Waldräuber von Highlander

Einsam ritt er durch den Wald. Schon lange schien er unterwegs. Müde sah er aus auf seinem braunen Pferd. Was hatte ihn wohl hierher verschlagen? Die Schlachten fanden ganz woanders statt. Wollten wir ihn fragen? Ich war mir nicht sicher ob seinem Rittergewand. 

Zu viert lauerten wir im Walde den Reisenden auf. Ausgestossen wurden wir aus unseren Dörfern weil dies und das uns vorgeworfen wurde. Was auch immer: Es war nicht wichtig. 

Nun da wir diesem Ritter zusahen kam er immer mehr ins Wanken auf seinem Pferde. War er eingeschlafen? Ohne zu denken sprang ich aus dem Versteck, um gerade im richtigen Moment bei ihm zu sein als er runter fiel. Mann war der schwer! Meine Kumpanen waren ebenfalls schnell zur Stelle und so konnten wir ihn doch noch fast sanft zu Boden bringen. Einer hielt das Pferd und führte es dann in den Wald. Zu dritt trugen wir ihn von der Strasse weg. Er war schwer verletzt. Alles schien blutgetränkt. Hinter den Büschen begannen wir ihn von seiner schweren Rüstung zu befreien. Er trug irgend ein blaues Wappen über seiner Brust. Darunter war das Kettenhemd. Gar nicht einfach, einem Bewusstlosen so ein Ding abzuziehen! Das Schwert war auf alle Fälle schneller weg. Einen Schild trug er nicht dabei aber ich war sicher, dass er mal einen hatte. 

Nun sahen wir die Verletzungen. Sie mussten von einem Schwert herrühren. Zumindest waren sie schon eingetrocknet aber er hatte sehr viel Blut verloren. Kein Wunder war er so schwach. Wir verbanden ihm mit seinem Gewandtuch die Verletzungen, damit sie nicht mehr aufbrechen konnte. Dann packten wir seine Sachen auf das Pferd und machten uns mit ihm als Huckepack auf den Weg zu unserem Lager. 

Pferde konnten wir uns keine halten. Erbeuteten wir also gelegentlich welche, verkauften wir sie einem Hufschmied, Händler oder Kauffahrer. Keine stolzen Preise gab es, aber da Tiere nicht gebrandet wurden, liessen sie sich leicht verkaufen und gaben uns die Möglichkeit, vom Tausch in Essbares oder andere wichtige Dinge zum Überleben. Schliesslich mussten unsere Waffen auch mal wieder verbessert werden. Wegelagerer mit lächerlicher Ausrüstung konnten nie grosse Beute machen. 

Als wir ankamen, riefen wir nach dem Priester. Er war ebenfalls ausgestossen worden, weil er so viel mit Kräutern machte und irgendwelche Zaubersprüche konnte. Auf alle Fälle hatten wir alle sehr grossen Respekt vor ihm. Bevor er auftauchte kam Leila hinter den Bäumen hervor. Sie war kräftig gebaut und konnte aus allem etwas Zauberhaftes kochen. "Was bringt ihr denn da her", fragte sie uns. "So ein Ritter. Er ist schwer verletzt." "Der Priester ist im Wald aber kommt sicher bald wieder. Lasst mich mal sehen." Ja, Leila hatte ja auch schon manches vom Priester gelernt und wusste sonst schon viel über Kräuter und Heilsäfte. Ich erinnerte mich wie sie mir mal ein Gebräu gegen meine Bauchschmerzen gab. Schrecklich bitter war das Zeugs, aber es hatte sehr schnell gewirkt. Nun nahm sie etwas aus ihrer Tasche und befahl einem von uns, Wasser zu bringen und ein sauberes Tuch. Damit wusch sie dann die Wunden aus, und als sie die Verletzungen richtig sehen konnte, legte sie die Blätter einer Pflanze darauf. Er musste aber noch mehr abgekriegt haben, dachte ich bei mir. So schwach wie der war. "Was meinst du Leila? Hat er noch andere Verletzungen?" "Ich glaube nur was am Kopf. Schau doch mal seinen Helm an." Tatsächlich hatte der Helm eine grosse Delle auf der einen Seite. "Wohin bringen wir ihn jetzt? Hier auf dem Waldboden können wir ihn nicht lassen." "Bringt ihn an den Fluss und zieht ihn aus. Bevor der in eine Hütte kommt, muss der so richtig sauber gewaschen werden. Der stinkt ja wie eine Kloake." So schlimm war es auch wieder nicht, aber angenehm war der Geruch tatsächlich nicht. 

So trugen wir ihn zum Waldfluss hinunter. Am Ufer zogen wir ihm die Sachen aus. Er musste schon sehr lange unterwegs gewesen sein. Der Geruch wurde nun doch sehr penetrant, so dass wir uns entschieden, dass es nichts aus machte, wenn die Kleidungsstücke kaputt gingen. Weg mit den Fetzen! Verbrennen das Zeugs!
Es kamen viele Narben zum Vorschein. Er musste viele Kämpfe erlebt haben. Oder vielleicht Überfälle? Wieso kam er überhaupt auf diesem Wege? Kannte sein Pferd den Weg nach hause? Diese Fragen gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. 

Nachdem wir ihn sauber gemacht hatten - er schien dabei sogar langsam wieder aus der Bewusstlosigkeit zu erwachen - trugen wir ihn zu unserer Gemeindehütte. Dort assen wir immer alle zusammen und hatten auch ein Strohlager dort, welches Leila scheinbar frisch gemacht hatte. Sie war beim Herd und machte Feuer an. "Willst du etwas kochen um diese Zeit?" "Nur für den Fremden. Vermutlich wird er Hunger haben wenn er aufwacht. Die Kleider scheinen zu passen." Sie äugte rüber zu uns als wir ihm die frischen Kleider anzogen welche sie bereitgelegt hatte. Er war noch immer benommen. Es war nicht die schönste Hose und nicht das neueste Hemd, aber sie passten und das war die Hauptsache. "Ich habe das Wappen noch nie gesehen." Sie zeigte auf das blutverschmierte Gewand welches er über seinem Kettenhemd getragen hatte. "Es muss ein gutes Schwert gewesen sein, dass es einfach so durch das Kettenhemd schneiden konnte. Kennt einer von euch dieses Zeichen?" Sie zeigte auf eine Tätowierung an seinem linken Arm. Wir schüttelten alle den Kopf. "Vielleicht weiss der Priester etwas", meinte ich dazu. Sie wiegte nur den Kopf. Sie war nicht so sehr von ihm überzeugt. Vielleicht auch nur, weil es eben immer noch Dinge geben konnte, welche nur er kannte und nicht mit ihr teilte. 

Am Nachmittag liessen wir den Fremden mit den Anderen alleine. Er schien sich zu erholen und schlief tief und fest. Einige waren vom Beeren sammeln und andere vom Fische fangen nach hause gekommen. Es würde wohl eine reichliches Mahl geben am Abend. Wir schritten wieder durch den Wald, um zum Weg zu gelangen. Wir suchten uns diesmal ein anderes Plätzchen aus. Wohl wissend, dass es Menschen geben konnte, welche unseren Gast suchten und die Fährte verfolgen wollten. Wir hatten darum auch die Spuren so gut wie möglich verwischt. Als es schon langsam dunkel wurde, wurden wir von Lisa besucht. Sie war meistens diejenige aus unserem Dörfchen, welche uns das Essen am Abend brachte. Denn es gab auch Reisende in der Nacht und gerade die waren am interessantesten, weil sie etwas zu verbergen hatten. Es gab Brot und von einer Suppe, welche sie in einem kleinen Topf mitgebracht hatte. Jeder bekam einen grossen Holzlöffel und ass sich satt. Eine richtig gute Gemüsesuppe mochte ich am liebsten. Kaum hatten wir zu Ende gegessen, hörten wir von Ferne Hufgetrampel. Schnell packte Lisa alles zusammen und machte sich auf den Rückweg. Sonst hatten wir immer ein wenig Zeit, um zu tratschen. Schliesslich kriegten wir hier nicht alles mit, was so in der Umgebung vor sich ging. Ich verscheuchte die Gedanken daran und versuchte zu erraten, wie viele Pferde unterwegs sein mussten. Ich schaute die anderen fragend an. "Ein halbes Dutzend", flüsterte Barig. "Sage ich auch", flüsterte Ruhrig. "Sieben Pferde. Zwei schwere und zwei leichte Reiter plus drei Packpferde", behauptete ich. 

Sie ritten sehr langsam. Kein Wunder bei der Dunkelheit, aber es war dafür verwunderlich, dass so viele um diese Zeit unterwegs waren. Vor allem durch den Wald. Nun hörten wir schon Stimmen. "... diesen Wald wirklich so gut?" Es war eine helle Stimme. Ein junger Mann oder gar eine Frau. Eine tiefe Stimme behauptete: "Wir sind bald durch, glaubt es mir. Dann finden wir die Herberge welche ich euch versprochen habe." Es war Balthasar. Dieser Halunke war ein Räuber und Halsabschneider. Ich wusste von welcher Herberge er sprach und natürlich war sie noch sehr weit weg und gar nicht gleich am anderen Ende vom Wald. Ihm wollte ich schon lange eins auswischen. Ich wusste um seine Machenschaften. Ich war sicher, er würde sie umbringen und sich ihre ganze Habe unter den Nagel reissen. Mein Magen zog sich zusammen. Ich wusste, es war eine Belohnung auf ihn ausgesetzt, aber wer sollte sie einkassieren gehen? Wir wurden alle gesucht. Sein Gefährte (ich war sicher, es war der andere schwere Reiter) würde sich sicher auch schnell überwältigen lassen. Das Überraschungsmoment lag ja bei uns, aber was war mit den zwei Reisenden? Was sollten wir mit ihnen tun? Es war keine Zeit mehr zum Überlegen. "Es ist Balthasar. Den Burschen schnappen wir uns jetzt. Ihr zwei nehmt den anderen Burschen. Wir nehmen Balthasar." So verteilte ich uns vier auf unsere Gegner. Sie waren schon sehr nahe und als sie schon fast an uns vorbei waren stürmten wir hervor. Balthasar war näher zu uns und wir zeigten kein Pardon. Zwei Lanzen trafen ihn und spiessten ihn regelrecht auf. Sein Kumpane wusste nicht, was ihm geschah und wurde von Ruhrig vom Pferd geholt und von Daniel mit der Axt erschlagen. Die Pferde hatten gar keine Zeit zu reagieren. Die Reisenden sagten nichts. "Keine Angst. Wir tun euch nichts. Dieser Mann und sein Kumpane hätten euch früher oder später das Fell über die Ohren gezogen und das konnten wir nicht zulassen. Darum haben wir hier aufgelauert. Unsere Pferde sind dort im Wald. Habt ihr ihm das Reisegeld schon bezahlt?" "Ja", kam eine männliche Stimme, "aber nur einen Teil." "Wollt ihr, dass wir euch zur Herberge begleiten? Dieser Wald ist sicher und ihr müsstet eigentlich nichts mehr befürchten." "Es wäre mir lieber wenn ihr uns begleiten würdet", antwortete die Frau. Ich konnte jedoch keine Furcht aus ihrer Stimme hören. Ich liess die Zügel ihres Pferdes los und nahm die der zwei nun freien Pferde zur Hand. Ruhrig war zu den anderen gegangen. "Zuerst müssen die Halunken von der Strasse sein." Die anderen drei waren schon dabei sie weg zu räumen. Bald kamen sie zurück und holten noch den Körper von Balthasar. Er war tot vom Pferd gesackt und lag nun da. Als sie zurück kamen fragte ich: "Habt ihr etwas gefunden?" "Ja, einige Münzen in einem Beutel. Vermutlich Silber." Daniel zeigte mir einen Beutel. "Gehört das euch?" "Vermutlich schon, aber ihr könnt es behalten. Als Dank und Lohn für die Rettung. Werdet ihr uns nun begleiten?" Ich hatte mich inzwischen entschieden. Ich zeigte auf Daniel. "Du kommst mit mir. Ihr zwei versorgt die anderen und achtet auf unsere Pferde. Versorgt die Toten am rechten Ort." Wortlos gingen sie weg während Daniel und ich auf die fremden Pferde stiegen. 'Der Inhalt der Satteltaschen könnte auch noch sehr interessant werden', dachte ich bei mir. 

Scheinbar funktionierte es. Wohl konnten sie Verdacht schöpfen weil wir nicht unsere Pferde nahmen - dabei musste ich grinsen - aber auch war es durchaus logisch die erstbesten Pferde zu benutzen. Wir ritten schweigend davon. Wir wussten nicht viel zu sagen. Vermutlich waren wir für sie nicht über alle Zweifel erhaben. Doch dachten sie sicher, dass wir vielleicht das bessere Los waren. Wir waren davon auf alle Fälle überzeugt. Nach einiger Zeit hatten wir den Wald verlassen und ritten über das Feld. Irgendwann konnten wir das Licht der Herberge sehen und machten sie darauf aufmerksam. "Von hier an könnt ihr alleine reiten. Von uns braucht ihr nicht zu sprechen. Unsere Namen wisst ihr ja sowieso nicht. Doch sprecht davon, dass ihr zwei tote Männer am Waldrand gesehen hättet und euch wundert wer sie seien. Ihr wisst schon wie sie aussehen." Ich konnte sehen, dass beide nickten im fahlen Mondlicht. Ihr blondes Haar, welches unter der Kapuze hervor schaute, schimmerte dabei ganz leicht. "Habt dank ihr Herren für eure Hilfe. Ihr habt die Silbermünzen redlich verdient. Hier, wir möchten euch noch den Restbetrag zahlen welcher uns Balthasar abverlangte." Der Mann hielt uns einen Beutel hin. "Nein, ich glaube, ihr könnt das Geld sehr wohl gebrauchen auf eurer Reise. Denkt von uns nicht schlecht weil wir zwei Männer getötet haben. Es musste sein, sonst wärt ihr nicht mehr unter den Lebenden. Gehabt euch wohl und gute Reise. Möge Gott mit euch sein." Sie erwiderten den Gruss. Wir rissen die Pferde herum und ritten davon. Nach einer Weile machten auch sie sich auf den Weg. "Es ist sehr lobenswert was du getan hast", meinte Daniel. "Du siehst sicher auch die Gründe welche mich dazu geführt haben." "Nun, ich glaube schon, ja. Denn wenn wir schon Balthazar unschädlich machen konnten und noch Silber, Pferde und wertvolle Utensilien an uns nehmen, kaufen wir uns doch mit dem nicht genommenen Beutel auch eine gewisse Sicherheit, nicht verraten zu werden." "Genau so denke ich auch und für Balthazar wird der Wirt noch was einstreichen als Belohnung und die Reisenden dafür nicht verraten. Denn sie sind auf der Flucht. Dessen bin ich mir sicher. Hast du ihr Kleid unter ihrem Umhang gesehen?" "Sehr wohl. Wertvoll schien es mir und für Reisen denkbar ungeeignet. Du meinst sie sind überstürzt abgereist?" "Das würde ich wohl sagen. Doch scheint er nicht unbedingt ein Bräutigam zu sein. Er war zu schlicht gekleidet. Ich denke er ist nur ihr Begleiter und erst das Reiseziel birgt ihren Geliebten." "Eine gewagte Theorie aber sie könnte stimmen. Erfahren werden wir es wohl nie, was meinst du?" "Wenn eine Geschichte ihren Lauf nehmen soll, muss auch über sie gesprochen werden, mein Freund." 

Die nackten Toten würden am Tage vom Wirt gefunden werden. Wir waren nun wieder auf der Lauer. Die Pferde hatten wir in einer kleinen Lichtung zum Grasen angebunden. Die Zeit schien gut zu laufen. Nun, da wir Ruhe hatten, machte ich mir Gedanken über den fremden Ritter. Sprach er überhaupt unsere Sprache? Er hatte so ein fremdländisches Gesicht und komische Kleidung an. Leider mussten wir wohl bis zum Morgen warten, um mehr zu erfahren. Bald schlief ich ein. Ruhrig hatte Wache und weckte mich später, um selber schlafen zu können. Nun griff ich die Gedanken wieder auf und versuchte mich zu erinnern wie das blaue Wappen aussah. Ein Vogel, vielleicht ein Adler, und ein Schild waren es. Auf dem Schild war noch so ein komischer Helm wie er selbst getragen hatte. Ich wusste ich hatte so ein Ding schon einmal gesehen, aber ich wusste nicht mehr wo. Darum liess ich 
einfach die Gedanken umherschweifen und dachte dabei auch an Lisa. Ihre schwarzen Haare und braunen Augen, sowie überhaupt ihre Erscheinung gefielen mir schon immer. Sie war sehr zierlich, doch keineswegs schwächlich. Ihr Lachen konnte alle Sorgen vertreiben und mich immer heiter stimmen. Heiraten war nicht möglich und Kinder konnte wir in unserer Gesellschaft noch nicht aufziehen. Es war einfach zu schwer. Es konnte sein, dass wir schon bald wegziehen mussten. Ich wollte in den Norden. Wir hatten Felle genug und würden uns dort gut auskennen weil fast alle von dort gekommen waren. Ich hatte auch schon viel gehört. Doch müssten wir irgendwann ein Schiff haben, um zur grünen Insel hinüber zu setzen. Mein Vater hatte ein Fischerboot und ich wusste schon als Junge es zu steuern. In diesem Moment der Gedanken kam es mir in den Sinn woher ich den Helm kannte. Die Mauren trugen solche. Ein Händler, der aus Iberien gekommen war, hatte mir einen gezeigt. Von allen Seiten hatte ich ihn bestaunt und dabei die Verzierungen bewundert. "Das ist die Schrift der Mauren", hatte er mir erklärt. Ich glaubte ihm nicht. Ich hatte lesen und schreiben gelernt und ich konnte keine Buchstaben sehen. Nur irgendwelche Schnörkeleien. Wenn das aber wirklich ihre Schrift war, wie war dann ihre Sprache? Wieso hatte nun aber unser Gast eine Ritterrüstung über seiner maurischen Kleidung? Ich schüttelte nur den Kopf. Statt Antworten hatte ich nun noch mehr Fragen. Nun war ich wirklich unruhig und wollte zurück. Ich glaubte nicht, dass noch etwas zu holen war in dieser Nacht. Ich weckte meine Freunde und sagte ihnen das. Sie stimmten mir zu und so machten wir uns auf den Weg, nahmen auch die Pferde mit und legten uns dann in unseren Hütten zum Schlafe hin. Es war völlig ruhig. Wie immer glimmte noch eine Glut im Herd. Der Fremde lag auf dem Strohlager. Ich konnte sein Atmen hören. Ich war gespannt darauf, was er zu sagen hatte. Irgendwie kam mir der Gedanke, dass die nächtlichen Reisenden mit ihm zu tun haben konnten, doch in welchem Zusammenhang? Noch eine Frage. Hörte denn das nie auf? Ich würde unruhig schlafen, das wusste ich in diesem Augenblick, aber ich würde warten müssen. So begab ich mich zu meiner Hütte, welche ich mit den anderen drei teilte. Die Nacht wurde langsam kühl und das warme Fell und das regelmässige Atmen meiner Freunde liess mich doch bald einschlafen. 

Ich war kaum wach, als ich schon auf den Beinen war und aus der Hütte und zum Fluss ging. Ich wollte mich frisch machen und da der Morgen noch gar nicht richtig angebrochen war, kam noch kein Laut aus den anderen Hütten. Nachdem ich vom Fluss zurück kam, begab ich mich zur Gemeindehütte. Der Fremde sass am Tisch und grübelte vor sich hin. Ich grüsste ihn und setzte mich neben ihn. "Ich weiss nicht ob du mich verstehen kannst, aber ich freue mich, dass es dir besser geht." Ich lächelte ihm zu, damit wenigstens meine Mimik ihm verraten konnte, was ich wohl sagte. "Ich bin sicher, dass ihr ein Maure seid und denke mir, dass ihr mich nicht versteht. Hier bei uns seid ihr auf alle Fälle sicher. Möchtet ihr etwas essen und trinken?" "Ich wäre froh um ein bisschen Wasser und Brot", sagte er mir in Latein. Er schien meine Sprache zu verstehen, aber sie nicht sprechen zu können. "Gerne werde ich es dir geben. Habt ihr schon mit den anderen gesprochen gestern?" Ich stand auf, um ihm das Gewünschte zu bringen. Erst als ich ihm einen Teller mit Brot und Wurst und einen Krug mit Wasser hinstellte, antwortete er mir: "Ich komme von weit her und Latein verstehen deine Freunde nicht. Nur der Priester konnte sich mit mir verständigen. Und nun auch du." "Ich lebte nicht immer in diesem Wald. Wie alle hier. Was hat dir der Priester erzählt?" "Nur wer ihr seid", sagte er nach einem Schluck Wasser und einem Biss vom Brot und der Wurst, "und dass ihr der Anführer seid." Ich hob eine Augenbraue. "Du bist doch Fisch?" Nun musste ich grinsen. "Ja, der bin ich." "Ein seltsamer Name. Mein Name ist nicht wichtig aber meine Mission umso mehr." "Das habe ich mir schon gedacht. Ihr wollt sicher so bald als möglich aufbrechen. In den Norden nehme ich an? Wenn ihr noch bleibt, kommen wir vielleicht mit." Ich dachte an die Pferde. Nun war es wirklich möglich mit allen Pferden, welche wir noch von den anderen Überfällen hatten, schnell und gut zu reisen. Die letzten Male hatten wir sie nicht verkaufen können, und das konnte nun zum Glücksfall werden. Der Maure schaute mich skeptisch an. Wir schwiegen eine Weile. Ich nahm auch vom Wasser und Brot und so sassen wir da und schauten uns ab und zu an. Schliesslich sagte er: "Wieso?" "Ich sagte schon: Wir sind nicht immer hier gewesen und wenn wir an einen anderen Ort reisen könnten wären wir wieder frei. Dies nun wäre die Gelegenheit. Wir könnten uns gegenseitig helfen. Nun seid ihr auch perfekt getarnt mit diesen Kleidern." "Guten Morgen." Leila stand in der Tür. "Guten Morgen Leila. Auch schon auf?" Sie grinste und setzte sich zu uns. "Wird er bei uns bleiben?" "Nein, wir werden mit ihm reisen, wenn er es gestattet." Nun nickte der Maure. "Ich glaube, ich brauche nicht mehr zu überlegen. Eine bessere Gelegenheit wird sich mir nicht mehr bieten. Wann wollt ihr abreisen?" "Was meinst du Leila: Wann könnten wir abreisen?" "Er braucht noch Pflege und einige Tage brauchen wir noch zum aufräumen und packen. In einer Woche wären wir soweit. Meinst du, es sind alle einverstanden?" "Wir haben das schon zur Genüge besprochen, denke ich, es wird nun Zeit zum Handeln. Du weisst, was wir zu tun haben." Leila stand auf und ging die anderen wecken. Es würde ein anstrengende Zeit werden. Der Fremde und ich schauten uns an. Wir schüttelten uns die Hände. "Nun ist es beschlossen", sagte er. 

Zwei Wagen hatten wir, die sorgsam gefüllt werden mussten mit dem eingepökelten Fleisch, dem getrockneten Fisch und all dem Gemüse und den Töpfen. Brennholz nahmen wir auch mit. Einfach alles für eine bequeme und angenehme Reise. Ein Pferd pro Wagen musste genügen, um zu ziehen. Sechs der vier Frauen fuhren mit dem Wagen. Um zu Ruhen gab es noch einen Platz auf einem Wagen. Ben, so hiess unser neuer Freund, würde diesen Platz am Anfang beanspruchen. Eile mit Weile, sagte ich ihm und überredete ihn, sich am Anfang zu schonen. Sein Pferd banden wir am Wagen fest. Alle anderen würden reiten müssen. So machten sich neun Frauen und zehn Männer zusammen auf den Weg einer vermutlich abenteuerlichen Reise. Ich fragte mich, ob die Unbekannten der anderen Nacht unseren Weg wieder kreuzen würden.
 

Dies ist nur der Anfang einer offenbar länger werdenden Geschichte.
Highlander arbeitet bereits an einer Fortsetzung... :-)
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