Mürrisch öffnete der Wachtmann das Tor und liess den Fremden
hindurch reiten.
"Sagt mir, guter Mann, wo finde ich etwas zur Stärkung?" fragte
der seltsame Reiter.
Der Wächter zeigte in eine Richtung und murmelte: "Dort gibt
es eine Gaststätte."
"Ich danke euch."
Es war eine stürmische Gewitternacht und ein eiskalter Wind
fauchte um die alte Gaststube "Roter Habicht". Alle Männer des Dorfes
waren dort versammelt. Sie tranken, aßen, lachten und erzählten
Geschichten.
Plötzlich flog die Tür auf und eine wahnsinnige Hitze
erfüllte den bereits warmen Raum. Ein großer, schlanker Mann
trat durch die Tür. Für seine Statur hatte er noch ein ziemlich
junges Aussehen, spitze Ohren, graue Augen und feuerrotes Haar, ein Elf.
Er setzte sich so nah wie möglich an das Feuer und bestellte Glühwein
und Schafsfleisch.
Neugirig kamen die Menschen näher. Da fasste sich der Wirt
ein Herz und fragte den Fremden: "Wer seid ihr? Woher kommt ihr? Wir haben
euch noch nie gesehen."
Langsam trank der junge Mann die Tasse leer und schaute den Wirt
mit seinen fast durchsichtigen Augen an.
"Mein Name ist Draconis, ich komme aus den Ländern des Nordens.
Arden, nannte ich meine Heimat." antwortete er ruhig.
Als das Wort Arden erwähnt wurde, brach ein heiteres Geflüster
aus.
Ein Zwerg konnte es nicht mehr unterdrücken und fragte mit
Verwunderung: "Du bist ein Überlebender der Schlacht bei der Elfenstadt
Arden? Hast du den Drachen gesehen, die die Elfen auf ihrer Seite hatten,
der aber von dem großen Ardolph von Bellingshausen enthauptet worden
ist?"
Langsam stand Draconis auf, wobei seine Augen ein feuriges Funkeln
aufwiesen. Manche der Anwesenden behaupteten sogar, dass sein Atem immer
noch dampfte, obwohl die Gaststube fast in Flammen aufzugehen schien.
"Das ist richtig, mein Freund, ich war ein Wächter des hohen
Turmes schon seit langer, langer Zeit, länger als ihr euch vorstellen
könnt, bis eines Tages Bellingshausener unsere Stadt einnehmen wollten.
Sie kamen mit einem Heer, das doppelt so groß war wie die Bewohner
Ardens, und sie kamen mit Drachenkriegern. Sie forderten den Schatz, das
Artefakt der Aristines, des hohen Turmes, den ich nun schon so lange bewachte.
Doch Pharmos, der elfische Stadthalter, verbot Adolph, dem Sohn
des Prefäkten Bellingshausen, sich unseren Schatz zu nehmen. So begann
ein erbitterter und ungerechter Kampf, den wir niemals hätten gewinnen
können, nicht einmal mit einem Drachen. Es war leicht, in die Stadt
zu gelangen, denn sie benutzten bronzene Rammbocke aus dem Westen. Sie
töteten alles, was ihnen in den Weg kam. Männer, Frauen, Alte
und Kinder. Als sie mich erreichten, bekämpfte ich sie mit allen Mitteln,
doch sie besiegten mich und ich rettete mich durch einen Trick. Viele Freunde
und Liebgewonnene verlor ich an diesem unglücksseligen Tage und so
auch das Artefakt der Aristines, das ich für immer schwor beschützen
zu wollen. Und nun bin ich hier..." Am Ende flüsterte er nur noch.
"Und was ist mit dem Drachen?", rief jemand aus der Menge.
Ein seltsames Grinsen breitete sich auf Draconis Gesicht aus. "Der
Drache kämpfte tapfer, doch es waren zu viele Menschen und zu viele
Drachentöter... er verschwand spurlos und wurde nicht von Adolph von
Bellingshausen besiegt, wie er behauptet, sondern ist geflüchtet.
Er könnte überall sein, sogar nahe dieses Dorfes."
Als die Männer dies hörten, wurden sie bleich und bekamen
Angst.
Ruhig ging Draconis zu dem Wirt, zahlte und schritt zur Tür.
Bevor er hinaus ging, drehte er sich um und sagte: "Lebt wohl."
Es war ein sonniger Morgen und die Vögel sangen. Aus der Ferne
erschallte Hufgetrappel. Langsam konnte man ein Ross und seinen Reiter
erkennen. Schlagartig verstummten die Vögel und kein einziger Laut
war zu hören. In der Mitte des Waldes machte das Pferd halt. Sein
Reiter, ein schlanker Jüngling mit rotem Haar, stieg von ihm ab und
verjagte es. Eine ganze Weile stand der seltsame Mann einfach nur im Wald
und hielt die Augen geschlossen. Doch plötzlich leuchtete er auf und
wurde zu einem riesigen Drachen. Er war hunderte von Jahren alt, jedoch
für einen Drachen noch ziemlich jung, anmutig und kräftig, so
rot wie Feuer und mit silbernen Augen. Elegant erhob er sich in die Lüfte.
Er flog über Dörfer, Höfe, Felder und Flüsse. Mit einem
einzigen Ziel: Bellingshausen.
© The
Fay
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