frau schon antun?
 Entschlossen fegte sie ihre Gedanken beiseite und trat näher zur Frau. Aus der Nähe betrachtet wirkte sie noch dürrer und zerbrechlich, und Sara知eza地il fragte sich, wie alt diese Frau wohl sei.
 "Bitte, mein Kind... sei so nett und hilf mir!", stöhnte die Gefangene.
 Die Waldläuferin bückte sich, legte ihren Bogen aus der Hand und langte nach ihrem Dolch. Mit seiner Hilfe versuchte sie den Fuß der alten Frau zu befreien. Erschrocken stellte Sara知eza地il fest, dass der Fuß der Frau schon eiskalt war.
 Wie lange mag die Alte schon hier liegen?
 Während die Waldläuferin damit beschäftigt war, den Fuß zu befreien, fiel ihr auf, dass mit der Falle etwas nicht stimmte, etwas störte sie an dem Bild, das sich ihr bot, jedoch schenkte sie dieser Tatsache keine Beachtung.
Mit einem Klirren sprang die Falle wieder auf und die alte Frau  zog ihren Fuß heraus.
 "Hab vielen Dank, mein Kind!", ächzend stand sie auf, noch immer den Korb fest umklammernd.
 Nun bemerkte Sara知eza地il auch den unangenehmen Geruch, den dieser verströmte.
 "Wie heißt du, mein Kind?"
 "Ihr könnt mich Sara nennen", antwortete sie und verbeugte sich leicht.
 "Ich bin die alte Dora!", ihr runzliges Gesicht deutete ein Lächeln an, dann sah sie nachdenklich aus.
 "Sara, wärst du wohl so nett, und würdest mir noch einen kleinen Gefallen tun?"
 "Gewiss, was wünscht ihr?"
 "Mein Fuß schmerzt so sehr... würdest du mich bitte zu meiner Hütte begleiten? Es ist nicht sehr weit..." Sie hustete und atmete schwer.
 Sara知eza地il zögerte, irgendwie wurde ihr unheimlich.  Dora verströmte eine seltsame Aura, welche sie erschaudern ließ.
 "Bitte, mein Kind", flehte die alte Frau.
 Nun schien sie wieder gebrechlich und hilfsbedürftig und Sara知eza地ils Zweifel waren wie fortgeblasen.
 "Natürlich!"
 Behutsam nahm sie Dora am Arm und folgte ihr tiefer in den Wald hinein.

 "Schau, dort auf der Lichtung steht mein bescheidenes Heim!", keuchte Dora und blickte zufrieden lächelnd auf ihre kleine Hütte.
 Nach ein paar Schritten betraten sie die Lichtung, welche durch den Mond und die Sterne beleuchtet wurde. Es war eine kleine, heruntergekommene Hütte, welche in der Mitte der Waldlichtung stand. Der Mondschein warf ein seltsames Licht auf die Hütte und ließ sie bedrohlich wirken.
 "Komm rein, mein Kind. Als Dank koche ich dir noch einen guten Tee, der dich wärmt, bevor du zu deinen Leuten zurückkehrst."
 "Wie ihr wünscht."
 Es wäre nicht höflich gewesen diese Einladung abzulehnen, obwohl die anderen sich bestimmt schon Sorgen um mich machen werden... Wann habe ich ihr denn von den anderen erzählt? Ich kann mich nicht daran erinnern...
 Sara知eza地il folgte der alten Frau in ihre Hütte, welche ärmlich eingerichtet und mit Kräutern voll gestopft  war.
 Dora schob ihr einen hölzernen Schemel zu, auf den sie sich auch setzte, während die alte Frau verschwand.
 Wenig später erschien sie mit einem warmen Tonbecher gefüllt mit einem wohlriechenden Tee. Dankend nahm die Waldläuferin ihn entgegen und schlürfte ihn beobachtet von den wachsamen Augen der alten Frau.
 "Wohnt ihr hier mitten im Wald?", erkundigte sich Sara知eza地il, um der bedrückenden Stille ein Ende zu bereiten.
 "Ja, mein Kind."
 "Fühlt ihr euch denn nicht einsam?"
 "Nein, mein Kind... ich bin ja nicht allein.", antwortete Dora und zeigte auf die oberen Regale.
 Die junge Halbelfin blickte nach oben und erschrak. Dort stapelten sich Tierköpfe, welche sie mit leeren Augen anstarrten.
 Wieso habe ich die nicht früher gesehen?
 Und zwischen all den Tierköpfen ragte ein großer Hirschkuhkopf hervor, der sie grinsend anstarrte.
 Entsetzt sprang sie auf und ließ den Tonbecher mit dem Tee fallen. Es war genau die gleiche Kirschkuh, welche sie vorher gejagt hatte, aber wie war das möglich?
 Jetzt fiel ihr auch ein, was ihr vorhin so merkwürdig erschienen war: obwohl die Fall tief in das Bein der Frau eingedrungen war, hatte sie nirgends Blut gesehen.
 Wie konnte ich nur so einfältig sein!?!?
 "Mein Kind, was hast du denn? Komm doch näher zu mir...", lockte Dora mit honigsüßen Worten, während sie sich langsam der Waldläuferin näherte.
 Mittlerweile versteckte sie ihre bösartige Aura nicht mehr und verstrahlte nur noch Blutdurst und eine abgrundtiefe Bösartigkeit. Mit gierigen Augen starrte sie die junge Halbelfin an, welche ihr in die Falle gegangen war.
 Sara知eza地il fühlte wie ihr Körper zu zittern begann.
 Was hat die alte Hexe mir da nur zu trinken gegeben?
 "Nein!" Mit einem Aufschrei riss sie die Tür auf und rannte auf die Lichtung, während sie fiebernd und mit zitternden Händen nach ihrem Dolch suchte.
 Mit einem Satz war die alte Dame bei ihr, umschlang sie mit ihren knochigen Armen und grub ihre spitzen Reißzähne in den Nacken der Waldelfin, welche sich verzweifelt wehrte und mit fahrigen Bewegungen nach ihrer Angreiferin stach.
 Doch Dora war stärker. Sie biss in den Körper ihrer Beute, zerfleischte sie mit ihren langen Klauen und ergötzte sich an der Panik der Waldläuferin.
 Diese blickte Dora mit vor Entsetzen geweideten Augen an, als die alte Frau sich in einen Dämon verwandelte, während das Blut, das aus ihrem Körper strömte, den Boden der Lichtung tränkte.
 Der Dämon Ashela richtete sich wieder auf und lachte, während seine blutroten Augen die Leiche vor ihm betrachteten.
 Noch immer lachend wandte er sich ab und bewegte sich auf den Waldrand zu, während seine Silhouette zu schimmern begann. Langsam verwandelte er sich in Sara知eza地il.
 "So... schauen wir mal, wo die Expedition geblieben ist... Sie werden mich bestimmt schon suchen..."
 Mit diesen Worten verschwand die Waldläuferin im Wald.
 

© Ayashi
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