Sie blickte wieder nach unten in die Tiefe
und versuchte dabei zu lächeln, doch Hansevogel spürte wie schwer
es ihr fiel. Langsam begann sie mit ihren zarten Flügeln zu schlagen,
wobei diese sich wie mit einem zarten blauen Licht aufzuladen schienen,
stieß sie sich vom Brunnenrand ab und sprang in die Tiefe.
"Nein... Stibitzi...." rief Hansevogel erschrocken
und schlug aufgeregt mit seinen Flügeln.
"Alles in Ordnung, keine Angst", erklang es
hohl und dumpf aus dem Brunnen. Unruhig hüpfte Hansevogel hin und
her, sich ständig umsehend nach eventuellen anrückenden Feinden.
"Kannst du schon was sehen? Hast du ihn? Soll
ich dir helfen?" Der Arme war furchtbar aufgeregt und machte sich schreckliche
Sorgen. Das leichte Schimmern von Stibitzi’s Flügel verblasste zusehends.
"Ja... alles in Ordnung, wirklich",
klang es von unten empor, ganz wie ein zartes Flüstern.
Hansevogel spähte in die Tiefe und sah
wie etwas nach oben getrudelt kam, hin und wieder gegen die Brunnenwände
stieß und ab und zu wieder ein Stück nach unten sackte, so als
würde der Wind ein neckisches Spielchen damit treiben.
Neugierig behielt er das Geschehen im Auge
und erkannte dann einen Hut, der ihn plötzlich fast vom Brunnenrand
stieß, so schnell kam er das letzte Stück nach oben geflogen.
© by Sylvia
"Hansevogel... hast du ihn?" Er konnte kaum
verstehen was sie zu ihm sagte, so leise war ihre Stimme nun.
"Ja, hab ihn. Komm wieder hoch!"
Doch es kam keine Antwort.
"Stibitzi?"
Wieder nichts. Seine Stimme hallte von den
Wänden und hinterließ ein dumpfes Echo.
Was sollte er nur tun? Konnte er was tun?
"Hörst du mich? Stibitzi?" rief er, bemüht seiner Stimme einen
zuversichtlichen festen Klang zu verleihen.
"Ja... ich..." und dann "Hansevogel, du musst
losfliegen, ich werde so schnell wie möglich nachkommen. Bitte.."
"Stibitzi, was ist denn? Ich fliege auf keinen
Fall los! Warum kommst du denn nicht hoch?"
"Ich ... ich kann nicht, es geht nicht!" Ihre
Stimme klang sehr leise, verzweifelt und wütend.
"Es geht nicht? Warum geht es nicht?" Hansevogel
starrte völlig ratlos hinab in den dunklen Schacht.
Er hörte ein leises schluchzen und es
schnürte ihm fast den Hals zu, so traurig hörte es sich an.
Missmutig betrachtete er den Hut, der total
zerknüllt und verschmutzt neben ihm lag. "Wegen einem blöden
Hut" ging es ihm durch den Kopf. "Nur wegen einem Hut!"
"Ich habe nicht mehr genügend Kraft...
wahrscheinlich war ich zu lange ein Fass. Doch du hast sie, also flieg
los, nichts ist jetzt wichtiger als der Hut. Und beeil dich!" rief sie.
"Aber... aber was wird aus dir? Ich kann dich
hier doch nicht alleine lassen!"
"Doch du kannst.. und du musst. Mir wird hier
unten nichts passieren und wenn ich mich ausreichend erholt habe, werde
ich so schnell wie möglich zu euch kommen."
Hansevogel seufzte schwer und konnte sich
kaum vom Brunnenrand lösen. Doch dann griff er kurzentschlossen den
Hut mit seiner Krallenhand und machte sich auf den Weg.
***
"Aaaaaaaachtung!" brüllte der Magier über
den Kopf des Drachens hinweg.
Als hätte jemand die Zeit angehalten,
standen sofort alle still, ja es schien sogar als würden sie nicht
mehr atmen. Kein Rasseln oder Scheppern, nicht einmal die Kopfbüschel
der Möhrenarmee bewegten sich noch.
Fies grinsend ließ der Magier seinen
Blick über seine Armee schweifen. So viele waren sie inzwischen,
ein ungeheuer großes furchteinflössendes Heer.
Sein Blick irrte suchend durch die Reihen
und verharrte schließlich auf einem der Plattladine.
"Du.. komm zu mir", befahl er ihm.
Gehorsam trat der Plattladin hervor und eilte
zu Reigami, wo er sofort wieder Haltung annahm.
"Meister, ihr wünscht?" flüsterte
er respektvoll, ohne auch nur ein einziges mal in Richtung des Drachen
zu blicken, der den Plattladin nicht eine Sekunde aus den Augen ließ
und jede seiner Bewegungen verfolgte.
Reigami betrachtete ihn ausführlich und
sagte: "Ihr und eure Mannen werdet euch zu meinem Turm begeben und dort
Stellung beziehen. Sicherlich werden sie dort auftauchen, um sich das eine
oder andere Kleinod unter den Nagel zu reißen, vermute ich."
"So soll es denn sein" Der Plattladin salutierte
und schritt ohne ein weiteres Wort umgehend zurück zu seinen Männern.
"Hier lang", rief er und schon setzten sie
sich wieder in Bewegung, die Waffen kampfbereit in den Händen, den
Blick siegesgewiss nach vorne gerichtet.
Palalaus, der Anführer, schritt allen
voran mit weitausholenden Schritten. Er war sichtlich erleichtert aus der
Nähe dieses unheimlichen Drachen zu gelangen, der schon zwei seiner
Männer in steinerne Statuen verwandelt hatte.
Als sie mehrere hundert Meter zwischen sich
und dem Möhrentrupp des Magiers gebracht hatten, hörte er wie
einige seiner Männer zu tuscheln begannen.
"Was für ein Mistvieh..."
"Hast du das auch gerochen? Das ist der Tod,
glaubt mir, der leibhaftige Tod!"
"Genau.... und habt ihr seine Schuppen gesehen?
Nicht ein Fünkelchen Licht spiegelt sich in ihnen, das ist eine Ausgeburt
der Hölle!"
Palalaus verstand das Unbehagen seiner Männer,
aber sie waren Söldner und keine Marktfrauen.
"Ruuuuuuuhe da!" brüllte er und blickte
drohend nach hinten.
Sofort kehrte Stille ein und schweigsam setzten
sie ihren Marsch fort. Palalaus grübelte, ob es richtig war sich dem
Magier anzuschließen - aber die Belohnung schien verlockend groß
und außerdem wollte er es diesem Drachen heimzahlen, der seine Männer
als lebendige Tennisbälle benutzt hatte.
© by Sylvia
Wind kam auf und am Himmel zeichneten sich
die ersten Anzeichen eines herannahenden Gewitters ab. Palalaus befahl
den Männern ein schnelleres Tempo und überlegte, wo sie vor dem
heranziehenden Unwetter Schutz suchen konnten. Er entsann sich, in dem
kleinen Wäldchen einst eine Höhle gesehen zu haben. Sicherlich
bot sie ihnen einigen Schutz. Seine Männer behielten freiwillig das
schnelle Tempo bei, keiner von ihnen verspürte bei einem Blick auf
die sich auftürmenden dunklen Gewitterwolken große Lust zu trödeln
und so erreichten sie ziemlich schnell den Turm mit seinem angrenzendem
Wäldchen. Die ersten, dicken Tropfen fielen bereits hernieder und
begannen den trockenen Boden unter ihren Füßen aufzuweichen.
Eilig liefen sie an den Überresten des Turms vorbei der nun
komplett auseinander gefallen war nach der seltsamen "Geburt" des Drachen
und verzogen sich in den hinteren Teil des Gartens .
Der Regen wurde nun immer stärker und
der Wind begann mit einem wütenden Fauchen über das Land zu fegen.
Palalaus und seine Männer hatten die kleine Höhle endlich erreicht
und die dichte Blätterwand vor ihnen gewährte etwas Schutz vor
neugierigen Blicken. Schnell richteten sie ein kleines Feuer in der Mitte
der Höhle und einige seiner Männer setzten sich hin und begannen
ihre Speere und Säbel zu polieren. Missmutig starrte Palalaus zwischen
den Zweigen hindurch. Warten... warten war das schlimmste. Es machte mürbe
und müßig und brachte jedermann nur auf dumme Gedanken. Gerade
wollte er sich abwenden und sich zu den anderen ans Feuer setzen, als er
etwas hörte. Ein Geräusch drang an sein Ohr. Er besaß ein
sehr feines Gehör und wusste instinktiv, dass dieses Geräusch
keineswegs vom Wind verursacht wurde. Angestrengt lauschte er.... da, da
war es wieder.
Er winkte zwei seiner Männer zu sich
heran.
"Da ist etwas..."
"Wo?" fragte der eine und schaute irritiert
umher.
"Na da draussen, hat er doch gesagt, hat er
doch!" antwortete der andere mit einem dümmlichen Grinsen. Palalaus
seufzte tief. "Mann, sind die blöd, aber egal..."
"Hört ihr das?"
Fragend sahen sie sich an und blickten dann
wieder zu Palalaus. "Nein, nichts"
"Kommt mit." Zielstrebig drückte
er sich durch das Buschwerk. Regen prasselte ihm entgegen und stach wie
kleine Nadeln in seine Haut und der Wind drückte sich mit solch unglaublicher
Kraft gegen ihn, als wolle er ihn wieder ins Gebüsch zurückschieben.
Doch unbeeindruckt aller widrigen Begebenheiten sah er sich suchend um.
"Verflixt noch mal, warum war denn jetzt nichts zu hören?" Seine beiden
Begleiter sahen ihren Anführer recht vorwurfsvoll an. "So eine Sauerei,
uns bei dem Sauwetter rauszujagen" stand ihnen ins Gesicht geschrieben,
aber der Respekt verbot ihnen, auch nur einen Ton zu sagen. "Alles absuchen",
befahl er kurz und bedachte die beiden mit dem finstersten Blick, dessen
er mächtig war und der von vornherein jede Diskussion beendete.
Auch er suchte weiter, rannte kreuz und quer
durch den Garten des Magiers, sprang über aufgeweichte Beete und vernahm
ganz deutlich zwischendurch immer wieder dieses Geräusch, das sich
durch Wind und Regen in seine Gehörgänge bohrte und ihn nicht
in Ruhe ließ.
Doch nirgends war etwas auszumachen.
Total durchnässt setzte er sich schließlich
auf den Brunnenrand und schlug wütend mit seinen schweren Stiefeln
gegen die Mauer. Er wollte gerade einen Stapel übelster Schimpfwörter
loslassen, als er es wieder hörte, diesmal jedoch deutlicher und klarer
als zuvor.
Ganz langsam drehte er sich um und sah hinab
in den Brunnen.
Natürlich... jetzt erkannte er
es ganz klar:
Feengesang!
In dem Brunnen saß eine Fee! "Eine Fee"
murmelte er, " eine Fee, eine Fee... " und dann brüllte er so laut
es ging um sich über das Getöse des Windes hinwegzusetzen: "Hier
her, ich hab es gefunden!"
Sofort stürmten alle Plattladine aus
dem Gebüsch, die Waffen in der Hand und umkreisten den Brunnen als
säße der Leibhaftige persönlich in ihm.
"Ich brauche ein Seil, sofort!" Kaum zu Ende
gesprochen, warf ihm auch schon einer seiner Soldaten eins zu. Manchmal,
das wusste er, waren sie einfach zu dämlich.... aber keiner war schneller
und zuverlässiger als einer seiner Männer, wenn es darauf ankam.
Er beugte sich wieder über den Brunnenrand
und rief: Hallo... du da unten, kleine Fee, kannst du mich hören?"
Es kam jedoch keine Antwort.
"Hey... ich weiß, dass du da unten bist
und weißt du was? Ich weiß auch, dass du eine Fee bist, ich
hab dich singen hören."
Stibitzi spitze ihre Ohren. Ihr war furchtbar
kalt und sie war vollkommen durchnässt, ihre Flügel klebten zusammen
wie zwei nasse unansehnliche Lappen und das Wasser im Brunnen stand bereits
bis zu ihren Knöcheln, aber durfte sie sich verraten? Stimmt, sie
hatte gesungen... aber Menschen, und zu dieser komischen Rasse gehörten
die Plattladine schließlich, konnten den Gesang einer Fee nicht hören.
"Meine Großmutter erzählte mir
immer viel über euer Volk..... und lehrte mich eure Lieder zu verstehen.
Nun komm schon, du brauchst keine Angst zu haben"
"Ihr lügt!" rief sie nach oben.
"Nein, ich gebe dir mein Wort!" schallte es
wieder hinunter.
Stibitzi überlegte fieberhaft. Hier unten
war sie einigermaßen sicher... aber sie konnte auch nichts weiter
tun als zu frieren oder vor sich hin zu zittern. Oben war sie wahrscheinlich
nicht sicher... aber die Chancen für eine Flucht standen weitaus besser,
wenn sie erst mal aus diesem blöden Brunnen heraus war.
"Wirklich?" fragte sie noch einmal nach. Sie
sollten ihren Sinneswandel nicht zu schnell bemerken.
"Aber natürlich wirklich. Wir werfen
dir ein Seil herunter, einverstanden? Wenn du soweit bist, ziehst du einmal
kräftig daran, dann holen wir dich hoch, ok?"
Palalaus war furchtbar aufgeregt. Er hatte
noch nie eine Fee gesehen, nur von den Bildern die seine Großmutter
besaß kannte er sie und schon immer wollte er sie einmal sehen, ihnen
gegenüberstehen und in ihre unendlich tiefen Augen sehen. Jetzt war
es endlich soweit und sein Herz, sein hartes altes Soldatenherz machte
Sprünge wie ein Gummiball.
Das Ruckeln am Seil war kaum zu spüren
und so vorsichtig wie es nur ging, zog er das Seil nach oben.
"So... alles in Ordnung, siehst du? Da drüben
ist eine schöne warme Höhle, da bringen wir dich jetzt hin -
und keine Angst, niemand wird dir etwas tun." Freundlich lächelte
er das kleine zarte Wesen an , das dort am Seil hing wie ein Fisch an der
Angel und redete zu ihm wie eine Mutter zu ihrem Kind.
"Los schnell, lasst sie uns ins trockene bringen,
sie holt sich ja noch den Tod."
© by Sylvia
Und Stibitzi fror wirklich ganz schrecklich.
Am ganzen Körper klapperte und zitterte sie wie Espenlaub, ihre Lippen
hatten einen fürchterlichen Blauton und ihr Gesicht war schrecklich
blass.
Palalaus wickelte sie kurzerhand in eine kleine
Decke, hob sie hoch und trug sie so schnell er konnte in die Höhle.
"Los, holt was zu trinken... und noch eine
Decke", wies er einen der Soldaten an, der das ganze Geschehen mit erstaunten
Blicken verfolgte.
Hastig schob er mit seinen Füßen
ein paar der Gepäckstücke zu einer Art Sitz zusammen und setzte
Stibitzi behutsam ab.
"Ach, du armes ...gleich wird dir wärmer."
Ein Soldat kam mit einer kleinen Feldflasche angelaufen und reichte sie
Palalaus.
"Trink, das wird dir gut tun, ist echter Kräutertee
aus Commurio, äh.. Camma, naja egal auf alle Fälle sehr wohltuend,
trink ruhig."
Stibitzi verstand die Welt nicht mehr. Waren
das die überall gefürchteten Plattladine? Die wüsten und
gemeinen Söldner, deren schrecklicher Ruf bis weit hinaus übers
Drachental bekannt war? Sie war wohl doch zulange ein Fass gewesen, aber
eines wusste sie mit Bestimmtheit, das würde ihr so schnell wohl niemand
glauben.
Palalaus beobachtete hingerissen wie sich
Stibitzi’s Wangen langsam wieder rosig färbten und ihr Haar, das nun
zu trocknen begann sich in sanfte Wellen legte. Sie war sooooo schön...
er seufzte tief, stütze sein Kinn auf die Hände und starrte sie
weiter ganz verträumt an.
"Erzählt mir eure Geschichte, wie seid
ihr in den Brunnen geraten? Man hat euch doch nicht etwa hinein gestoßen?
Wer würde solch üble Tat begehen? Wie lange seid ihr dort gefangen
gewesen?"
Er sprach ohne Pause und Unterlass und Stibitzi
taten schon fast die Ohren weh von seinen nicht enden wollenden Fragen.
"Der Magier war’s...", sagte sie dann so laut
sie konnte, um Palalaus in seinem Redefluss ein wenig zu stoppen.
"Der Magier? DER Magier?... ich meine, meinst
du den selben den ich meine? Den mit dem hässlichen Drachen?"
Stibitzi nickte.
"Den mit den ganzen Möhren im Schlepptau?"
Sie nickte wieder.
"Meinst du den, der meine Männer hat
flambieren lassen von diesen stinkenden schwarzen Höllenviech?"
Wieder nickte sie wortlos und machte ein trauriges
Gesicht. Doch dann sprudelte plötzlich alles aus ihr heraus, ihre
Angst vor dem riesigen schwarzen Ungeheuer, vor Magier Reigami und seiner
schrecklichen Möhrenarmee, ihre Furcht um ihre Freunde, die sie vielleicht
nie wieder sehen würde und ein wahrer Sturzbach an Tränen bahnte
sich seinen Weg nach draußen.
Palalaus sprang entsetzt hoch und rannte aufgeregt
hin und her. "Sie weint... oh weh, sie weint... eine weinende Fee in meiner
Nähe!" Dann stellte er sich in die Mitte der Höhle:
"Männer", rief er, "wir werden unsere
Strategie ändern! Unser neuer Feind heißt: Magier Reigami!"
***
Hansevogel flog so schnell er konnte. Morholt’s
Hütte kannte er, schon oft hatte er sie auf einer seiner Wanderflüge
überquert, doch niemals dort Rast gehalten. Es war meistens niemand
zu sehen, nur ab und zu brannte abends ein Licht in den kleinen Fenstern.
Er landete zuerst auf einer kleiner Tanne
etwas entfernt von der Hütte und sah sich um.
Um Morholt herum standen eine kleine Gruppe
unterschiedlichster Figuren und etwas entfernt von ihnen saß ein
blinkender, ständig seine Farben wechselnder Drache mit einem höchst
unglücklichen Gesicht.
"Ohoh...", dachte er sich nur, flog zu ihnen
hin und landete knapp neben dem Lagerfeuer.
"Tach auch."
"Hä?" Webolo sprang hoch und rannte beinahe
Ritter Canerio über den Haufen, der gerade wieder seinen Helm eingesammelt
hatte und sich nun wieder setzen wollte.
"Ein Vogel... mit Hut?"
"Das ist der Hut des Magiers!" kreischte Canerio
auf einmal, schmiss seinen Helm wieder zu Boden und stürmte auf den
Vogel zu.
Hansevogel schlug erschrocken mit seinen Flügeln
und wich entsetzt zurück.
Crosideria wartete bis Canerio nah genug war
und streckte dann ganz zufällig ihr Bein aus. Dieser, in voller Fahrt
erkannte die Hinterlist viel zu spät und flog der Länge nach
in den Staub, schlitterte ein kleines Stück bis er genau vor der Nasenspitze
des Moordrachen zum stoppen kam.
Crosideria schlug sich vor Freude auf die
Schenkel und lachte vergnügt auf.
"Nicht doch, nicht doch....." Bruder TaC erhob
sich, lief so schnell es seine Körpermassen zuließen zu Canerio
und zog diesen in die Höhe, bevor Moordrache Zeit hatte darüber
nachzudenken was eben geschehen war.
"Ähm... also Vogel..."
"Hansevogel mein Name", sprach der Vogel betont
lässig.
"Hansevogel also, willkommen.... wie kommst
du an den Hut des Magiers?"
"Eure Fee bat mich ihn euch zu bringen." antwortete
er ruhig.
"Fee? Wieso.. ach herrje.. Stibitzi? Wo steckt
sie überhaupt?"
Bruder TaC schlug die Hände über
dem Kopf zusammen und Webolo wollte sofort loslaufen, um sie zu suchen,
doch Morholt erwischte ihn noch am Ärmel und hielt ihn fest.
"Jetzt mal alles der Reihe nach, und du",
mit ernstem Blick sah er zu Crosideria hin, "wirst dich jetzt endgültig
zusammenreißen!"
"Also werter Hansevogel, erzähl uns was
geschehen ist. Du musst wissen, uns ist überhaupt nicht aufgefallen,
das Stibitzi fortgegangen ist. Anscheinend vermehren sich unsere Sorgen
anstatt sich zu verringern und wie du siehst gerät auch hier schon
alles außer Kontrolle, da irgend etwas böses hierher unterwegs
ist."
"Yau, das magst wohl laut sagen", sagte Hansevogel
und begann zu erzählen.
Moordrache legte die Ohren an, er wollte einfach
nicht mehr hinhören, ewig dasselbe, ihm schwindelte bereits anhand
der Vorstellung was als nächstes auf ihn zukam. Doch dann hörte
er Sätze wie "riesengroß und furchterregende Augen" und so etwas
wie "Messerscharfe Schuppen und Krallen und Schwingen doppelt so breit
und lang wie die von dem da"
Wie die von dem da?
"Wen meinst du?" fragte er nun doch neugierig.
"Womit?" Hansevogel sah in großen Augen
an.
"Na, mit: Wie die von dem da. Wer ist dem
da? Was meinst du damit?"
"Dich mein ich damit, oder siehst du hier
noch nen Drachen, hm?"
Moordrache begann zu grübeln. Mich,
sie meinem mich... nein nicht mich, etwas ähnliches wie mich.. ja,
so wird es sein, etwas ähnliches. Aber es gibt nichts ähnliches
wie mich, überlegte er weiter, und diese ollen Hopsdrachen,
die sonst so rumliefen, konnten sie kaum mit dieser oder ähnlicher
Beschreibung meinen.
"Ähm, entschuldigt die kurze Unterbrechung,
ich glaube der Vogel hier und ich haben mal kurz was zu besprechen!"
Sprachs, schnappte sich den Hansevogel ehe
dieser mitbekam, worum es ging, und drehte sich von den anderen weg.
Hansevogel, eingeklemmt zwischen Daumen und
Rest der riesigen Pranke traute sich kaum Luft zu holen, so nah an einem
so großen Drachen.
"Ein Haps", dachte er, "und ich bin wech.
Einfach wech."
"Schon gut, keine Angst... nu erzähl
mal, was ist denn nu so groß und furchterregend und vieeeeel breiter
und länger als ich?" Moordrache gab sich außerordentlich viel
Mühe einen höflichen, vertrauenserweckenden Eindruck bei dem
kleinen Hansematz in seiner Hand zu hinterlassen, allerdings war dieser
Versuch nicht unbedingt von Erfolg gekrönt, wie er mit einem kurzen
Blick feststellen konnte. Der Vogel pustetet sein Federkleid auf und sah
ihn aus ziemlich erschrockenen Augen an.
Moordrache griente. Ganz schön mutiges
Kerlchen.... und grinste sofort noch breiter um den Kampfgeier, wie
er ihn heimlich getauft hatte, ein bisschen zu beruhigen.
"Ich tu dir nix, aber jetzt musst du auch
mal erzählen...", bat er ihn ganz lieb.
"Ja, also... das ist ein Drache.. so wie du,
nur eben viel größer, breiter und wahrscheinlich auch stärker
als du es bist. Und der ist hierher unterwegs, zusammen mit so nem Zauberer
und einer Menge Gemüse. Und Stibitzi sitzt im Brunnen. Ja, so ist
das."
Größer? Breiter? Stärker?
Moordrache zog erstaunt eine seiner Brauen hoch. "Hm... das wollen
wir doch erst mal sehen....", flüsterte er Hansevogel verschwörerisch
zu.
"Und über das Gemüse mach dir mal
keine Gedanken, dafür haben wir hier einen Spezialisten." Breit grinsend
drehte er sich wieder herum, setzte Hansevogel behutsam ab und rief: "Webolo,
komm doch mal zu mir, mein kleiner Freund...."
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