Trio Infernale von Sylvia und Cancelot
Die reale Drachental-Satire
Freund oder Feind?

Sie blickte wieder nach unten in die Tiefe und versuchte dabei zu lächeln, doch Hansevogel spürte wie schwer es ihr fiel. Langsam begann sie mit ihren zarten Flügeln zu schlagen, wobei diese sich wie mit einem zarten blauen Licht aufzuladen schienen, stieß sie sich vom Brunnenrand ab und sprang in die Tiefe.
"Nein... Stibitzi...." rief Hansevogel erschrocken und schlug aufgeregt mit seinen Flügeln.
"Alles in Ordnung, keine Angst", erklang es hohl und dumpf aus dem Brunnen. Unruhig hüpfte Hansevogel hin und her, sich ständig umsehend nach eventuellen anrückenden Feinden.
"Kannst du schon was sehen? Hast du ihn? Soll ich dir helfen?" Der Arme war furchtbar aufgeregt und machte sich schreckliche Sorgen. Das leichte Schimmern von Stibitzi’s Flügel verblasste zusehends.
 "Ja... alles in Ordnung, wirklich", klang es von unten empor, ganz wie ein zartes Flüstern.
Hansevogel spähte in die Tiefe und sah wie etwas nach oben getrudelt kam, hin und wieder gegen die Brunnenwände stieß und ab und zu wieder ein Stück nach unten sackte, so als würde der Wind ein neckisches Spielchen damit treiben.
Neugierig behielt er das Geschehen im Auge und erkannte dann einen Hut, der ihn plötzlich fast vom Brunnenrand stieß, so schnell kam er das letzte Stück nach oben geflogen.

Hansevogel und der Zaubererhut am Brunnenrand... ;-)
© by Sylvia

"Hansevogel... hast du ihn?" Er konnte kaum verstehen was sie zu ihm sagte, so leise war ihre Stimme nun. 
"Ja, hab ihn. Komm wieder hoch!"
Doch es kam keine Antwort.
"Stibitzi?"
Wieder nichts. Seine Stimme hallte von den Wänden und hinterließ ein dumpfes Echo.
Was sollte er nur tun? Konnte er was tun? "Hörst du mich? Stibitzi?" rief er, bemüht seiner Stimme einen zuversichtlichen festen Klang zu verleihen.
"Ja... ich..." und dann "Hansevogel, du musst losfliegen, ich werde so schnell wie möglich nachkommen. Bitte.."
"Stibitzi, was ist denn? Ich fliege auf keinen Fall los! Warum kommst du denn nicht hoch?"
"Ich ... ich kann nicht, es geht nicht!" Ihre Stimme klang sehr leise, verzweifelt und wütend.
"Es geht nicht? Warum geht es nicht?" Hansevogel starrte völlig ratlos hinab in den dunklen Schacht.
Er hörte ein leises schluchzen und es schnürte ihm fast den Hals zu, so traurig hörte es sich an.
Missmutig betrachtete er den Hut, der total zerknüllt und verschmutzt neben ihm lag. "Wegen einem blöden Hut" ging es ihm durch den Kopf. "Nur wegen einem Hut!"
"Ich habe nicht mehr genügend Kraft... wahrscheinlich war ich zu lange ein Fass. Doch du hast sie, also flieg los, nichts ist jetzt wichtiger als der Hut. Und beeil dich!" rief sie.
"Aber... aber was wird aus dir? Ich kann dich hier doch nicht alleine lassen!"
"Doch du kannst.. und du musst. Mir wird hier unten nichts passieren und wenn ich mich ausreichend erholt habe, werde ich so schnell wie möglich zu euch kommen."
Hansevogel seufzte schwer und konnte sich kaum vom Brunnenrand lösen. Doch dann griff er kurzentschlossen den Hut mit seiner Krallenhand und machte sich auf  den Weg.

***

"Aaaaaaaachtung!" brüllte der Magier über den Kopf des Drachens hinweg. 
Als hätte jemand die Zeit angehalten, standen sofort alle still, ja es schien sogar als würden sie nicht mehr atmen. Kein Rasseln oder Scheppern, nicht einmal die Kopfbüschel der Möhrenarmee bewegten sich noch.
Fies grinsend ließ der Magier seinen Blick über  seine Armee schweifen. So viele waren sie inzwischen, ein ungeheuer großes furchteinflössendes Heer.
Sein Blick irrte suchend durch die Reihen und verharrte schließlich auf einem der Plattladine.
"Du.. komm zu mir", befahl er ihm.
Gehorsam trat der Plattladin hervor und eilte zu Reigami, wo er sofort wieder Haltung annahm.
"Meister, ihr wünscht?" flüsterte er respektvoll, ohne auch nur ein einziges mal in Richtung des Drachen zu blicken, der den Plattladin nicht eine Sekunde aus den Augen ließ und jede seiner Bewegungen verfolgte.
Reigami betrachtete ihn ausführlich und sagte: "Ihr und eure Mannen werdet euch zu meinem Turm begeben und dort Stellung beziehen. Sicherlich werden sie dort auftauchen, um sich das eine oder andere Kleinod unter den Nagel zu reißen, vermute ich."
"So soll es denn sein" Der Plattladin salutierte und schritt ohne ein weiteres Wort umgehend zurück zu seinen Männern.
"Hier lang", rief er und schon setzten sie sich wieder in Bewegung, die Waffen kampfbereit in den Händen, den Blick siegesgewiss nach vorne gerichtet.
Palalaus, der Anführer, schritt allen voran mit weitausholenden Schritten. Er war sichtlich erleichtert aus der Nähe dieses unheimlichen Drachen zu gelangen, der schon zwei seiner Männer in steinerne Statuen verwandelt hatte.
Als sie mehrere hundert Meter zwischen sich und dem Möhrentrupp des Magiers gebracht hatten, hörte er wie einige seiner Männer zu tuscheln begannen.
"Was für ein Mistvieh..."
"Hast du das auch gerochen? Das ist der Tod, glaubt mir, der leibhaftige Tod!"
"Genau.... und habt ihr seine Schuppen gesehen? Nicht ein Fünkelchen Licht spiegelt sich in ihnen, das ist eine Ausgeburt der Hölle!"
Palalaus verstand das Unbehagen seiner Männer, aber sie waren Söldner und keine Marktfrauen.
"Ruuuuuuuhe da!" brüllte er und blickte drohend nach hinten.
Sofort kehrte Stille ein und schweigsam setzten sie ihren Marsch fort. Palalaus grübelte, ob es richtig war sich dem Magier anzuschließen - aber die Belohnung schien verlockend groß und außerdem wollte er es diesem Drachen heimzahlen, der seine Männer als lebendige Tennisbälle benutzt hatte.

Ein Plattladin... oder sogar Palalaus selber? Hm... gute Frage, nächste Frage ;-)
© by Sylvia

Wind kam auf und am Himmel zeichneten sich die ersten Anzeichen eines herannahenden Gewitters ab. Palalaus befahl den Männern ein schnelleres Tempo und überlegte, wo sie vor dem heranziehenden Unwetter Schutz suchen konnten. Er entsann sich, in dem kleinen Wäldchen einst eine Höhle gesehen zu haben. Sicherlich bot sie ihnen einigen Schutz. Seine Männer behielten freiwillig das schnelle Tempo bei, keiner von ihnen verspürte bei einem Blick auf die sich auftürmenden dunklen Gewitterwolken große Lust zu trödeln und so erreichten sie ziemlich schnell den Turm mit seinem angrenzendem Wäldchen. Die ersten, dicken Tropfen fielen bereits hernieder und begannen den trockenen Boden unter ihren Füßen aufzuweichen. Eilig liefen sie an den Überresten des Turms  vorbei der nun komplett auseinander gefallen war nach der seltsamen "Geburt" des Drachen und verzogen sich in den hinteren Teil des Gartens .
Der Regen wurde nun immer stärker und der Wind begann mit einem wütenden Fauchen über das Land zu fegen. Palalaus und seine Männer hatten die kleine Höhle endlich erreicht und die dichte Blätterwand vor ihnen gewährte etwas Schutz vor neugierigen Blicken. Schnell richteten sie ein kleines Feuer in der Mitte der Höhle und einige seiner Männer setzten sich hin und begannen ihre Speere und Säbel zu polieren. Missmutig starrte Palalaus zwischen den Zweigen hindurch. Warten... warten war das schlimmste. Es machte mürbe und müßig und brachte jedermann nur auf dumme Gedanken. Gerade wollte er sich abwenden und sich zu den anderen ans Feuer setzen, als er etwas hörte. Ein Geräusch drang an sein Ohr. Er besaß ein sehr feines Gehör und wusste instinktiv, dass dieses Geräusch keineswegs vom Wind verursacht wurde. Angestrengt lauschte er.... da, da war es wieder.
Er winkte zwei seiner Männer zu sich heran.
"Da ist etwas..."
"Wo?" fragte der eine und schaute irritiert umher.
"Na da draussen, hat er doch gesagt, hat er doch!" antwortete der andere mit einem dümmlichen Grinsen. Palalaus seufzte tief. "Mann, sind die blöd, aber egal..."
"Hört ihr das?"
Fragend sahen sie sich an und blickten dann wieder zu Palalaus. "Nein, nichts"
 "Kommt mit." Zielstrebig drückte er sich durch das Buschwerk. Regen prasselte ihm entgegen und stach wie kleine Nadeln in seine Haut und der Wind drückte sich mit solch unglaublicher Kraft gegen ihn, als wolle er ihn wieder ins Gebüsch zurückschieben. Doch unbeeindruckt aller widrigen Begebenheiten sah er sich suchend um. "Verflixt noch mal, warum war denn jetzt nichts zu hören?" Seine beiden Begleiter sahen ihren Anführer recht vorwurfsvoll an. "So eine Sauerei, uns bei dem Sauwetter rauszujagen" stand ihnen ins Gesicht geschrieben, aber der Respekt verbot ihnen, auch nur einen Ton zu sagen. "Alles absuchen", befahl er kurz und bedachte die beiden mit dem finstersten Blick, dessen er mächtig war und der von vornherein jede Diskussion beendete.
Auch er suchte weiter, rannte kreuz und quer durch den Garten des Magiers, sprang über aufgeweichte Beete und vernahm ganz deutlich zwischendurch immer wieder dieses Geräusch, das sich durch Wind und Regen in seine Gehörgänge bohrte und ihn nicht in Ruhe ließ.
Doch nirgends war etwas auszumachen.
Total durchnässt setzte er sich schließlich auf den Brunnenrand und schlug wütend mit seinen schweren Stiefeln gegen die Mauer. Er wollte gerade einen Stapel übelster Schimpfwörter loslassen, als er es wieder hörte, diesmal jedoch deutlicher und klarer als zuvor.
Ganz langsam drehte er sich um und sah hinab in den Brunnen.
Natürlich...  jetzt erkannte er es ganz klar:
Feengesang!
In dem Brunnen saß eine Fee! "Eine Fee" murmelte er, " eine Fee, eine Fee... " und dann brüllte er so laut es ging um sich über das Getöse des Windes hinwegzusetzen: "Hier her, ich hab es gefunden!"
Sofort stürmten alle Plattladine aus dem Gebüsch, die Waffen in der Hand und umkreisten den Brunnen als säße der Leibhaftige persönlich in ihm.
"Ich brauche ein Seil, sofort!" Kaum zu Ende gesprochen, warf ihm auch schon einer seiner Soldaten eins zu. Manchmal, das wusste er, waren sie einfach zu dämlich.... aber keiner war schneller und zuverlässiger als einer seiner Männer, wenn es darauf ankam.
Er beugte sich wieder über den Brunnenrand und rief: Hallo... du da unten, kleine Fee, kannst du mich hören?"
Es kam jedoch keine Antwort.
"Hey... ich weiß, dass du da unten bist und weißt du was? Ich weiß auch, dass du eine Fee bist, ich hab dich singen hören."
Stibitzi spitze ihre Ohren. Ihr war furchtbar kalt und sie war vollkommen durchnässt, ihre Flügel klebten zusammen wie zwei nasse unansehnliche Lappen und das Wasser im Brunnen stand bereits bis zu ihren Knöcheln, aber durfte sie sich verraten? Stimmt, sie hatte gesungen... aber Menschen, und zu dieser komischen Rasse gehörten die Plattladine schließlich, konnten den Gesang einer Fee nicht hören.
"Meine Großmutter erzählte mir immer viel über euer Volk..... und lehrte mich eure Lieder zu verstehen. Nun komm schon, du brauchst keine Angst zu haben"
"Ihr lügt!" rief sie nach oben.
"Nein, ich gebe dir mein Wort!" schallte es wieder hinunter.
Stibitzi überlegte fieberhaft. Hier unten war sie einigermaßen sicher... aber sie konnte auch nichts weiter tun als zu frieren oder vor sich hin zu zittern. Oben war sie wahrscheinlich nicht sicher... aber die Chancen für eine Flucht standen weitaus besser, wenn sie erst mal aus diesem blöden Brunnen heraus war.
"Wirklich?" fragte sie noch einmal nach. Sie sollten ihren Sinneswandel nicht zu schnell bemerken.
"Aber natürlich wirklich. Wir werfen dir ein Seil herunter, einverstanden? Wenn du soweit bist, ziehst du einmal kräftig daran, dann holen wir dich hoch, ok?"
Palalaus war furchtbar aufgeregt. Er hatte noch nie eine Fee gesehen, nur von den Bildern die seine Großmutter besaß kannte er sie und schon immer wollte er sie einmal sehen, ihnen gegenüberstehen und in ihre unendlich tiefen Augen sehen. Jetzt war es endlich soweit und sein Herz, sein hartes altes Soldatenherz machte Sprünge wie ein Gummiball.
Das Ruckeln am Seil war kaum zu spüren und so vorsichtig wie es nur ging, zog er das Seil nach oben.
"So... alles in Ordnung, siehst du? Da drüben ist eine schöne warme Höhle, da bringen wir dich jetzt hin - und keine Angst, niemand wird dir etwas tun." Freundlich lächelte er das kleine zarte Wesen an , das dort am Seil hing wie ein Fisch an der Angel und redete zu ihm wie eine Mutter zu ihrem Kind. 
"Los schnell, lasst sie uns ins trockene bringen, sie holt sich ja noch den Tod."

Stibitzi am Seil wie ein Fisch an der Angel... oder doch nicht? ;-)
© by Sylvia

Und Stibitzi fror wirklich ganz schrecklich. Am ganzen Körper klapperte und zitterte sie wie Espenlaub, ihre Lippen hatten einen fürchterlichen Blauton und ihr Gesicht war schrecklich blass.
Palalaus wickelte sie kurzerhand in eine kleine Decke, hob sie hoch und trug sie so schnell er konnte in die Höhle.
"Los, holt was zu trinken... und noch eine Decke", wies er einen der Soldaten an, der das ganze Geschehen mit erstaunten Blicken verfolgte.
Hastig schob er mit seinen Füßen ein paar der Gepäckstücke zu einer Art Sitz zusammen und setzte Stibitzi behutsam ab. 
"Ach, du armes ...gleich wird dir wärmer." Ein Soldat kam mit einer kleinen Feldflasche angelaufen und reichte sie Palalaus.
"Trink, das wird dir gut tun, ist echter Kräutertee aus Commurio, äh.. Camma, naja egal auf alle Fälle sehr wohltuend, trink ruhig."
Stibitzi verstand die Welt nicht mehr. Waren das die überall gefürchteten Plattladine? Die wüsten und gemeinen Söldner, deren schrecklicher Ruf bis weit hinaus übers Drachental bekannt war? Sie war wohl doch zulange ein Fass gewesen, aber eines wusste sie mit Bestimmtheit, das würde ihr so schnell wohl niemand glauben.
Palalaus beobachtete hingerissen wie sich Stibitzi’s Wangen langsam wieder rosig färbten und ihr Haar, das nun zu trocknen begann sich  in sanfte Wellen legte. Sie war sooooo schön... er seufzte tief, stütze sein Kinn auf die Hände und starrte sie weiter ganz verträumt an.
"Erzählt mir eure Geschichte, wie seid ihr in den Brunnen geraten? Man hat euch doch nicht etwa hinein gestoßen? Wer würde solch üble Tat begehen? Wie lange seid ihr dort gefangen gewesen?"
Er sprach ohne Pause und Unterlass und Stibitzi taten schon fast die Ohren weh von seinen nicht enden wollenden Fragen.
"Der Magier war’s...", sagte sie dann so laut sie konnte, um Palalaus in seinem Redefluss ein wenig zu stoppen.
"Der Magier? DER Magier?... ich meine, meinst du den selben den ich meine? Den mit dem hässlichen Drachen?"
Stibitzi nickte.
"Den mit den ganzen Möhren im Schlepptau?"
Sie nickte wieder.
"Meinst du den, der meine Männer hat flambieren lassen von diesen stinkenden schwarzen Höllenviech?"
Wieder nickte sie wortlos und machte ein trauriges Gesicht. Doch dann sprudelte plötzlich alles aus ihr heraus, ihre Angst vor dem riesigen schwarzen Ungeheuer, vor Magier Reigami und seiner schrecklichen Möhrenarmee, ihre Furcht um ihre Freunde, die sie vielleicht nie wieder sehen würde und ein wahrer Sturzbach an Tränen bahnte sich seinen Weg nach draußen.
Palalaus sprang entsetzt hoch und rannte aufgeregt  hin und her. "Sie weint... oh weh, sie weint... eine weinende Fee in meiner Nähe!" Dann stellte er sich in die Mitte der Höhle:
"Männer", rief er, "wir werden unsere Strategie ändern! Unser neuer Feind heißt: Magier Reigami!"

***

Hansevogel flog so schnell er konnte. Morholt’s Hütte kannte er, schon oft hatte er sie auf einer seiner Wanderflüge überquert, doch niemals dort Rast gehalten. Es war meistens niemand zu sehen, nur ab und zu brannte abends ein Licht in den kleinen Fenstern.
Er landete zuerst auf einer kleiner Tanne etwas entfernt von der Hütte und sah sich um.
Um Morholt herum standen eine kleine Gruppe unterschiedlichster Figuren und etwas entfernt von ihnen saß ein blinkender, ständig seine Farben wechselnder Drache mit einem höchst unglücklichen Gesicht.
"Ohoh...", dachte er sich nur, flog zu ihnen hin und landete knapp neben dem Lagerfeuer.
"Tach auch."
"Hä?" Webolo sprang hoch und rannte beinahe Ritter Canerio über den Haufen, der gerade wieder seinen Helm eingesammelt hatte und sich nun wieder setzen wollte.
"Ein Vogel... mit Hut?"
"Das ist der Hut des Magiers!" kreischte Canerio auf einmal, schmiss seinen Helm wieder zu Boden und stürmte auf den Vogel zu.
Hansevogel schlug erschrocken mit seinen Flügeln und wich entsetzt zurück.
Crosideria wartete bis Canerio nah genug war und streckte dann ganz zufällig ihr Bein aus. Dieser, in voller Fahrt erkannte die Hinterlist viel zu spät und flog der Länge nach in den Staub, schlitterte ein kleines Stück bis er genau vor der Nasenspitze des Moordrachen zum stoppen kam.
Crosideria schlug sich vor Freude auf die Schenkel und lachte vergnügt auf.
"Nicht doch, nicht doch....." Bruder TaC erhob sich, lief so schnell es seine Körpermassen zuließen zu Canerio und zog diesen in die Höhe, bevor Moordrache Zeit hatte darüber nachzudenken was eben geschehen war. 
"Ähm... also Vogel..."
"Hansevogel mein Name", sprach der Vogel betont lässig.
"Hansevogel also, willkommen.... wie kommst du an den Hut des Magiers?"
"Eure Fee bat mich ihn euch zu bringen." antwortete er ruhig.
"Fee? Wieso.. ach herrje.. Stibitzi? Wo steckt sie überhaupt?"
Bruder TaC schlug die Hände über dem Kopf zusammen und Webolo wollte sofort loslaufen, um sie zu suchen, doch Morholt erwischte ihn noch am Ärmel und hielt ihn fest.
"Jetzt mal alles der Reihe nach, und du", mit ernstem Blick sah er zu Crosideria hin, "wirst dich jetzt endgültig zusammenreißen!"
"Also werter Hansevogel, erzähl uns was geschehen ist. Du musst wissen, uns ist überhaupt nicht aufgefallen, das Stibitzi fortgegangen ist. Anscheinend vermehren sich unsere Sorgen anstatt sich zu verringern und wie du siehst gerät auch hier schon alles außer Kontrolle, da irgend etwas böses hierher unterwegs ist."
"Yau, das magst wohl laut sagen", sagte Hansevogel und begann zu erzählen.
Moordrache legte die Ohren an, er wollte einfach nicht mehr hinhören, ewig dasselbe, ihm schwindelte bereits anhand der Vorstellung was als nächstes auf ihn zukam. Doch dann hörte er Sätze wie "riesengroß und furchterregende Augen" und so etwas wie "Messerscharfe Schuppen und Krallen und Schwingen doppelt so breit und lang wie die von dem da"
Wie die von dem da?
"Wen meinst du?" fragte er nun doch neugierig.
"Womit?" Hansevogel sah in großen Augen an.
"Na, mit: Wie die von dem da. Wer ist dem da? Was meinst du damit?"
"Dich mein ich damit, oder siehst du hier noch nen Drachen, hm?"
Moordrache begann zu grübeln. Mich, sie meinem mich... nein nicht mich, etwas ähnliches wie mich.. ja, so wird es sein, etwas ähnliches. Aber es gibt nichts ähnliches wie mich, überlegte er weiter, und diese ollen Hopsdrachen, die sonst so rumliefen, konnten sie kaum mit dieser oder ähnlicher Beschreibung meinen.
"Ähm, entschuldigt die kurze Unterbrechung, ich glaube der Vogel hier und ich haben mal kurz was zu besprechen!"
Sprachs, schnappte sich den Hansevogel ehe dieser mitbekam, worum es ging, und drehte sich von den anderen weg.
Hansevogel, eingeklemmt zwischen Daumen und Rest der riesigen Pranke traute sich kaum Luft zu holen, so nah an einem so großen Drachen.
"Ein Haps", dachte er, "und ich bin wech. Einfach wech."
"Schon gut, keine Angst... nu erzähl mal, was ist denn nu so groß und furchterregend und vieeeeel breiter und länger als ich?" Moordrache gab sich außerordentlich viel Mühe einen höflichen, vertrauenserweckenden Eindruck bei dem kleinen Hansematz in seiner Hand zu hinterlassen, allerdings war dieser Versuch nicht unbedingt von Erfolg gekrönt, wie er mit einem kurzen Blick feststellen konnte. Der Vogel pustetet sein Federkleid auf und sah ihn aus ziemlich erschrockenen Augen an.
Moordrache griente. Ganz schön mutiges  Kerlchen.... und grinste sofort noch breiter um den Kampfgeier, wie er ihn heimlich getauft hatte, ein bisschen zu beruhigen.
"Ich tu dir nix, aber jetzt musst du auch mal erzählen...", bat er ihn ganz lieb.
"Ja, also... das ist ein Drache.. so wie du, nur eben viel größer, breiter und wahrscheinlich auch stärker als du es bist. Und der ist hierher unterwegs, zusammen mit so nem Zauberer und einer Menge Gemüse. Und Stibitzi sitzt im Brunnen. Ja, so ist das."
Größer? Breiter? Stärker? Moordrache zog erstaunt eine seiner Brauen hoch. "Hm... das  wollen wir doch erst mal sehen....", flüsterte er Hansevogel verschwörerisch zu. 
"Und über das Gemüse mach dir mal keine Gedanken, dafür haben wir hier einen Spezialisten." Breit grinsend drehte er sich wieder herum, setzte Hansevogel behutsam ab und rief: "Webolo, komm doch mal zu mir, mein kleiner Freund...."
 

© by Cancelot
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Und schon geht's zum 15. Kapitel: Minnesang, Möhren und magische Hüte
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Denkt bitte daran: auch diese Geschichte nimmt am Drachentaler-Wettbewerb teil.
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