Dämonenwut
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Kapitel 2: Verbündete oder Feinde? (3) |
Unterwegs waren sie einigen Schreckgestalten begegnet, aber keiner hatte sie angesprochen oder angegriffen. Ob sie alle Respekt vor ihrem seltsamen Führer hatten? Vielleicht trug er den Namen Erzdämon doch nicht so ohne Grund. Plötzlich wurde sie aus ihren Grübeleien gerissen, als er sie ansprach. "Was starrst du mich die ganze Zeit so an?" "Das kann dir doch wohl egal sein! Dir geht mein Geruch und mein Geplapper auf die Nerven. Gegen den Geruch kannst du dir nur die Nase zuhalten und mein Geplapper habe ich eingestellt. Nervt es dich jetzt schon, wenn ich dich ansehe? Außerdem muss ich mich ja irgendwo dran orientieren. Bei uns ist es heller, als bei euch", erklärte sie immer noch sauer. "Schon gut!", meinte er dann und ging schweigend weiter. Was glaubte er wohl, warum sie ihn sonst ansah? Ihr Weg ging immer tiefer in den Wald hinein und es wurde auch nicht gerade heller. Er merkte, dass sie plötzlich näher hinter ihm ging. Man konnte über diesen Menschen denken, was man wollte, aber Temperament besaß sie im Überschuss. Auch ließ sie sich von ihm nicht einschüchtern. Nicht alle Menschen waren so direkt und unerschrocken, soweit er die Geschichten über sie kannte. Da waren sie wilde Bestien, die alle Dämonen ausmerzten, wenn sie einem begegneten. Doch sie hatte nicht einmal Hass auf ihn gezeigt, als sie wusste, dass er zu dem Dämonenvolk gehört. Ihre Angst stand in ihrem Gesicht, wie jeder Menschenfrau, doch bei ihr gab es keine Spur von Hass in den Augen, wie bei all den anderen. Außerdem trug sie ein Schwert! Von einer Frau mit Schwert wusste er nicht viel, nur, dass sie nicht stark waren. Wenn sie erst mal genesen war, würde er feststellen, ob das der Wahrheit entsprach. Jetzt gab es erst mal nur ein Ziel, sie musste zu dem Heiler im versteckten Wald. Danach würde ihre Reise endlich losgehen! Wenn sie doch nur nicht so langsam ging! Endlich tauchte vor ihnen ein Wasserfall auf. Er entsprang aus einer Felsspalte, die weit oben im Gestein war. Es handelte sich nicht um einen reißenden Fall, Taja konnte sehen, dass sich hinter diesem nur Felsen befand. Was also wollte er hier? Vielleicht eine kleine Rast machen und etwas trinken? Jetzt erst merkte sie, dass sie Durst empfand. Abschätzend begegnete er ihrem Blick. "Davon würde ich nichts trinken. Es sei denn, du hast Lust, dein weiteres Leben als Waldgeist zu verbringen. Warte bis wir beim Heiler sind." Eigentlich hätte sie sich ja denken können, dass es sich hierbei um so was handelte. Wenn er nichts trinken wollte, was dann? Er hob einen Stein auf und hielt ihn einen Moment in der geschlossenen Faust. Leise murmelte er etwas. Es handelte sich wohl um die Sprache der Dämonen, aber das schlimmste an der Sache schien die Tatsache zu sein, dass sie ihn verstehen konnte! Es hörte sich an, wie die Sprache, die ihre Eltern und sie benutzten, wenn sie unter sich waren. Jene Sprache, in der ihr Lieblingslied geschrieben worden war. Sie, Taja, kannte die Dämonensprache! Was hatten ihre Eltern denn mit Dämonen zu tun? Sie sah ihm geschockt zu, wie er endete und den Stein durch das Wasser in das Gestein warf - und das daraufhin verschwand. "Los geh da durch, gleich schließt sich das Portal wieder!" Sie konnte nichts sagen, sie konnte sich nicht rühren. Nein sie war schockiert. "Ich weiß, dass dich das verwundert, doch nun mach dich da durch!" Er packte sie am Arm und schmiss sie durch das Wasser und das Portal. Nicht einmal der Aufprall tat weh, wie betäubt lag sie auf dem Boden. Auch als er langsam an der anderen Seite rauskam, rührte sie sich nicht. Verwundert über ihr Verhalten, sah er sie abschätzend an. Am Ende schien er auch noch zu grob mit ihr umgegangen zu sein? Wütend sah er sie an. "Was ist los?" Sie blinzelte ein paar Mal und konnte ihn dann wieder richtig sehen. Stimmte ja, erst behandelte er sie unsanft und dann besaß er auch noch die Dreistigkeit, so ruppig zu fragen, was mit ihr los sei. Wütend sprang sie auf. "Was fällt dir eigentlich ein? Es geht auch nicht ganz so grob! Schließlich bin ich kein Sandsack", schimpfte sie weiter. "Warum bist du auch nicht gegangen, als ich es dir gesagt habe?" "Das ist kein Grund! Deine dämlichen Worte hättest du auch nochmal brummeln können." "Wozu? Einmal reicht normalerweise. Ihr Menschen seid doch nicht mehr normal. Deswegen seid ihr auch so schnell zu besiegen. Kaum seht ihr etwas Sonderbares stellt sich euer Gehirn ab und ihr verwandelt euch in Glotzgötzen. Aber wenn ich dabei bin nicht, merk dir das! Ich habe keine Zeit zu verlieren. Nun komm endlich!", knurrte er. Sie gingen weiter. Ihre Umgebung veränderte sich nicht viel. Noch immer gingen sie durch einen dunklen Wald. Taja schätzte, dass er nach seiner Beschwörung Eintritt in einen Teil des Waldes bekommen hatte, wohin nicht jeder kommen durfte. Hier waren sie allerdings nicht alleine. Überall rannten Gestalten umher. Sie strichen um die Bäume und sahen irgendwie anderes aus. Erst als sie nah an einem dieser Gestalten vorbei gingen, sah sie, warum. Sie waren durchscheinend. Sie konnte durch die Körper hindurchsehen, es handelte sich tatsächlich um Geister! Ihre Gesichter waren ausdruckslos. Waren das die Waldgeister, worauf er sie eben aufmerksam machen wollte? Unbewusst ging sie wieder näher an ihn heran und sah sich immer wieder um. Es gab wirklich viele Geister. Ob das alles Dämonen waren, oder gab es auch Menschen darunter? Er wusste es wahrscheinlich, aber ihn wollte sie nicht fragen. Dann endlich tauchte vor ihnen eine kleine Holzhütte auf, woraus es kräftig rauchte. Da wollte er doch wohl nicht rein? Für sie wirkte diese Hütte wie ein Hexenhäuschen, nur ohne Süßigkeiten. Das konnte nicht sein ernst sein. Einen so großen Aufwand, wegen solch einer Hütte. Um nichts auf dieser Welt ging sie in diese Hütte rein! "Wir sind da!", meinte er dann plötzlich. "Was, das hier soll es sein? Nein, nein und nochmals nein, da bekommst du mich nicht rein!", erklärte sie lautstark und begab sich auf den Rückweg. Sie ging jetzt einfach nach Hause! Zum Glück hatte sie sich gemerkt, welche Losung sie sprechen musste, um wieder nach draußen zu gelangen. Der König musste doch bestimmt Wachen an der Schlucht aufgestellt haben. Die würden sie schon hören, wenn sie rufen würde. Genau, das würde sie jetzt tun! Leider vergaß sie da eine Kleinigkeit! Einen gewissen Erzdämonen, der sie schon an den Haaren festhielt. Vorsichtig drehte sie sich um. Er sah sie nicht an, aber sein Griff war fest und ließ es auch gar nicht auf eine Verhandlung ankommen. "Du hast anscheinend was vergessen! Wir haben eine Abmachung!" "Das ist mir ehrlich gesagt egal. In diese Hütte geh ich nicht!" "Gut, wenn du mich besiegst, kannst du tun und lassen was du willst", meinte er ruhig. Sie wusste, dass sie nichts gegen ihn ausrichten konnte. Aber da rein wollte sie auch nicht. Was sollte sie denn jetzt machen? Gar nichts, oder eine Flucht versuchen? Taja besaß schließlich den Titel Meisterin im schnellen Reden. Vielleicht würde es gehen, bevor er sie erreichte. Es kam auf einen Versuch an. Mit einer gekonnten Bewegung befreite sie ihr Haar und lief in Richtung Wasserfall. Er seufzte kurz. Mit einem Sprung holte er sie ein und packte sie an den Haaren. "Ist dir klar, dass das weh tut?", beschwerte sie sich. "Deine eigene Schuld! Jetzt ist Schluss damit! Glaubst du, du würdest den Weg finden und selbst wenn, dich werden viele Dämonen wittern. Sollte es der erste nicht schaffen, so wird dich der zweite bestimmt in seine Klauen kriegen und dich ganz schnell verputzen." Er legte sie über die Schulter und ging gemächlich zurück. Den Eber hatte er vorne liegengelassen. Nun konnte sie sich wirklich seine Beute nennen und war dazu verdammt, in diese Hütte zu gehen. Ritterlich veranlagt schien er auch nicht zu sein, so trug man vielleicht seine Beute oder ein Stück Vieh, aber keine Frau! An ihren Beinen hielt er sie fest und sie konnte sich seinen Rücken von Nahem anschauen. Unaufhaltsam kamen sie der Hütte näher. Dort angekommen klopfte er mit der freien Hand an. Klopften Dämonen an? Diese Welt konnte einen wirklich verwirren. "Herein!", drang es von drinnen heraus. Es handelte sich um eine dunkle Stimme. Eine von einem Mann! Der Heiler schien auch noch ein Mann zu sein. Sie wusste, warum sie dort nicht hinein wollte. Doch ihr Träger schritt schon herein. "Seid gegrüßt, Tamjin!", hörte sie ihren Gepäckträger sagen. "Seid mir auch willkommen, edler Leron", antwortete der Andere. Er hieß Leron? Aber edel war er ganz bestimmt nicht. Warum musste sie alles aus zweiter Hand erfahren? "Was führt Euch zu mir?", fragte dieser Mann schon wieder. "Ich habe hier jemanden, der etwas Versorgung braucht!", erklärte Leron und nahm sie von der Schulter und ließ sie auf den Boden fallen. Der und edel? Niemals! Bei ihm handelte es sich um ein raues Schleifeisen. Taja sah sich um und blickte dann den Mann an. Sein Alter schätzte sie auf ein mittleres, wenn es sich um einen Menschen handele. Doch auch er gehörte selbstredend zu der Dämonenkategorie, sonst hätte sich doch unserer edler Kavalier nicht auf den Weg zu ihm gemacht! Dieser Dämon strotze nur von Hässlichkeit. Seine Hautfarbe war mehr grau als alles andere und seine Augen waren glubschig, wie die eines Fisches. Sein Haar glänzte strähnig und schon recht graudurchzogen. Verwundert und ebenso intensiv betrachtete er sich Taja. "Wie kommt Ihr denn zu so einer Frau, noch dazu einer menschlichen?", wollte er wissen. "Wie man sich halt so trifft, es handelte sich um einen Zufall. Doch sag mir lieber, wie lange es dauert, sie wieder auf trapp zu bringen!", forderte Leron. "Dann schauen wir uns das Dilemma mal an!", erklärte er dann. Hatte er jetzt wirklich anschauen gesagt? Das meinte er doch jetzt nicht ernst, oder? Abschätzend sah Taja ihn an und setzte sich auf. Das sollte er mal versuchen. Kaum ausgedacht griff er auch schon nach ihrer Rüstung. Schnell verlagerte sie das Gewicht auf ihre Hände und holte mit dem Fuß aus und trat ihn von sich zurück. Hart schlug er gegen die Wand. "Finger weg!", rief sie wütend. Verblüfft rappelte sich Tamjin wieder auf. "Sie hat eine schnelle Reaktion!", erklärte er, wobei er sich die Nase hielt. Auch der edle Erzdämon sah überrascht auf. Wie schnell sie sich bewegen konnte, und mit dem einen Tritt hatte sie Tamjin die Nase gebrochen. "Das tat weh!", tadelte Tamjin und holte sich ein Pulver vom Regal, das er dann inhalierte. Anschließend rieb er sich die Nase, als sei sie nie gebrochen gewesen. "So kann ich doch nicht sehen, was du hast!", sprach er dann. "Ich kann es dir einfach sagen!", murrte sie. "Wir haben keine Zeit für solche Spielereien. Willst du wieder geheilt werden, oder nicht?", mischte sich plötzlich Leron ein. "Wenn der mir an die Wäsche will, dann nein!", beschloss sie schnell. "Tja, verwundet bist du mir nicht von großem Nutzen. Dummerweise brauch ich dich und dabei kann ich keine Verletzungen dulden." Schnell packte er sie an den Armen und zog diese nach hinten. Tamjin hatte sich vor sie gestellt und pustete ihr irgendein Pulver ins Gesicht. Sofort merkte sie, wie ihr Körper schwer wurde und sie sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Wenn Leron sie jetzt wieder mal losließ, würde sie hart auf den Boden fallen. Ach, wie gut sie ihn doch schon kannte! Er ließ sie wirklich fallen, doch dieser widerliche andere Dämon fing sie auf. Dieser legte sie dann behutsamer ab, als ihr dämlicher Begleiter. Anschließend begann er ihre Rüstung und ihr Untergewand abzulegen, bis sie nur noch ihre Unterwäsche trug. Gottseidank hörte er dann auf. Mit den Händen strich er über ihren gesamten Körper. Hätte sie sich bewegen können, hätte sie sich geschüttelt. Er hatte unsagbar raue Hände. Außerdem tat es weh, wenn er über verletzte Körperpartien strich. "Wie sieht’s aus?", fragte Leron. Ihn hätte sie am liebsten auch geohrfeigt. Er hatte diesem Widerling geholfen, sie schachmatt zu setzten. Der sollte mal abwarten, wenn sie wieder gesund war, dann würde er nicht mehr so leichtes Spiel mit ihr haben. Noch immer strich die raue Hand über ihren Rücken und Nacken. "Schlimm, schlimm. Es verwundert mich, wie eine Normalsterbliche diesen Sturz überleben konnte. Sie hat den ganzen Rücken zertrümmert und hier und dort Verletzungen, von einer Schlacht, wie ich annehme", fügte er hinzu, als er auf ihr Schwert sah. Doch woher wusste er, dass die anderen Verletzungen von einem Sturz kamen? Wenn es wirklich so schlimm um sie stand, wie konnte sie denn dann bis hierher kommen? Dazu kam noch der Tritt eben. Wie konnte sie es geschafft haben, ihn noch so hart zu treten? Langsam wurden ihr diese ganzen Wunder unheimlich. "Wie lange?", wollte Leron wissen. "Ein paar Tage wird es schon dauern. Allein schon aus dem Grund, da ich sie die ganze Zeit betäuben muss. Drei Tage werden es sein!", erklärte Tamjin. "Schön, was willst du dafür?" "Ein paar schönere Waldgeister, als die da draußen. Sagen wir für jeden Tag, wo sie hier ist, eine junge Frau. Einverstanden?" "Also drei junge weibliche Waldgeister. Dann sehen wir uns in drei Tagen wieder. Und wehe, sie ist dann nicht wieder auf den Beinen!" "Keine Sorge, junger Herr. Sie wird wieder ganz genesen sein!", versprach Tamjin. Leron nickte nur knapp und verließ dann die Hütte. Wie konnte einer allein nur so kaltherzig sein? Er wollte drei Mädchen in diese schreckliche Geister verwandeln? Das war einfach unmenschlich. Was war sie dumm. Er gehörte ja nicht zu der Spezies Mensch! Für ihn handelte es sich bei so was wahrscheinlich um eine alltägliche Aufgabe. Jetzt wusste sie, warum Dämonen Dämonen waren. Was sie anging, sie war diesem widerlichen alten Heiler völlig ausgeliefert. Dieser packte sie auch schon und trug sie auf eine Liege. Dort wurden ihre Wunden mit Salben und Verbänden versorgt. Auf ihren Rücken streute er eine Anzahl verschiedener Pulver. Dazu kam noch, dass sie etliches an Tränken trinken musste, die einfach nur abscheulich und ekelhaft schmeckten. Diese drei Tage wollten gar nicht vergehen und Taja dachte, sie würde diese Strapazen nicht mehr überleben. Nach einer weiteren Behandlung schlief sie ein und wurde mit einem tiefen Schlaf gesegnet. Als sie aufwachte fühlte sie sich plötzlich so leicht. Vorsichtig bewegte sie ihre Finger. Sie konnte sie bewegen. Auch der Rest ihres Körpers schien nicht mehr gelähmt zu sein. Schnell setzte sie sich auf. Ihre Schulter, ihr Rücken, nichts schmerzte mehr. Die Verbände waren weg. Verwundert betrachtete sie sich. "Wundervoll, nicht wahr? Dein Körper ist wieder voll einsatzfertig!", erklärte Tamjin freudig. "Wirklich?" Taja stand auf und ging ein paar Schritte herum und stand nun wieder vor Tamjin. "Na, was sagst du?" Sie holte aus und schlug ihm die Faust aufs Auge. "Ich sage: Du bist ein widerliches Schwein!", schrie sie. "Das ist nicht nett, ich habe dir deine Beweglichkeit gegeben!", meinte er dann. "Gut, dass du mich dran erinnerst!" Wieder schlug sie ihn, dieses Mal auf den Mund. Keuchend fiel er ein erneutes Mal um. Sein Mund blutete und er spuckte einen Zahn aus. Zufrieden ging Taja zu ihren Sachen und zog sich an. Als sie fertig war, flog die Tür auf und herein kam Leron. Wütend blitze sie ihn an. "Wie ich sehe, warst du erfolgreich, Tamjin", erkannte er. "Ja, und wie. Es wäre besser gewesen, wenn nicht", seufzte er. Er ging an ein Regal und holte sich etwas, um den Mund abzuwischen. Sein Auge schwoll schon zu und wurde blau. "Was ist mit Eurem Teil der Abmachung?" "Kommt mit raus", forderte Leron. Alle gingen nach draußen. Vor der Hütte standen nicht drei sondern sechs neue, junge, weibliche Waldgeister. "Ich dachte mir bereits, dass so etwas passiert. Sieh es als Entschädigung!", sprach Leron. "Ihr wisst, wie man mich glücklich macht. Deshalb seid Ihr mir auch jederzeit willkommen." "Ich weiß. Nun denn, bis bald!" Leron drehte sich um und ging den Weg, den sie gekommen waren. Taja folgte ihm widerwillig. Er bekam noch seine Abreibung, sie hatte ihn nicht vergessen! "Ist dir das Schicksal dieser Frauen total egal?", fragte sie stattdessen. "Was geht mich ihr Schicksal an?" "Selbst ein Dämon wie du muss sich doch mal Gedanken machen. Du hast ihnen ihr Leben genommen!", fauchte sie wieder mal wütend. "Im Gegenteil. Sie haben nun ein ewiges Leben. Träumt ihr Menschen nicht immer davon? Sie wollten es alle sechs. Es waren Sklavinnen, sie haben sich den Tod gewünscht. Ist es so nicht besser?" "Nein. So werden sie ja ihr Elend nie los! Wenn sie tot wären, hätten sie keine Sorgen mehr." "Das haben sie so auch nicht. Sie leben in einem Wald, werden bestens versorgt und niemand kann sie dort finden!", erzählte Leron weiter. "Du hast absolut keine Ahnung von Frauen, lass dir das gesagt sein. Aber was gehen mich irgendwelche Dämonenfrauen an? Sag mir jetzt lieber mal, wo wir hin müssen, ich will wieder nach Hause." "Das wirst du sehen, wenn wir dort sind. Aber eines laß dir gesagt sein: es wird noch eine ganze Weile dauern und gefährlich ist die Reise auch noch. Die nächste Zeit wirst du deine Heimat nicht mehr sehen." "Na großartig. Ich weiß nicht wohin, ich weiß nicht, wie ich dir helfen kann, nur dass ich sobald nicht nach Hause kann. Das sind ja Aussichten! Ich frage mich alleen Ernstes, was ein Dämon nicht vollbringen kann und sich die Hilfe eines Menschen zu Nutze machen muss." "Auch das wirst du sehen, wenn wir da sind." "Sag mal, hast du keinen anderen Spruch mehr drauf? Ich bin kein willenloser Dackel, der dir überall hinfolgt." "Das bist du doch. Ich sage dir nicht, wohin es geht, und doch musst du mir folgen. Ach, und noch eins. Wenn du mich nicht wütend machen willst, dann nenn mich nie wieder einen Dämon! Ich gehöre zu den Erzdämonen!" "Woher sollte ich das denn wissen, du sagst mir ja nichts von dir, aber ich werde mich daran halten, wenn man deinem Ego damit helfen kann." Dieser Kerl wusste es, wie man jemanden auf die Palme brachte. Warum verschwendete sie eigentlich immer so viele Worte an ihn? Von nun an sollte sie ihm einfach folgen und warten, bis er sie endlich zurück brachte. Also folgte sie im wieder mal. Sie gingen durch den Wasserfall zurück und gingen nun wieder durch die anderen Wälder. Den ganzen Tag sah sie nichts anderes. Denn sie schritten Stunde um Stunde nur durch dieses dunkle Baumwerk. Wohin dieser Pfad wohl führte? Überall hin nur nicht nach Hause. Auch trafen sie hier in den Wälder auf einige Dämonen und wieder wurden sie nur angesehen und ansonsten in Ruhe gelassen. Was sollte also so gefährlich sein, dass er sie hat erst heilen lassen? Nachdem sie jetzt einen ganzen Tag gegangen waren, blieb er plötzlich stehen. "Bei euch Menschen ist es jetzt schon Nacht, willst du nicht auch etwas schlafen? Menschen brauchen doch immer ausreichend Schlaf." Warum erkundigte er sich nach ihrem Befinden? Da schien doch was im Busch zu sein! Aber jetzt eine Runde zu schlafen konnte nicht schlecht sein. Allerdings wusste sie nicht genau, ob das jetzt so gut war. Immerhin befand sie sich in einer anderen und fremden Welt. Im Schlaf überrascht werden wollte sie nicht. "Was ist nun? Willst du schlafen, oder nicht?", fragte er verstimmt. "Ja will ich!", knurrte sie. Wenn man sie schon so unhöflich fragte, dann konnte man sich ruhig schlafen legen. Sie legte sich an einen Baum und schlief auch schon bald ein. Leron setzte sich gegenüber von sie und schaute sie an. Diese Menschen waren von Schwächen nur so gezeichnet. Dämonen schliefen auch, aber nicht so oft wie sie. Weshalb musste ein Erzdämon wie er nur auf so ein schwächliches Volk angewiesen sein? Er musterte sie eine ganze Zeit lang. Sie trug noch immer ihr Schwert auf dem Rücken gebunden. Nahm sie es denn nie ab? Taja drehte sich um und sah hin an. "Was ist? Musst du mich die ganze Zeit anstarren? Ich kann dann nicht schlafen!", erklärte sie mürrisch und machte die Augen wieder zu. Sie bemerkte, wenn man sie anstarrte, selbst im Schlaf? Anscheinend war sie doch kein so normaler Mensch. Aber das wusste er schon seit langem. Sie fiel eine tiefe Schlucht herunter und lebte noch immer. Um was für ein Wesen handelte es sich bei ihr? Sie roch abscheulich nach Mensch und schien es doch nicht zu sein! Das würde er noch früh genug feststellen. Die Nacht verging schnell und Leron stand auf. Er besorgte etwas Wasser und trat dann zu Taja hin. "Es wird Zeit zum Aufstehen. Wir müssen weiter!", erklärte er dann. "Schon?" "Willst du bald wieder nach Hause, oder nicht?" "Jetzt weiß ich wieder, warum ich dich nicht leiden kann." "Das ist dein Problem! Hier trink was und dann gehen wir weiter!" Er reichte ihr einen Becher mit Wasser. Woher er den nun wieder hatte wollte sie dieses Mal außer Acht lassen. Schnell trank sie ihn leer und gab ihm den Becher zurück. Er nahm ihn und warf ihn weg. Stimmte ja, sie hatte daraus getrunken, dann konnte man so was ja nicht mehr anpacken. Grummelnd stand sie auf und folgte ihm wieder. Es war nun einige Zeit vergangen, die sie hier unten aushalten musste. Endlich gewöhnten sich ihre Augen an das schlechte Licht und sie sah mehr als zu Anfang. Daher ging sie meist schräg hinter ihm. Schließlich wollte sie ja kein Dackel von ihm sein! Den halben Tag verbrachten sie auch wieder in diesem Wald, doch dann kamen sie in eine Höhle. Na toll, da gefiel ihr der Wald um einiges besser. Hier spürte sie förmlich die Anwesenheit des Bösen. Schnell schloss sie wieder näher auf und ging neben ihm. Sie konnte ihn zwar nicht leiden, aber seine Nähe versprach etwas mehr Schutz. Eine ganze Zeit lang gingen sie so nebeneinander her. Ihr Weg führte sie in eine große Halle. An deren Ende erhob sich ein mächtiges Tor. Schnitzerreinen von abscheulichen Fratzen prangten dort. Fackeln erhellten das Tor und dessen Wachen. Es handelte sich um mehrere dieser seltsamen Mutanten. Sie hatte nun schon einige Dämonen gesehen, aber keiner schien vom Aussehen einem Menschen so ähnlich zu sein, wie ihr Begleiter. Sie durfte ihm das nie im Leben sagen, dann würde er austicken. Dieser dämliche Heiler ähnelte etwas den Menschen, aber diese Gestalten besaßen nicht die kleinste Menschlichkeit. Aber sie konnten den anwesenden Menschen sehr gut riechen. "Was haben wir denn hier? Den Geruch eines Menschen. Was macht ein Mensch in der dämonenreichsten Ecke? Wollt Ihr uns nicht aufklären, Erzdämon?", fragte eine der Gestalten. "Das kann ich euch sagen. Sie wird mir helfen, euch auszuschalten", erklärte Leron ruhig. Erschrocken sah Taja zu ihm hinüber, was behauptete er da gerade? Sie ihm bei diesen Wesen helfen? Sie wirkten um einiges stärker als die letzten Mutanten, die sie gesehen hatten. Diese hier trugen nämlich Rüstungen und waren noch um einiges größer. Aber um die Größe machte sich Taja nie Sorgen. Bei ihren Gegnern handelte es sich bisher immer um größere Exemplare. Allerdings gehörten sie auch alle zu Menschen. Grölend fingen die Mutanten an zu lachen. "Dieser mickrige Mensch soll uns was anhaben? Ha, dem zittern doch die Knie", lachte der Erste wieder. "Jetzt reicht es. Hört endlich auf, mich Mensch zu nennen! Ich werd dir gleich zeigen, was ein Mensch alles vollbringen kann", schnaubte Taja. Ihr Zittern in der Stimme blieb zum Glück unerkannt. Ihre Angst war wirklich groß, aber von ihnen beleidigen lassen, wollte sie sich auch nicht. "Mut hat dieser kleine Mensch ja schon!", höhnte er weiter. "Toll, und ne große Klappe könnt ihr alle Dämonen schwingen, aber steckt auch was dahinter?" "Du legst es drauf an? Glaub ja nicht, dass dich dieser mickrige Dämon neben dir beschützen kann. Hier haben nur die mächtigsten Dämonen Zutritt." "Das triff sich doch gut. Ein Erzdämon wird wohl mächtig genug sein, oder? Aber ich brauche seine Hilfe auch nicht, um mit dir fertig zu werden!", erklärte Taja nun wieder vollständig wütend. "Du hast wirklich einen frechen Menschen an deiner Seite. Wozu braucht eigentlich ein Erzdämon wie du einen kleinen Menschen?" "Das geht dich gar nichts an. Lasst uns lieber kampflos durch, sonst werdet ihr es bereuen!", sprach Leron ruhig. Also mal ehrlich, konnte den denn nichts aus der Ruhe bringen? "Ha, ihr werdet mit jeder Sekunde drolliger. Bitte, wenn ihr kämpfen wollt, zieht doch endlich eure Schwerter", lachte ihr Gegenüber. Die anderen Mutanten stellten sich nun zusammen und nahmen hinter ihrem Anführer Aufstellung. Dieser zog sein Schwert, welches viele Zacken besaß und bestimmt so groß wie Taja sein musste. Diese atmete einmal ein und zog ihr Schwert vom Rücken. Kaum aus der Scheide gezogen leuchtete es wieder stechend hell auf. Nicht nur diese Mutanten sahen erschrocken auf, auch Leron sah plötzlich zu ihr. Was machte dieses verdammte Schwert denn nun schon wieder? Warum hatten ihre Eltern sie auch nie über den Familienbesitz aufgeklärt. Bisher konnte sie es einfach schwingen, ohne dass so etwas passierte. "Was ist? Wenn euch ein leuchtendes Schwert schon abschreckt, dann solltet ihr weglaufen, ehe ich angreife!", grinste plötzlich Taja. Kaum ausgesprochen griff sie den Anführer auch schon an. Diese schaffte es nur knapp, ihren Schlag zu parieren, denn sie kam so schnell auf ihn zu und dieses Schwert blendete ihn einfach so. Die anderen Mutanten hinter ihm waren auseinander gesprungen. Leron besaß seine Selbstbeherrschung wieder und griff die Flüchtenden an. Taja griff indessen den Anführer immer wieder an. Sein Schwert war um einiges größer als ihres, doch sie konnte es immer mit Leichtigkeit abfangen. "Größe macht nicht alles!", erklärte sie ihm zwischendurch. Einer der anderen Mutanten war vor Lerons Schlag ausgewichen. Taja ließ kurz den Anführer frei und hielt den Flüchtling mit ihrem Schwert auf, keuchend fiel er zu Boden. "Nummer eins! Wenn du nicht auch so enden willst, dann lass uns durch diese verdammte Tür. Ich habe noch etwas anderes vor, als hier unten rumzurennen. Ergib dich endlich!" "Niemals! Du magst vielleicht einen von den Anderen ausgeschaltet haben, aber niemals mich!" "Das kann ich schnell ändern." Wieder griff sie ihn an. Seinen linken Arm verlor er schon mal bei diesem Angriff. Leron schlug gerade einen zu Boden und sah zu ihr hinüber. Seit sie das Schwert benutzte schien sie total verändert zu sein. Noch eben konnte er ihre Angst spüren, doch nun war nicht ein Hauch von Angst mehr da. Sie fühlte sich überlegen und ihre Kraft stieg immer mehr an. Wie konnte sich ein Mensch nur so verändern, wenn er kämpfte? Oder lag das an ihrem Schwert? Im Moment gab es keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen, sein Gegner warteten nicht auf ihn. Ihr Kampf setzte sich fort. Sie holte noch einmal aus und erlegte den Anführer. Anschließend schwang sie noch mal ihr Schwert und erledigte die restlichen Mutanten. Sie hob ihr Schwert und streckte sich mal richtig. Ja, das hatte sie vermisst. Ihre absolute Beweglichkeit. Taja blickte durch die Halle. Es waren keine Feinde mehr da. Also ließ sie ihr Schwert wieder auf ihrem Rücken verschwinden. Schlagartig wurde es wieder dunkel in der Halle, als der Schein ihres Schwertes verschwand. Leron kam auf sie zu und sah sie an. "Was ist?", fragte sie. "War das nun auch wieder falsch? Du hast gesagt, ich soll dir helfen, sie auszuschalten!", verteidigte sie sich. "Woher hast du das Schwert?", wollte er stattdessen wissen. "Von meinen Eltern. Es war unser Familienschatz. Allerdings haben sie mir nie erklärt, was es damit auf sich hat. Nun gehört es halt mir, warum?" "Es ist eine mächtige Klinge. Wie kamen deine Eltern zu so einem Schatz?" "Das hab ich doch gesagt, ich weiß es nicht! Es lag da und ich habe es genommen!" "Darf ich es mal sehen?", fragte er plötzlich. "Warum?" "Weil ich was sehen will!" Seufzend zog sie das Schwert und hielt es ihm hin. Sofort glühte es wieder auf. Er wagte es nicht, es zu berühren, doch er sah, was er sehen wollte. Mitten auf der Klinge war ein Zeichen eingebrannt. "Das habe ich mir gedacht!", erklärte er dann. "Was denn?", wollte sie wissen und steckte ihr Schwert zurück. "Es ist ein uraltes Schwert. Man fertigte es an, um Ungerechtigkeit auszumerzen. Allerdings verweilte es seit jeher im Besitzt mächtiger Kämpfer." "Willst du mir nicht die ganze Geschichte erzählen? Zum Beispiel, warum es andauernd leuchtet, das hat es sonst noch nie gemacht." "Das hätte mich dann auch sehr gewundert. Es leuchtet immer dann, wenn ein Dämon in der Nähe ist. Das Schwert ist schon so alt wie der Kampf zwischen Dämonen und Menschen. Früher konnten beide Rassen miteinander leben, doch dann fingen die Menschen an, uns für eigenartig zu halten. Plötzlich spalteten sich diese Rassen. Die Menschen hatten plötzlich Angst vor uns und wollten uns nicht mehr bei sich haben. Letztendlich bekämpften sie uns. Doch ein paar wenige Familien waren gegen diesen Krieg. Sie versuchten, uns Dämonen zu helfen und kämpften für uns. Für diesen Zweck wurden solche Schwerter gefertigt. Diese Familien wurden aber dadurch zu Außenseitern. Anscheinend war ein Ahne von dir auch solch ein Mensch. Deine Eltern wollten anscheinend dich da nicht mit hineinziehen und erzählten dir die alten Geschichten nicht. Doch der Kampf ging gegen uns aus. Man verbannte uns unter die Erde und bis heute gab es keinen Weg an die Oberfläche. Es haben sich eine Anzahl verschiedener Dämonenrassen gebildet. Mutanten, wie eben die, dann Halbdämonen und schließlich Erzdämonen", erzählte er. "Worin unterscheiden sie sich?" "Dämonen sind eben hundertprozentig Dämonen und die Halbdämonen nur halb. Die Erzdämonen sind die einzigen, die eine große Kraft und ein fast menschliches Aussehen behalten haben. Mit Abstand sind wir auch die Mächtigsten geblieben. Allerdings bilden sich diese Mutanten öfter mal ein, stärker zu sein, weil sie gefährlicher aussehen." Er schwieg. Anscheinend hatte sie die Vergangenheit wieder aufgefrischt. Sie wusste selber, wie weh so etwas tat. Sie sollte ihn in Ruhe lassen. Immerhin konnten sie sich nun zum ersten Mal vernünftig unterhalten. So viele Fragen lagen ihr noch auf der Zunge, doch sie sollte lieber damit warten. Immerhin gehörte sie zu der Rasse, die seine damals bekriegte. Er musste einen wichtigen Grund haben, sonst würde er nie zulassen, dass sie lange in seiner Nähe blieb. Sie folgte ihm zum Tor. Er legte seine Hand drauf und sprach einige Worte in der Dämonensprache. Jetzt wusste sie wenigstens, warum sie die Sprache der Dämonen kannte. Sollte sie ihm sagen, dass sie ihn verstehen konnte? Sie entschied sich dagegen und folgte ihm lieber in die neue Höhle hinein. © Angel
Taja
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