Nachdem die Sonne völlig untergegangen war, hatten sie sich
voneinander verabschiedet und waren beide ins Bett gegangen. Eigentlich
hätte sich Joro gewünscht, Vierna käme vorbei, aber es war
ihm auch klar, daß sie es hier schwerer hatte, das heimlich zu tun.
Im Palast des Königs waren nur zwei Drow gewesen, hier waren es hunderte
und sie hatte ihm ja erklärt, wie es mit dem Konflikt zwischen ihren
Gefühlen und ihrer Verantwortung der Enklave gegenüber aussah.
Das mußte ihm natürlich nicht gefallen, und das tat es
auch nicht. Er lag da und schwelgte beim Einschlafen in Erinnerungen, wie
sie bei ihm gelegen hatte.
Doch ein Gedanke weckte ihn wieder auf. Warum hatte er sich eigentlich
noch gar keine Gedanken darüber gemacht, wie es, nun ja, mit diesen
Dingen
aussah, die Männer und Frauen miteinander taten. Es war ja nicht so,
daß er keine Ahnung hatte, wie das funktionierte. In einer dörflichen
Gemeinschaft, zudem auf einem Hof, auf dem Kühe gezüchtet wurden,
bekam man das schon recht frühzeitig mit, wobei er die Ähnlichkeit
zwischen dem, was Rinder so taten, und dem, wie es bei Menschen ablief,
irgendwie absurd fand.
Konnte eigentlich ein Mensch überhaupt mit einer Drow... Also...
Er ertappte sich dabei, wie er sich beim Nachdenken nervös beinahe
den Kopf blutig kratzte.
Immerhin hatten Nalfein und Dinin ja mehrfach erwähnt, daß
'es mit Menschen und Drow so nicht funktionierte'. Hatten sie damit vielleicht
genau das gemeint?
Auf der anderen Seite heirateten Drow ja auch und bekamen Kinder,
also mußte das auch irgendwie so vonstatten gehen. Drowfrauen hatten
ja immerhin auch Brüste. In einem speziellen, ihm bekannten Falle
sogar ausgesprochen wohlgeformte solche.
Und dann war da noch eine ganz andere Frage, die zwar schon vorher
aufgeworfen worden war, die aber erst nach und nach den Weg in seinen Kopf
fand:
Der Altersunterschied und seine Konsequenzen.
Wenn er Dinins Ausführungen Glauben schenken konnte, war Vierna
wohl schon über 300 Jahre alt. Er selbst war gerade einmal neunzehn.
Nun konnte man nicht sagen, daß er noch eine männliche Jungfrau
war, drei Jahre zuvor hatte ihn eine recht dralle Magd auf dem Hof sozusagen
'zum Mann' gemacht, aber im direkten Vergleich wirkten neunzehn Jahre gegenüber
dreihundert nicht gerade viel...
Irgendwie fühlten sich diese Gedanken aber dumm an. Das Verhältnis
zwischen ihm und der Hohepriesterin hatte sich nicht nur erstaunlich schnell,
sondern auch völlig von allein entwickelt und irgendwie war er sich
sicher, daß es schon seinen Lauf nehmen würden, hoffentlich
in einer guten Weise... Daran wollte er zumindest glauben.
Langsam aber sicher glitt er ins Reich der Träume, allerdings
blieb trotz dieser Erkenntnis ein Rest an Sorge darum, ob es nicht doch
anders kommen würde.
Der Morgen war frisch und ziemlich klamm, obwohl der Himmel völlig
frei von Wolken war und die Sonne bereits klares Licht über die Berge
sandte.
Er zog seine Rüstung an und machte sich auf den Weg, fünfmal
die Enklave zu umrunden. Die meisten Drow schliefen wohl noch, erst nach
der dritten Runde sah er die ersten auf ihrem Weg zur Morgenwäsche
an der Quelle. Er winkte ihnen im Vorbeikommen zu und rannte die fünf
Runden so schnell er konnte zuende.
Als er schließlich an seiner Hütte angekommen war, konnte
er noch nichts von Nalfein sehen, also nahm er sich den Knüppel von
der Hüttenwand und begann erst einmal die einstudierten Bewegungsabläufe
nachzuahmen, die er zuvor immer wieder mit Nalfein trainiert hatte.
Dieser kam einige Zeit später um die Häuser gelaufen und
hatte eine furchtbare Laune.
Das wirkte sich auch auf die Übungen aus, die sie, ohne daß
der Drow ein Wort sprach, sofort begannen.
Nalfein hatte offenbar Grund genug, sich abzureagieren, denn er
prügelte mit ziemlicher Wucht auf Joro ein, bis dieser schließlich
mehrere Schritte zurücktrat und ihn böse ansah.
"Wenn du mich umbringen willst, wäre es durchaus freundlich,
wenn du mir vorher sagtest, warum du das willst."
Der Drow sah ihn erst kurz überrascht an, dann seufzte er und
warf den Knüppel fort. Ein paar wüste Flüche vor sich hinspeiend
trat er mehrere Steine fort und meinte dann:
"Komm mit, wir beide müssen uns über etwas unterhalten."
Sie hockten sich auf die Bank hinter der Hütte und Nalfein
lehnte sogar ein angebotenes Bier ab. Stattdessen sah er Joro ziemlich
lange und nachdenklich an. Dann begann er zu reden.
"Ich habe dir vor einiger Zeit gesagt, daß du mir näher
gekommen bist, als ich es bei jedem anderen Menschen je zugelassen hätte,
erinnerst du dich daran?"
Joro nickte.
"Gut. Und wir haben durchaus auch schon Momente erlebt, in denen
wir beide Seite an Seite gestanden haben, um uns gegenseitig den Arsch
zu retten."
Der Priester nickte abermals.
"Nun...", Nalfein suchte nach Worten, "wie du sicherlich weißt,
halte ich von deinem Volk nicht sonderlich viel. Und daran werde ich jeden
Tag aufs Neue erinnert."
"Warum?"
"Erinnerst du dich an die Begegnung mit meiner Frau, Ilivarra?"
Natürlich erinnerte er sich. Die Drow mit der krächzenden
Stimme, die irgendwie unheimlich und in erster Linie unfreundlich gewesen
war.
"Ich kannte ihren Namen bisher nicht, aber warum macht dir das jetzt
schlechte Laune?"
"Weil sie mir die Hölle heiß macht deinetwegen."
"Meinetwegen?" Joro war verwirrt.
"Sie ist der Ansicht, daß ich mich mit dir verbrüdere
und das macht sie noch haßerfüllter, als sie ohnehin schon ist."
Der Priester war fassungslos.
"Aber ich habe ihr doch gar nichts getan."
"Du nicht..."
"Aber?"
Nalfein seufzte.
"Es ist wohl an der Zeit, daß ich dir erzähle, was mit
ihr geschehen ist. Früher oder später wirst du es ja ohnehin
erfahren..."
Wiederum überlegte der Drow eine ganze Weile, dann fuhr er
fort:
"Ilivarra ist noch sehr jung. Sie hat die Hundert noch nicht überschritten,
daher könnte man sie wahrscheinlich fast als eine Jugendliche bezeichnen,
gemessen an menschlichen Maßstäben. Natürlich ist sie in
ihrer persönlichen Entwicklung weiter, als ein jugendlicher Mensch,
aber was ich damit sagen will, ist, daß sie noch eine ganze Weile
Leben vor sich hat.
Die Umstände aber, wie sie zu uns kam, oder besser gesagt,
wie wir sie fanden, waren alles andere als glücklich."
"Was ist geschehen?"
"Wir, das heißt Dinin, ich und ein paar andere, waren auf
einer längeren Reise in die südlichen Bergregionen, bei der wir
nach Drow suchten, die an die Oberfläche kamen, um den Schrecken des
Unterreiches zu entkommen. Das taten wir damals sehr oft, um noch mehr
Leute für die Enklave, zur Stärkung unserer Gemeinschaft zu finden.
Als wir nahe an einem Bergbauerndorf vorbeikamen, hörten wir einen
wütenden Pöbel, der offenbar gerade dabei war, jemanden zu lynchen.
Und beim Näherkommen sahen wir dann auch, wer oder was das war."
"Drow, nicht war?"
Nalfein ließ die Schultern hängen.
"Wir kamen zu spät. Auf dem Boden vor dem Dorf lagen bereits
sechs Leichen. Der letzte Drow, eine Frau, wurde gerade niedergeschlagen
und sie setzten ihre Kleidung mit einer Fackel in Flammen. Lange Zeit konnten
wir nur zusehen, aber als sie sich schließlich wieder ins Dorf zurückzogen,
konnten wir endlich näher heran, um zu sehen, ob wir einige von ihnen
kannten."
Joro verstand instinktiv einiges.
"Laß mich raten, die Frau lebte noch?"
Nalfein nickte und kramte unter seinem Wams sein kleines Fläschchen
hervor, aus dem er einen großen Schluck nahm.
"Ganz genau", sagte er, während er die Flasche wieder verschloß,
"sie lebte noch, obwohl man das kaum so nennen konnte. Die anderen sechs
waren tot, Ilivarra hingegen war fürchterlich verbrannt, ihr linker
Arm und ihr linkes Bein waren so stark verletzt, daß wir nicht umhin
konnten, sie zu amputieren. Ihr Gesicht war eine einzige Brandwunde."
Er schüttelte sich, um die Erinnerung an dieses Bild zu vertreiben.
"Bist du sicher, daß du kein Bier willst, Nalfein?"
Der Drow schaute kurz zu ihm auf, blickte dann aber wieder nach
unten und nickte heftig.
"Doch, du hast recht, ich könnte eins vertragen."
Joro kam kurze Zeit später mit zwei frisch gefüllten Humpen
wieder und Nalfein trank ihn mit einem Zug fast halb aus.
"Also habt ihr sie mitgenommen?"
Nalfein rülpste laut.
"Vierna hat dafür gesorgt, daß sie überlebt, auch
wenn Ilivarra sie dafür haßt. Sie hat mir mehr als einmal gesagt,
daß sie lieber mit ihren Leuten dort gestorben wäre, als weiter
am Leben zu bleiben. Und woher ihr Haß auf die Menschen kommt, kannst
du dir jetzt sicher auch denken. Die sechs anderen Drow waren ihre noch
jüngeren Geschwister, die sie unter großen Gefahren aus dem
Unterreich gerettet hatte. Dabei..."
"Ja?"
"Sie mag eine haßerfüllte Person sein, aber ihr Geist...
Eigentlich ist er der eines unglaublich fürsorglichen und schönen
Mädchens." Seine Gedanken schweiften ab.
Joro hielt inne und zog eine Augenbraue hoch.
"Sagtest du nicht, daß ihr den Arm und ein Bein abnehmen mußtet?"
"Ja, mußten wir."
"Aber sie kann doch laufen und wenn ich mich erinnere hatte sie
auch zwei Arme..."
Nalfein lächelte verschmitzt.
"Die Drow verfügen über einige Techniken, die selbst die
Duergar so nicht hinbekommen. Wir sind dazu in der Lage, verletzte oder
zerstörte Gliedmaßen durch mechanische zu ersetzen. Die sind
fast so gut wie echte, nur daß sie eben keinen Tastsinn in sich haben,
es dauert also eine Weile, bis man sie richtig einsetzen kann."
Der Priester dachte darüber nach. Eine derartige Technologie
entzog sich völlig seines Begreifens, aber beeindruckend fand er es
schon. Aber er wollte beim Thema bleiben, anstatt über Technik zu
diskutieren und es gab da eine Frage, die ihm auf der Seele brannte.
"Falls diese Frage zu persönlich ist, bitte ich dich, mir zu
verzeihen, aber wie kam es, daß du sie geheiratet hast?"
Der Drow verzog keine Miene, sondern antwortete ihm prompt.
"Ich habe sie gesund gepflegt. Für Wochen und Monate. Am Anfang
habe ich ihren Schmerz geteilt und ihre unglaubliche Trostlosigkeit mitgelebt.
Doch dann habe ich begonnen, sie von einer ganz anderen Seite zu erkennen
und lieben zu lernen. Sie mag sehr jung sein, viel jünger als ich
es bin, aber sie hatte selbst damals schon einen sehr weisen und erwachsenen
Geist. Das Äußere war mir dabei nicht ein einziges Mal wichtig."
Das konnte Joro verstehen. Sein Großvater hatte ihm immer
gesagt, daß der Körper eines Menschen wertlos ist, egal wie
schön er auch sein mochte, wenn der Geist, der darin wohnte, dumm,
boshaft und träge war.
Nalfein fuhr fort:
"Nachdem ihre äußeren Wunden geheilt waren, verbrachten
wir viel Zeit damit, sie mit ihrem neuen Arm und Bein üben zu lassen,
was sie in Kürze perfekt beherrschte. Die gemeinsamen Monate hatten
jedoch, ohne daß ich es bemerkte, auch dafür gesorgt, daß
sie sich in mich verliebt hatte. Und so entschlossen wir uns am Ende zu
heiraten."
Joro war zutiefst beeindruckt.
"Eine schöne Geschichte, wenn du mich fragst."
"Das ist nicht unwahr, aber was bleibt ist die sehr umständliche
Art, mit ihr umzugehen. Sie ist ausgesprochen launisch und oft genug halte
ich es nicht mit ihr unter einem Dach aus, so wie heute, zum Beispiel."
"Kann man es eine Haßliebe nennen?"
Nalfein schüttelte heftig den Kopf.
"Nein, ich liebe sie wirklich. Aber es ist eben der Weg, wie ich
mich ihr gegenüber verhalten muß, der es oft genug sehr schwer
macht, es zu genießen."
Es wurde dem jungen Priester ziemlich bewußt, daß der
Dunkelelf einmal mehr sehr offen mit ihm redete, und er wollte nicht, daß
Nalfein sich hinterher irgendwie ausgenutzt fühlte, daher wollte er
nicht weiter bohren und lieber das Thema wechseln.
"Geht es dir wieder gut genug, um anständig weiter zu trainieren?"
Der Drow schaute ihn kurz verdutzt an und dann lächelte er
schief.
"Aber sag hinterher nicht, daß du es nicht wolltest."
In der Folge prügelte ihn Nalfein zwar nicht wirklich weniger
hart durch die Gegend, aber immerhin hatte er zugunsten eines Lerneffektes
die atemberaubende Geschwindigkeit ein bißchen gedrosselt.
Zwischen zwei Schlagserien hielt Joro kurz inne.
"Hast du ihr eigentlich erzählt, was wir schon zusammen erlebt
haben?"
Nalfein machte ein Finte und traf ihn danach zweimal recht derbe
am Kopf, was ihn zurücktaumeln ließ.
"Ja, das habe ich", knurrte er mit zusammengekniffenen Zähne.
"Aber sie glaubt, daß du dich hier nur einschleimst, um uns bei der
ersten Gelegenheit an die Menschen auszuliefern."
Joro wich zwei Schlägen aus und traf Nalfein aus der Drehung
am Oberschenkel, woraufhin dieser kurz einknickte und sich nach hinten
abrollte.
"An welche Menschen denn? Die Obrigkeit von Bargum, die mich mit
Sicherheit sofort aufknüpfen würde?"
Nalfein sprang vorwärts und hieb mehrere Male zu, was Joro
mit dem Schild abwehrte, um den Drow am Ende damit ein gehöriges Stück
zurückzuschubsen.
"Das mußt du schon sie selbst fragen, woher soll ich das denn
wissen." Er ließ den Knüppel sinken. "In ihrem Kopf gibt es
eine eigene, sehr verzerrte Welt und was Menschen angeht, ist sie für
Argumente völlig taub."
Joro senkte seine Waffe ebenfalls.
"Ich hoffe, ich werde es irgendwann schaffen, daß sie aufhört
mich zu hassen. Das würde auch dein Leben wesentlich einfacher machen."
Nalfein legte den Knüppel weg und machte eine Geste, die bedeutete,
daß sie fertig waren.
"Dann hätten wir immernoch die Leute aus Noth draußen
vor dem Portal. Ich glaube, solange es Menschen gibt, wird sie niemals
irgendwelchen Frieden finden."
"Das ist sehr traurig..."
Der Drow nickte und wischte sich mit einem Tuch den Schweiß
von der Stirn.
"Traurig ja, aber ich könnte dir keinen Weg nennen, wie das
Problem zu lösen wäre. Außerdem solltest du nicht vergessen,
daß du in meiner Sicht deines Volkes eine große Ausnahme darstellst."
Joro seufzte und schaute Nalfein mitleidig an.
"Vielleicht wirst du eines Tages die Erfahrung machen, daß
es noch mehr Menschen wie mich gibt. Außerdem wirst du immernoch
leben, wenn ich schon lange tot bin, daher denke ich, daß du vielleicht
sogar noch eine Zeit erleben wirst, in der Menschen und Drow ihre alten
Feindschaften vergessen und friedlich miteinander leben können. Zumindest
diese Drow hier."
"Deinen Idealismus schätze ich durchaus, Joro Macun, aber zunächst
gibt es da noch diese Sache mit den Hochelfen, falls du die schon vergessen
hast. Daher solltest du nicht vorschnell urteilen, wer von uns beiden der
erste ist, der stirbt." Und mit einem Grinsen fügte er hinzu: "Auf
der anderen Seite wäre ich zutiefst beleidigt, wenn ich vor dir sterbe."
Joro mußte lachen.
"Wenn man es genau nimmt, bin ich dir da sowieso schon einen Punkt
voraus."
Gemeinsam kichernd gingen sie zur Quelle hoch, um sich zu waschen.
Sie waren noch nicht einmal fertig, als sie unten den Gong läuten
hörten.
"Verdammt!" Nalfein streifte sich, so schnell wie es eben ging,
seinen Wams über. "Die Versammlung! Die hatte ich ganz vergessen!"
Joro bemühte sich seinerseits, sich wieder anzuziehen, während
Nalfein schon im Rennen nach unten es irgendwie schaffte, seine Stiefel
an die Füße zu bekommen. Als er endlich fertig war, rannte er
den schmalen Pfad nach unten, an seiner Hütte vorbei, zum Festplatz,
direkt vor Viernas Haus.
Dort standen schon die Priesterin und ihr General, letzterer sehr
zur Unterhaltung der Anwesenden immernoch halb naß und mit sehr wirren
Haaren, am Gong. Vierna eröffnete den Mitgliedern der Enklave, daß
sie am folgenden Tag die Anreise ihrer neuen Verbündeten erwarteten.
Der junge Mensch stellte sich hinter die Reihen und hörte zu,
wobei er nur einen Bruchteil verstand, da Vierna in der Drowsprache redete
und das gehörig schnell.
Wie Dinin am Vortag schon erklärt hatte, war die Zustimmung
für die Ereignisse, die auf sie warteten, ziemlich durchwachsen. Einige
der Drow rauften sich sogar die Haare, aber der Konsenz war wohl doch gewahrt,
denn keiner erhob offen Einspruch. Schließlich fragte die Hohepriesterin
noch, ob jemand Einwände hätte, aber keiner sagte etwas, sodaß
sie die Versammlung mit dem obligatorischen "Jorah" beendete und alle zerstreuten
sich, teilweise heftig diskutierend wieder zwischen die Häuser.
Joro trat vor, zu den beiden Drowanführern hin, die miteinander
sprachen.
"Guten Tag, Vierna. Ich habe zwar kaum etwas verstanden, aber ich
nehme an, daß du ihnen erklärt hast, was du mit Balthasar beredet
hast?"
Sie lächelte zuckersüß in seine Richtung.
"Richtig. Obwohl es mir natürlich klar war, daß sie das
nicht alle gut finden würden, aber es ist nun einmal so, wie es ist."
Nalfein hatte es irgendwie geschafft, seine Haare zu bändigen
und befestigte sie mit einer Spange im Nacken.
"Damit werden sie leben müssen", knurrte er, "es hat uns ja
auch keiner gefragt, ob wir Ärger mit der Legion haben wollen oder
nicht."
Die Priesterin zuckte mit den Achseln.
"Einschränkungen, gleich welcher Art, werden wir alle erfahren,
und mit Sicherheit können wir nicht krampfhaft an alten Gewohnheiten
festhalten. Ich denke Joros Anwesenheit sollte das mittlerweile allen hier
klar gemacht haben."
Sie sah sich um.
"Ich für meinen Teil werde jetzt einmal durch den Tunnel gehen
und ein paar Kräuter sammeln gehen. Davon kann man niemals genug haben."
Joro hielt sich davon ab, sie zu fragen, ob er mitkommen solle,
vor allem nicht, weil Nalfein dabei war und noch einige andere Drow in
Hörweite standen.
Vierna war seine Gefühlsregung jedoch nicht entgangen und ihre
Hände formten aus einer sicheren Position 'Ein anderes Mal'. Dann
lächelte sie und ging ins Haus.
Nalfein rückte seine Kleidung endgültig zurecht und meinte:
"Ich gehe jetzt und treffe mich mit den Spähern zur täglichen
Lagebesprechung, magst du mitkommen?"
Der Priester schüttelte den Kopf.
"Nein, ich habe mir vorgenommen, vor das Portal zu gehen und mich
umzusehen, wie es den Leuten aus Noth geht. Das wollte ich eigentlich schon
vor unserer Abreise."
"In Ordnung. Du kannst mir ja hinterher berichten, was dort los
war, ich habe immer gerne einen Überblick über die Lage."
Joro nickte und machte sich auf den Weg, während Nalfein in
eine andere Richtung fortging.
© Matthias
Wruck
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