"Die Bewohner Nordars sind wie der Winter.
Unbarmherzig wie der stürmische Wind, unaufhaltsam wie die Kälte
und alles nehmend wie das Eis."
.
"Ich suche den Tod, weil das Leben keinen
Sinn mehr hat."
Unter den Hufen seines kleinen Hochlandpferdes
knackte das Eis des gefrorenen Sees. In der kalten Decke des Wassers waren
unzählige Hufabdrücke und Linien von Schlittenkufen zu sehen,
im Winter benutzten viele den Frostsee als Übergang, sofern sie sich
trauten, das Einbrechen in dünneren Eisschichten zu riskieren.
Skarf blickte über die funkelnde Ebene
aus Eis und das Festland, dem er auf dem Rücken des Tieres immer näher
kam.
Schneebedeckte Tannen und zwischen den Ästen
glitzernde Eiskristalle säumten das Ufer und gaben ihm eine kalte
Schönheit. Dann erreichte er das Ufer und ritt langsam die Böschung
hinauf.
Während er durch den hellen und zugleich
dunklen Wald ritt, flammten schreckliche Bilder der Erinnerung durch seinen
Geist. Es waren Bilder von brennenden Häusern, er hörte Menschen
schreien, sah die Krieger des anderen Dorfes, mit Fackeln und schimmernden
Waffen, vom Blut seiner Leute bedeckt. Und Skarf hatte nichts tun können...
Vor ihm öffnete sich eine Lichtung, in
deren Mitte fünf Reiter in ihre Mäntel gewickelt saßen
und die Hände gegen ein Feuer hielten. An der Schulter des einen lehnte
ein großer Schild, auf dem eine grüne dreiköpfige Seeschlange
zu sehen war.
Skarf hatte gefunden was er gesucht hatte.
Beinahe lautlos glitt er aus dem Sattel, zog die zweiklingige Streitaxt
und griff seinen Schild vom Sattel des Pferdes.
Mit ruhigen Schritten, völlig wortlos
ging er auf die kleine Gruppe zu, die Streitaxt weit oben am Griff haltend
und nach unten richtend.
Beinahe beiläufig schlug er die breite
Klinge in den Kopf des Mannes, der ihm die Seite zukehrte. Zuckend, aber
ohne ein Laut von sich zu geben kippte dieser unter den erschreckten Blicken
seiner aufspringenden Gefährten zur Seite. Blut besudelte den reinweißen
Schnee in dickflüssigen Spritzern.
Skarf handelte wie sie es getan hatten, Ehrenlose
verdienten keinen ehrenvollen Kampf, keinen ehrenvollen Tod.
Er hob den Schild, lenkte den Schwertstreich
des einen ab und rammte ihm dann den beschlagenen Schaft der Waffe ins
Gesicht, sodass zwischen seinem zerschmetterten Kiefer die zerbrochenen
Zähne herausfielen.
Die Spitze eines Speeres rammte sich gegen
Skarfs Seite, durchdrang sein Kettenhemd allerdings nur wenig. Mit einem
Seitenhieb zerbrach er den hölzernen Schaft der Waffe, die Speerspitze
ließ er stecken. Was hatte er zu verlieren?
Im lächerlichen Versuch sich zu schützen
hob der Krieger den Schild mit der Seeschlange. Skarfs Axtklinge ließ
die Holzsplitter umherfliegen und rammte sich in die Stirn des Mannes,
der mit einem undefinierbaren Gurgeln nach hinten fiel.
Ein Schwerthieb prallte von Skarfs Schulterpanzer
ab und mit einer Drehung wand er dem Angreifer die Waffe aus der Hand.
In rasender Wut hackte er auf den Angehörigen des Seeschlangenclans
ein. Finger wurden von der Hand des nach hinten Stolpernden abgetrennt
und fielen mit einem widerlichen Geräusch in den nun völlig mit
dem Blut der Ehrlosen beschmutzten Schnee.
Skarf hörte, wie jemand von hinten auf
ihn zu rannte und drehte sich mit der Axt zuschlagend. Blut spritzte fast
einen halben Meter zur Seite, während der Mann mit halb durchtrenntem
Hals zu Boden ging.
Skarf wirbelte um die eigene Achse und warf
die Axt gegen den nun Fingerlosen. Mit einem unbeschreiblichen Geräusch
schlug sie in die Brust des Mannes und schleuderte ihn regelrecht nach
hinten.
Schwer atmend stand Skarf inmitten von Blut
und Toten, lediglich einer der Feinde lebte noch.
Er hob das Schwert eines Feindes auf und ging
auf den zu Boden Gegangenen zu. Er setzte dem Verwundeten die Klinge auf
die Brust und legte beide Hände auf den Schwertknauf.
Blut wurde mit Blut vergolten. Er war es seiner
Familie und seinem Dorf schuldig.
Beinahe lautlos durchdrang die Schwertspitze
den Lederpanzer des Mannes und durchbohrte sein Herz.
Skarf wand sich ab und holte seine Axt zurück,
dann verließ er den Ort des Gemetzels.
Welche Schande, den makellosen Schnee mit dem
Blut ehrloser Frauen- und Kindermörder zu besudeln.
.
"Ich suche den Tod, doch er entzieht sich
mir immer wieder."
© Rumpel
Stilzchen
Vor Verwendung dieser Autoren-EMail-Adresse
bitte das unmittelbar am @ angrenzende "NO" und "SPAM" entfernen!
|