Blubbernd versank ein Stein in der heißen
Flut der Lava. Insgesamt bot sich dem Betrachter eine alles in allem sehr
unwirkliche Landschaft.
Kahle Gerippe von Bäumen, welche bereits
vor Jahren schon das einst grüne Leben aushauchten, als der Odem des
Schwefels begann, die Landschaft einzuhüllen.
Das einzige Licht, welches etwas Möglichkeit
einer Sicht auf die skurile Umgebung gab, ging von dem breiten Lavastrom
aus, der sich von dem Vulkan in der Ferne aus mitten durch die karge und
leblose Gegend schlängelte.
Auch sonst zeugte nichts von einer möglichen
Botanik.
Irgendwo, mitten in einer Felsformation, die
wie ein mitten in der Bewegung erstarrter Tänzer anmutete, konnte
man die Umrisse einer riesigen, trutzigen Burg erkennen. Passend zu dieser
ganzen, unwirklichen Szenerie wurde die Burg und das dahinter liegende
Gebirge mit dem qualmendem Vulkan von den Blitzen eines schweren Gewitters
erleuchtet, der Donner in der Ferne deutete unüberhörbar die
Heftigkeit des Unwetters an.
Von weitem formierte sich nicht nur der große
Wolkenkeil, sondern auch ein Zug einer sehr merkwürdig anmutenden
Formation eines Trecks. Sowohl anmutige Echsen, die typischen schmalen
Umrisse von Elfen jeder Rasse, als auch plumpe Gnome und tumbe Reisentrolle,
allesamt in nicht zu ihnen passend wirkenden Kutten und auch teilweise
bis an die Zähne bewaffnete Rüstungen und Kettenhemden gewandet.
Der merkwürdig anzusehende Zug bewegte
sich, begleitet von den Klängen eines schauerlichen Gongschlages,
welcher in unregelmäßigen Abständen geschlagen wurde, an
der Burg vorbei.
Mitten in jenem Zug wurde eine schwarze Sänfte
sichtbar, aus deren Fenster ein violettfarbenes Leuchten immer wieder als
Flackern erkennbar wurde. Irgendwie mutmaßte diese Farbe an die Irrlichter
eines Moores.
Fast war diese unheimliche Prozedur an der
Burg vorbeigezogen, als von dort deren Zugbrücke mit einem widerlichen
Quietschen eilig herabgelassen wurde. Die Brücke hatte den Boden kaum
berührt, als bereits die Klauen einer N'ehr-Echse - ein mächtiges
Drachentier, welches nutzbar sowohl als ein sehr wendiges und schnelles
Reittier, als auch zu Luft als furchterregender Gegner in Schlachten eingesetzt
werden konnte - über diese preschte und auf die Sänfte zuhielt.
Der Reiter des Tieres konnte sich, scheinbar
aus mangelnder Erfahrung und nicht eins mit seinem Tier, kaum auf dem dahingaloppierenden
Tier halten, flog, als es abrupt neben der Sänfte zu halten kam, beinah
über dessen Kopf hinweg.
Ein belustigtes Lachen, dennoch leise und
dezent, fast schon unterdrückt, ertönte aus dessen Inneren.
Leise fluchend, ob des peinlichem Auftritts,
wartete der Bote nun geduldig, bis der Zug anhielt und die Sänfte
von den Trägern zu Boden gelassen wurde.
Die Träger keuchten erschöpft auf,
war das Marschtempo in den letzten Stunden doch mehr als scharfgehalten,
und somit waren sie sichtlich erleichtert, etwas Luft schöpfen zu
können.
Der Bote vergaß wohl aus welchen Gründen
auch immer seine gute Erziehung, als sich die Tür der Sänfte
öffnete, starrte schier die in von Schleiern verhüllte, dennoch
eindeutig zarte, zierlich gebaute Gestalt an, welche mit anmutigen, geschmeidigen
Bewegungen die Sänfte verliess. Die eindeutig weibliche Person richtete
sich erst zu ihrer vollen Grösse auf, als sie die Sänfte gänzlich
verlassen hatte.
Große, grünlich gelb glänzende
Augen musterten durch einen Schlitz von mehrere Lagen hauchdünner,
hellgrüner Schleier, welcher über und über mit kleinen Splittern
von Smaragden besetzt waren, den erschöpften und verunsichert wirkenden
Boten vor sich, kurz schienen sie aufzuleuchten.
Der Blick schien den ohnehin nervös wirkenden
Mann noch mehr aus der Ruhe zu bringen, sein Adamsapfel hüpfte sichtbar
mehrmals auf und ab, bis ihm endlich einzufallen schien, dass er sich ihr
gegenüber mehr als unschicklich verhielt, viel zu spät besann
er sich, erstarrt wirkend unter dem Blick dieser unergründlich wirkenden
Augen, auf die Ermahnungen seines Vorgesetzten, als jener ihn vorhin losschickte...
mit einem eindeutigem Auftrag, doch zu spät: "Und denk dran! Sieh
ihr NIE, hörst Du, Junge, NIE unaufgefordert in die Augen. Dorsha
Khavesha ist eine Reingeborene ... eine wirkliche!"
Die Worte des Vorgesetzten zogen sich als letztes
durch das Hirn, als mit einem grauenvollen Knistern sein Körper in
gelblichgrüne Flammen aufging und innerhalb von Sekunden mit dem Wind
als Asche davongetragen wurde.
Dî Khavesha seufzte kaum hörbar,
den letzten Staubpartikeln des Unglückseligen nachblickend, die träge
nun zu Boden rieselten, als der Wind sich wie auf ein unausgesprochenes
Kommando legte.
Der vordere Träger der Sänfte verließ
seinen Platz und ging zu der Sänfte, um der Abtissin die Türe
zu öffnen. Nicht nur, um sich zu schützen, auch des Respektes
willen waren die Augen des Mannes zu Boden gerichtet.
Während die Frau, die sich in keiner
Weise anmerken ließ, was sie aufgrund des Vorfalles empfinden könnte,
einstieg, flüsterte er kaum vernehmlich zum Fenster der Sänfte
hin: "Ihr hättet ihn doch warnen können... Er war noch nicht
lang in der Horde."
Eine tiefe, warme Stimme, die jedoch jetzt
eine gewisse Schärfe mitschwingen ließ, ertönte aus dem
Inneren der Sänfte und ließ ihn sofort verstummen: "Wenn er
schon an IHR gescheitert ist, so möchten wir nicht erfahren, wie diese
Narren dort in diesem Pompstall von Burg weiterhandeln, so wir aussteigen
und uns zeigen würden."
"Ihr sprecht wahr, Dorsha." Die Angesprochene
in der Sänfte zog nur kurz die dunkelen Schleier, die sich gänzlich
von denen der gerade Eingestiegenen unterschieden, vom Gesicht, um die
Burg besser begutachten zu können, an der sie nun endlich vobeiziehen
würden.
Ihre Dienerin verhüllte just in diesem
Moment wieder ihr Antlitz. Sie war lediglich, wenn auch bereits mit beträchtlichen
Fähigkeiten, Trägerin des Kreises vom zweiten Ring des Feuers.
Khavesha selbst war sehr einsam, obgleich äusserlich
so wunderschön wie der junge Tag, doch hatte seit Äonen schon
kein Lebewesen, egal ob Mann oder Frau, ob Kind oder Greis, mehr in dieses
Antlitz geblickt. Ihre Macht war ihr Fluch... Nie sollte ihr vergönnt
sein in liebende Augen zu sehen; sollte sie je den Blick erwidern, war
es um den Freier geschehen, ehe er ausgeatmet haben würde.
Khavesha hatte einst als junge Maid den Zorn
ihres Meisters, einem üblen Schwarzmagier, auf sich gezogen, als die
junge Maid sich ihm verweigerte. Nicht nur der Fleischeslust war sie ihm
nicht zugetan, nein, auch mehr noch hat er von ihr gefordert. Sollte sie
ihm doch, um zu zeigen, wie sehr sie ihm zu Willen wäre, ihre Brüder
und Familie verraten, die Mutter gar ermorden.
Ihre List, ihn zu täuschen, schlug fehl,
eine neidische Magd trug ihm in ihrer dummen Eifersucht den Plan zu.
Er strafte sie gar fürchterlich, als er
sie in die Finger bekam.
Nach sieben langen, gnadenlosen Jahren in
seinem tiefstem Verlies, ließ er sie "teilhaben" an einem "Unterricht",
welchen sie nie mehr vergessen sollte, wie auch, denn jedesmal, wenn etwas
wie just eben geschah, sah sie IHN erneut, fühlte feurigen Male seines
Odems... schrie auf, als sie in jene Abgründe blickte, welche sie
in seinen toten Augen erblickte... hörte seine Stimme, kratzig und
widerlich, dicht an ihrem Ohr, als er sich hierbei an sie presste: "Schöne
Augen machen kannst Du wohl, doch verderben sollen sie zugleich! Mich verschmähst
Du, voll Abscheu, mißachtest meinen Auftrag. So sei denn ein Fluch
für jedermann, für allezeit, jedes Leben, das in Deine Augen
sieht. Sei der Tod für jeden und jedes, das Deinen Leib berührt,
Deinen Atem auf der Haut verspürt. Sprich zu Ihnen nur ein Wort, so
sei deren Leib in einem Monat schmerzlich dann verdorrt." Der Magier lachte
grauenerregend, als er das Ritual ohne Gefühl an ihr vollzog.
Mit keiner Regung interessierte ihn dabei,
durch welche Höllen sie dabei ging, bis die Qualen sie um ihren Verstand
brachten und endlich gar ihn um Gnade anflehte.
Doch längst war es dafür zu spät
und selbst wenn er gekonnt hätte, sie war längst verloren...
Dies war also ihre Macht... und doch auch
Fluch.
Denn wer schon würde unter diesen Umständen
ein Leben an ihrer Seite wollen? So hatte sie sich dem Tempel des hellen
Sternenkreises zu Diensten gestellt, war die Pfade der Lehre und Forschung
gegangen, nachdem man heraus fand, dass jene, die andrem ihr Interesse
und das Leben gewidmet hatten, gefeit waren ob ihrer Gegenwart. Dieses
Wissen war zuweilen ihr einziger Halt.
So zog die Karawane weiter gen Gebirge, noch
immer durchzuckte schweres Gewitter das Firmament.
Gegen Abend endlich konnten sowohl die Krieger,
als auch die Reisenden ein wenig zur Ruhe kommen.
Der Zug aus Mensch und Tier machte Halt, kaum
dass die Einöde des flüssigen Feuers gänzlich hinter ihnen
lag. Eilig wurde das Lager aufgeschlagen und die kleinen Schlafzelte aufgestellt.
Die schwarze Sänfte glitt weit hinter
den Kriegern wieder zu Boden.
Khavesha und ihre Dienerschaft erreichten
alsbald eine eigene Lagerstätte.
Bald nachdem alle sich bei einem kargen, aber
doch sättigenden Mahl gestärkt hatten, erklangen von den Feuern
der Soldaten vereinzelt die Töne kleinerer Blas- und Trommelinstrumente,
auch vereinzelt Maultrommeln.
Die Söldneramazone Khavesha glitt lautlos
zurück in ihre Sänfte, als sie ihr Mahl beendet hatte, doch auch
sie summte leise die Melodie der Soldaten mit, begleitete die leisen Lieder
mit einer wohlklingenden, hörbar trainierten Stimme.
Nach und nach wurde es still an den Feuern,
die Strapazen des Tages forderten ihren Tribut, lag doch auch morgen wieder
ein genauso anstrengender Tag vor ihnen und galt es, die gleiche Marschstrecke
zu bewältigen.
Weder die Amazone mit den magischen Fähigkeiten,
noch ihre echsenhafte Dienerin schliefen wirklich. Das Antlitz der Dienerin
verzog sich zu einer skurrilen Fratze im Halbdunkel der Sänfte, wenn
sie versuchte zu lächeln, wann immer sich die Blicke der beiden Frauen
im Halbdunkel trafen.
Irgendwann endete auch diese schlaflose Nacht
für die beiden Frauen. Stunden, in denen beide, unbemerkt von allem,
aus dem Lager verschwanden und auch ihre Rückkehr nach endlosen Streifzügen
niemandem aufgefallen war.
Als die ersten Sonnenstrahlen die Wipfel der
Bäume berührten, begaben sich die beiden Frauen wie auf ein lautloses
Kommando zurück in die dunkle Sänfte.
Tage später erst fanden Spähtrupps
der Burg die Überreste von bis zur Unkenntlichkeit verbrannter Kreaturen...
besser gesagt die in den Boden eingebrannten Umrisse derer... dennoch wussten
sie, dass es die Vasallen waren, die ihr Herr ausgeschickt hatte, um die
Karawane um deren Reichtümer zu erleichtern.
© TaShiRa
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