Wo ein Schuh zur Plage wurde von den Twin-Sisters
Kapitel 3: 8A99

Der Flughafen Nach-dort war überfüllt von Touristen, geschäftigen Arbeitsreisenden und glucksenden Familien, die ihrem Urlaub entgegen strebten aus aller Herren Länder. Krushnak fiel es schwer, sich durch das dichte und gleichermaßen fremde Getümmel hindurch zu winden. Aber nichtsdestotrotz musste es sein. Sofortiges Gehorchen zählte zu seinem Beruf. Er war zwar ein freischaffender Gorilla, der Aufträge größtenteils nach Belieben annahm oder verweigerte, aber eine große Ausnahme bildete König Heleos aus Rosenbusch. Dieser hatte ihm wohl freundschaftlich ein gut bezahltes Angebot unterbreitet, per Fax, doch da Krushnak knapp bei Kasse war, man dem König ungern widersprach und man es als rechtschaffener Bürger seines Reichs nicht darauf anlegte im finsteren Schlosskerker zu schmoren, wusste Krushnak ganz genau, dass es mehr ein Befehl denn ein Angebot war. Soviel Krushnak schon wusste, handelte es sich bei seinem Auftrag darum, eine gewisse Terrorgruppe samt ihrem Standort aufzuspüren und festzunageln. Einzelheiten sollten ihm in der Hauptstadt erst von König Heleos persönlich offenbart werden. Aber generell waren Krushnaks Aufträge doch recht ähnlich gewesen: beschützen, Dinge oder Personen finden, oder schwerreiche adelige Schwächlinge, die zu feige waren, eine Tränengaspistole gegen Gesindel und dergleichen zu erheben, an andere Orte zu geleiten.
Der Orc seufzte. Seine roten Augen wanderten zu einem der vielen unterhaltsamen Wandfernseher in der großen überfüllten Halle. Gerade lief ein Fußballspiel der Albae aus dem Finkenbuchenwald gegen die Gobelin-Mannschaft aus Braunfurten. Das Spiel lief sehr zu Gunsten der Albae. Sollten die Spitzohren dieses Match gewinnen, lagen sie punktgleich mit den Grünwaldelben. Krushnak wusste, dass ein Spiel Albae gegen Elben den fast kriegerischen Völkerstreit der sich hassenden, wenngleich auch sich sosehr ähnelnden Spitzohren wieder anfachen würde. Wer dann auch immer gewinnen würde, sie würden sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Krushnaks Gedanken wanderten zurück zum Spiel.
Der Kommentator, wohl albischen Geblüts, wie man seiner unheimlich arroganten Parteiergreifung entnehmen konnte, brach gerade in ein freudiges Gejohle aus: "Und es steht 27:4 für die Albae aus dem Fiiiinkenbuchenwald! Das Spiel ist vorbei!! Die Albae treten morgen gegen die jämmerlichen Grünwaldelben an, jaaaa, zittert nur ihr schafsnasigen Elbenschw...!! Wir sehen uns nach einer kurzen Werbepause wieder, liebe Fußballfreunde. Dann machen wir ein Interview mit dem 20-fachen Albae-Torschützen Fethorias Coolemirinda, ganz nebenbei bemerkt der kleine Bruder des Goal-King und Abwehrspezialisten zugleich Bocke Coolemirinda."
Die Werbung des Football-Channels setzte ein. Krushnak seufzte leise. 'Warum musste meine Mannschaft schon nach dem ersten Spiel gegen die verlausten unbekannten Dunkelhainelben absteigen?', fragte er sich und sah von dem Fernseher weg. Die laute Masse hatte sich vereinzelt schon auf die Ausgänge verteilt.
"Letzter Aufruf für Flug 12:30 nach Rosenbusch, Ausgang 4, bitte!", ertönte eine Frauenstimme aus den Lautsprechern.
Krushnaks Gesicht überflog ein leichtes Grinsen. Auf ging’s nach Rosenbusch. Er folgte dem Aufruf und stieg in das Flugzeug, Modell 8A99, Gnom`sche Werke. Die Turbinen jauchzten auf und der weiße Vogel rollte zum Start an. Bald segelte er geschmeidig durch das Blau des Himmels. Das anfängliche Geruckel ließ merklich nach und Krushnak spuckte seinen Kaugummi aus. Wen er wohl zu beschützen hatte, falls sein Auftrag darum handelte? Für gewöhnlich waren es reiche Menschen- und Elbenschweine. Selbst Albae und Gnomprofessoren waren manches Mal darunter gewesen. Der Charthit "It`s rainin Elbs" vom Starsänger Borlando Oom, der das Casting "Schuh sucht den Superstar" gewonnen hatte, dröhnte in Krushnaks Ohren. Er erkannte sofort die Bedeutung und wühlte in seinem kleinen Krokodillederrucksack, bis er das Nokia-Handy gefunden hatte.
"Hallo?", meldete er sich zögernd, weil er befürchtete, es sei seine Mutter, die sich darüber beschwerte, dass er vergessen hatte, sich von ihr zu verabschieden. Doch es war nicht die Stimme der rüstigen Orkdame, die Krushnak aus dem Apparat vernahm.
"Hi, mein Schnuckelchen!" Krushnak fuhr erschrocken zusammen.
"Schnagburtz? Aber... woher kennst du..."
"Ach, deine Handynummer meinst du, Schnuckipups? War ein Kinderspiel deiner Mami vorzumachen, du seiest mein Kumpel... wenn ich auch nur dein Lover bin..."
"Schnagburtz! Lass mich endlich in Ruhe! Ich bin im Gegensatz zu dir NICHT SCHWUL!!!!!"
"Reg dich nicht auf, Schmackofatz. Schnaggi-Hasi wollte bloß wissen, wie es seinem Krushi-Puschi geht. Ich sehe mir gerade im Fernsehen die Balletmeisterschaft der Männer an. Krushnak-Puschelchen, du hast einen viel hübscheren Knackarsch als die alle zusammen, huhu!"
Krushnak lief vor Wut rot an. "Schnagburtz, ich sage es dir zum allerletzten Mal: ICH BIN NICHT, UND WERDE NIEMALS SCHWUL SEIN!!!!!!"
"Hach, es erregt mich doch jedes Mal von neuem, wenn du wütend wirst, mein süßes Krushi-Knuddelbärchen."
Krushnak schleuderte das Handy gegen die Flugzeugswand, wo es in tausend Einzelteile zersprang. Seine geballten Fäuste zitterten vor Zorn. 'Abschaum! Der allergrößte Abschaum! Elben, Albae, Gnome, was sonst noch alles hässlich Widerliches auf diesem gottverdammten Stück Erde kreucht und fleucht: Sie sind alle brave kleine Orkkinder im Vergleich zu diesem ABSCHAUM NAMENS SCHNAGBURTZ', regte sich Krushnak innerlich nochmals auf.
Seit sie klein gewesen waren, verfolgte der schwule Schnagburtz ihn nun schon. Aber sein Zorn auf Schnagburtz verflog augenblicklich, als er an die Elben, Albae und Menschen dachte. Mit Wesen wie Gobelins, Ogern und Riesen kam er ja noch größtenteils einigermaßen zurecht, aber diese popeligen Angeberrassen, genannt Herrscherrassen und hoch denkende Wesen? Niemals! Krushnak grunzte verächtlich.
Eine zwergische Stewardess mit Monsterhüften trat an seinen Sitzplatz heran. "Möchten Sie etwas trinken, mein Herr?"
Krushnak sah auf und schüttelte heftig den Kopf. Pah! Womöglich setzten sie einem Ork geronnene Elbenpisse vor. Dazu käme es gerade noch! Sein Blut begann innerlich zu kochen und seine Hände wollten gegen die "Hohen Rassen" rebellieren, ihnen den Hals umdrehen, den Garaus machen. Krushnak überwand seinen Tobsuchtsanfall so rasch wie er gekommen war. Er musste es. Er war ein Vertreter eines allseits gehassten Volks. Orcs wurden seit jeher als niedrig, grausam, empfindungslos, unberechenbar und bösartig eingestuft.
"Wollen Sie wirklich nichts? Wir haben auch extra harte Drinks auf Lager, Sir!", versuchte die Stewardess einen zweiten Anlauf.
"Einen doppelten Feuerschweif mit Chili-Rand, bitte!", gab Krushnak nach. "Und eine Packung getrocknete Mehlwürmer, wenn Sie haben."
"Kommt sofort, mein Herr."
Wenig später brachte sie ihm seine Bestellung. Nachdenklich knabberte der Ork an seinen Mehlwürmern und schlürfte das feurigscharfe Getränk. Kaum wer wollte einen Ork zum Bodyguard, wenn es andere gab... es gab andere... viele... zu viele. Krushnak besaß oft keinen roten Heller. Allzu oft weilte er in der Mietwohnung seiner Mutter, die als senile Rentnerin wenigstens über eine sichere Geldquelle verfügte. Er, älter als 50 Zyklen, und immer noch verdammt dazu, die Beine unter dem Tisch der Mutter auszustrecken. Das viele Denken bereitete ihm Kopfschmerzen. Ein Ork hatte nicht zu denken. Er war einfach nicht dafür geschaffen, zu grübeln, mit den Gedanken umher zu schweifen.
Der Flug ging seinem Ende zu. Das Ruckeln setzte wieder ein und Krushnak war froh, die Mehlwürmer zum Kauen zu haben. Er war angekommen - Rosenbusch.
 
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Und schon geht es weiter zum 4. Kapitel: "Der Aufstieg der Albae"

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