Aus Rawbots Welt Rhyne
Streiter der Götter von Rawbot

Knapp einen Monat waren sie jetzt unterwegs gewesen, nur um in einer felsigen Einöde im Grenzkönigreich zu landen. Etwas mehr als zwei Tagesmärsche war das nächste Dorf entfernt und ihre Vorräte gingen langsam zu neige. Llewlynn verfluchte sich langsam dafür, diesen götterverdammten Auftrag angenommen zu haben. So sehr er auch Sulegna mochte, er wünschte sich wirklich, dieser Abenteurer wäre nie auf ihn zugekommen und hätte ihm diesen Auftrag angeboten. Llewlynn hätte sich in die Angelegenheiten eines Kriegers und eines Zauberers nie mit hineinziehen lassen, sei der Zauberer noch so böse. Llewlynn mochte Zauberer nicht.
Vor ihm hob Sulegna die Hand. Er schaute zurück und gestattete sich ein Lächeln, ein Luxus, den er sich sehr zu Llewlynns Verwunderung seit ihrem ersten Treffen nicht gegönnt hatte. "Da vorn ist er, der Turm von Mekahrt!" rief er. "Wir haben es endlich geschafft!" Vor Llewlynn schnaubte Krumbard, der Söldner. "Die Frage ist eher, ob wir es lebend wieder zurück schaffen!" Sulegnas Lächeln war schon längst wieder verloschen, so antwortete er mit gewohnt unbewegter Miene "Keine Sorge, Mekahrt hat Vorräte!"
"Ach, und wenn dieser Typ so verdammt viel besitzt, wieso wohnt er in so ‘ner verdammten Einöde? Wieso nich‘ da, wo’s schön ist, in Piccenien, zum Beispiel?"
Ein für Sulegna vollkommen ungewohnter Ausdruck erschien auf seinem Gesicht. Sulegna schaute Krumbard verdutzt an!
"Aber... Aber Magier wohnen doch in Türmen... und einsamen Gegenden... das tun sie doch, oder?!" stammelte er leicht verwirrt. Krumbard lachte kurz auf. "Ha, ja in den Geschichten, die dir deine Mutter erzählt hat, als du noch in den Windeln lagst! Damals, ‘s muss wohl so gegen 46 nach gewesen sein, da begegneten wir ‘nem Magier..." Er wurde von Kyla, der Magierin, unterbrochen. "Vielleicht sollten wir weitergehen? Dieser Mekahrt lässt sich bestimmt nicht von Krumbards Geschichten einschüchtern." Sulegnas gewohnte Kühle trat in seine Züge. "Du hast Recht, wir sollten gehen!" Krumbard  brummelte irgend etwas in seinen schief gewachsenen Bart hinein, folgte aber dem kleinen Trott wieder. Llewlynn wünschte sich nur wieder, zu Hause zu sein.
Etwa eine Stunde später standen sie vor dem Tor der Aussenmauer des Turmes. 
"Und wie sollen wir jetzt unbemerkt eindringen? Wenn dieser Mekahrt so gefährlich ist, hat er bestimmt Wachen oder so etwas!" lies Kyla von sich vernehmen. "Nein." Sulegnas Antwort schien so präzise und überzeugend zu sein, dass niemand Anstalten machte, Widerspruch zu leisten. Nicht einmal Krumbard.
Sie stießen mit vereinten Kräften das Tor auf und standen in einem kleinen Vorplatz vor einer großen Tür, die den Eingang zum Turm bildete. "Und da sollen wir rein?" fragte Kyla ein wenig skeptisch.
"Nein, nicht wir, ich. Ich werde alleine mit Mekahrt kämpfen. Ich danke euch sehr für eure Hilfe auf der Reise hierhin, aber nun wird es wohl Zeit für mich, ohne Hilfe der Gefahr ins Auge zu blicken. Ich gehe alleine." 
Die ganze restliche Gruppe war leicht verwirrt und schaute nur mit offenen Mündern. Llewlynn war der erst der sich eine Frage abringen konnte. "Und...ehm...was... was machen wir wenn du... ehm, ich meine... öh... verlierst?" 
"Sollte ich im Kampf fallen, so steht es euch frei zu gehen oder meine Niederlage zu rächen, Freunde."
"Glaubst im ernst, wir würden es mit den Vorräten einfach nach Hause schaffen, wenn du abkratzt? Ich glaube, die Sonn is‘ dir ‘n bisschen zu Kopf gestiegen!" ereiferte sich Krumbard. Es mag verwunderlich gewesen sein, dass niemand Sulegnas Entschluß, alleine gegen Mekahrt zu kämpfen, anzweifelte. Doch genauso wie bei dem Tor zuvor wagte es keiner Widerspruch zu leisten. Für alle war klar, Sulegna würde alleine kämpfen. Niemand würde ihn daran hindern können.
"So nun Freunde, ich begebe mich nach oben, um meinem ärgsten Feind gegenüber zu treten. Wünscht mir Glück!" und mit diesen Worten stieß Sulegna das Tor auf und verschwand im Halbdunkel des Turmes. Schon nachdem er den ersten Schritt durch die Tür getan hatte, schloss sich die Tür mit lautem Knallen.
"Tja... während die beiden da oben ihre Streitigkeiten beilegen, sollten wir vielleicht schaun, ob’s hier ein paar Vorräte gibt, würde ich sagen." Krumbard hatte von ihnen wohl die meiste Erfahrung, weshalb weder Llewlynn noch Kyla ihm widersprachen. Gerade als sie mit der Suche beginnen wollten fuhr ihnen eine Stimme wie Nadelstiche ins Mark:
"So Angelus. Endlich hast du zu mir Gefunden."
"Ja Daimon, ich habe dich gefunden. Es wird Zeit, die Kräfte unser beider Göttinnen zu testen, meinst du nicht?" 
"Du sprichst wahres Angelus. So lass uns denn beginnen..."
Das Oberste Geschoß des Turmes explodierte und Mörtel, Steine und Staub fielen auf die drei Abenteurer herunter. Die größten Brocken allerdings landeten weit außerhalb der Begrenzungsmauer des Turmes.
Aus dem Obergeschoß heraus erhoben sich zwei Gestalten. Beide waren sie anscheinend geflügelt, doch die Eine war fast vollkommen weiß, mit einem weißen Gewand sowie auch weißen Flügeln und Haaren. In ihren Händen hielt sie eine Art Schwert, die Klinge dieses Schwertes aber brannte oder bestand gar gänzlich aus Feuer. 
Die andere Gestalt war fast gänzlich gegensätzlich zu der Weißen. Sie war fast vollkommen schwarz. Schwarzes Gewand, schwarze Flügel, schwarze Haare. Nur die Klinge des Schwarzen brannte genauso.
Die Geflügelten stürzten sich aufeinander. Ihre Klingen schwirrten wie Pfeile durch die Luft und ließen einen Schlag nach dem anderen auf den Gegner niederprasseln. Noch nie zuvor hatten Llewlynn oder Krumbard oder Kyla etwas derart schönes aber auch aufreibendes gesehen wie diesen Kampf. Die Tatsache, dass die beiden Kontrahenten flogen, machte den Kampf noch komplizierter. So ließen sie kurzzeitig voneinander ab, holten Luft, nur um einen Scheinangriff auszuführen, um erneut in einen tödlichen Nahkampf zu geraten. Zwar schlugen die Geflügelten sich immer neue Wunden, doch noch schien keiner von diesen beeinträchtigt zu sein. 
Staunend und mit offenen Mündern betrachteten die Gefährten das Schauspiel, das sich ihnen bot. Bis, ja, bis einer den Kampf verlor.
Bei einem der zahlreichen Sturzflüge aufeinander täuschte der Weiße nicht an, sondern zog seine Attacke durch. Der Schwarze, welcher sich eher auf eine Finte vorbereitet hatte, war  von der Wucht des Angriffs derart überrascht, dass er die drei, vier sofort darauf kommenden Schläge nur unzureichend parieren konnte. Sein Kontrahent schlug im sein Schwert aus der Hand und stieß ihm die Flammenklinge in den Bauch. Die Flügel des Schwarzen verstummten daraufhin und er fiel zu Boden. Doch am Boden lag nicht mehr der Schwarzgeflügelte, sondern ein Mensch, eingehüllt in ein Gewand, welches über und über mit magischen Symbolen bestickt war. Als er sich auf die Knie aufrichtete fiel ihm sein spitzer Hut vom Kopf.
Die andere geflügelte Gestalt schwebte herunter und kam vor dem Mann zum stehen. Wieder begannen sie mit Stimmen zu sprechen, die alles zu durchdringen schienen, welche die Unendlichkeit und die Kürze gleichzeitig zu sein schienen. 
"Du hast mich besiegt, Angelus. Sei mir die Frage gestattet, welchen Rang ihr einnehmt?"
"Ich bin ein einfach Streiter, Daimon. Der Ironie halber habe ich euch, einen Günstling eurer schwarzen Majestät, besiegt."
"Eine Schande für mich, von einem Streiter besiegt worden zu sein... Aber nun gut, ich kann nur für euch hoffen, dass ihr euch mit meiner Vernichtung Respekt gegenüber eurer Königin einhandelt. 
Und nun, vollendet euer Werk, Streiter eurer Göttin!"
"So will ich es denn tun. Doch seid euch dessen gewiß, ihr habt tapfer gekämpft. Wir werden uns mit Sicherheit wiedersehen. Wenn ihr zurückkommt, werden wir unsere Kräfte messen."
"Diese Hoffnung wird mich durch mein Leiden bringen, seid euch dessen gewiss! Doch nun erlöst mich bitte von meinem Dasein, ich mag den Menschen nicht mehr begegnen!"

Wortlos schlug der Geflügelte seinem Gesprächspartner den Kopf ab. Doch weder spritzte Blut, noch blieb das abgeschlagene Haupt des Mannes lange liegen. Es zerfiel, kurz nachdem es abgeschlagen worden war, zu Staub und einem kleinen, länglichen Kristall. Diesen hob der Weiße auf und verstaute es in einem Beutel. All dies verfolgten die drei Abenteurer mit offenen Mündern.
Dann wandte sich die Gestalt ihnen zu und sprach:
"Es tut mir leid, Freunde, sollten euch diese Begebenheiten überraschen. Es tut mir leid um das Wissen, euch die ganze Zeit, welche wir Seite an Seite verbracht haben, um meine wahre Existenz betrogen zu haben. Aber es war notwendig, ich brauchte eure Hilfe um diesen Daimon zu finden und zu bekämpfen. Sicherlich warten in euch noch viele Fragen, Fragen, die ich euch leider nicht beantworten kann oder darf, denn all dies hier ist höher, höher noch als eure Götter, die ihr anbetet.
Aber ich will euch nicht unentlohnt gehen lassen.
Kyla, dir gebe ich einige der Bücher aus Mekahrts Kammer mit. Es sind Bücher mit großem Wissen, welche aber auch in den falschen Händen zu gefährlichem Wissen werden können. Es ist anzuraten, du bringest sie nach Kerzenburg oder Rikkenau, dort sind sie wohl am besten aufgehoben!
 Krumbard, alles, wonach du strebst ist Geld, und jemandem wie dir kann ich es nicht verdenken. Alles was du bis jetzt gesehen hast waren Blut und Zerstörung. Deswegen gebe ich dir alle Reichtümer aus Mekahrts Kammer mit auf den Weg. Damit kannst du dich endlich zur Ruhe setzen, wie es dein Wunsch ist.
Und dir Llewlynn gebe ich die Waffe von Mekahrt, oder eher dem Daimonen. Es ist eine exzellente Waffe, die allerdings viel von ihrer Zauberkraft verloren hat, jetzt, da sein Seelenstein bei mir ruhen wird. Trotz Allem aber ist diese Waffe noch viel Wert und ich bin mir sicher, du wirst sie gut zu führen wissen.
So denn Freunde, ich werde mich nun verabschieden. Ich kann euch nur einen Rat auf den Weg mitgeben:
Das, was ihr hier gesehen habt, war noch nie zuvor einem Menschen vergönnt. Ihr solltet aber auch nicht ob diesem Wissen dem Wahnsinn anheim fallen!"

Und damit verschwand die Gestalt in den blauen Himmel über Rhyne. Die drei Abenteurern blieb nichts weiter übrig, als ihre Geschenke zu nehmen und nach Hause zu reisen. Mit dem Wissen, etwas so unglaubliches gesehen zu haben, dass es ihnen sowieso niemand glauben würde, würden sie ihr Wissen verbreiten.
 

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