(Anmerkung des Autors: Da ich
festgestellt habe, dass es recht mühsam ist, sich längere Texte
am Computer durchzulesen, habe ich beschlossen, Gets Reisen in etwas gekürzter
Form zu präsentieren und nur noch wichtige Stationen hervorzuheben.
Ich hätte zwar noch dutzende von Ideen allein für diesen Abschnitt,
doch würde das wohl alles zu weit führen, um es am PC zu lesen.
Also mach ich’s euch ein wenig leichter :-) )
.
Get rannte und rannte, so schnell er nur irgendwie konnte. Er versuchte
nicht zu denken. Versuchte die Gedanken an die vergangenen Stunden zu verdrängen.
Seine beiden Weggefährten hatten die größte Mühe,
mit ihm Schritt zu halten, und Zizam war in Sorge, dass Get sich im dichten
Wald des Worins verlaufen würde, doch noch größer war die
Sorge, von den Häschern seines Bruders gefasst zu werden.
Nur Pret schien als einziger unbekümmert zu sein. Zwar hasste
er es, dass Get so hetzte, doch das war auch schon seine einzige Sorge.
Er hatte sich noch nie sehr um die Familie oder das Dorf gekümmert
und so war es ihm sichtlich egal, dass nun alles zerstört war. Er
sah alles eher als einen Neuanfang an.
Als sie fast zwei Stunden lang scheinbar ziellos durch die Nacht
gelaufen waren, wurde es Zizam zuviel.
"Bleib stehen!" befahl er Get. Doch dieser wollte nicht auf ihn
hören und lief weiter. "Jefah!" sprach Zizam und augenblicklich wurden
Gets Beine weggezogen und er landete hart auf dem Boden.
"Ich kann dieses Tempo nicht mehr lange halten. Dass ich die letzten
zwanzig Jahre so wenig unterwegs war, macht sich doch ganz schön bemerkbar.
Außerdem laufen wir seit etwa zehn Minuten in die falsche
Richtung."
Unter Tränen raffte sich Get wieder auf. Er blickte Zizam starr
in die Augen, drehte sich um und rannte weiter.
Doch nach wenigen Metern wurde er von Zizam erneut auf den Boden
geschickt. Get versuchte verzweifelt gegen den Zauber anzukämpfen,
indem er über den Boden kroch, aber Zizam zog ihn langsam immer näher
an ihn heran.
"Hör mir zu, Junge!"
Get gab den Kampf auf und rollte sich erschöpft auf den Rücken.
"Ich weiß, dass du aufgebracht bist. Du hast dein Heim und
deine Familie verloren, doch wie ein verrückter in der Gegend herumzulaufen,
ist nicht die Lösung. Jetzt hast du dich einige Stunden abreagieren
können, also reiß dich gefälligst wieder zusammen!
Vergiss nicht, dass vor dir eine sehr schwere Mission liegt, die
du zum Wohle Zappons erfüllen musst!
Verdränge deine Gefühle nur für ein paar weitere
Stunden, denn trauern kannst du noch, wenn wir einen sicheren Platz dafür
haben.
Einverstanden?"
Get überlegt kurz und sagte dann: "Ja, ist in Ordnung."
"Gut! Wir haben noch etwa eine halbe Stunde Marsch diese Nacht vor
uns. Bis dahin können wir das kleine Dörfchen Derem erreicht
haben.
Mein Plan sieht vor, dass wir nur nachts reisen und uns tagsüber
in Wirtshäusern einquartieren. Dort sind wir am sichersten, da die
Söldner von Westhold bei den Einwohnern des Worins auf Granit beißen
werden, wenn sie bei ihnen nach uns suchen.
Zumindestens hoffe ich, dass sie noch so loyal zum Kaiser sind,
dass sie keine Informationen an seine Feinde weitergeben.
Sicher werden sie die Straßen überwachen, also gedenke
ich abseits über die Felder und durch die Wälder zu gehen."
Ohne noch ein weiters Wort zu verlieren begab sich Zizam auf den
Weg. "Was stehst du da so herum? Gerade konntest du doch noch laufen wie
ein Verrückter?"
So liefen die drei Reisegefährten weiter. Zizam voran, Get
und Pret folgend.
Und wie Zizam es vorausgesagt hatte, kamen sie nach genau einer
halben Stunde in Derem an.
Zizam hätte zwar gerne noch die zwei bis drei Stunden Dunkelheit
ausgenutzt, doch die Jungen waren zu erschöpft, um auch nur noch einen
Fuß vor den anderen zu setzen.
Also quartierten sie sich in einem leicht heruntergekommenen Gasthof
ein. Die beiden Jungen legten sich schlafen, während der alte weise
Zauberer die Straße vor ihrer Unterkunft im Blick behielt.
Die folgenden Wochen verliefen etwa so wie Zizam es geplant hatte.
Die Tage verbrachten sie in Gasthöfen, die Nächte auf
den Landstraßen. Zizam verstand es sehr gut die kleine Gruppe in
der Dunkelheit zu tarnen und mehrere Male bemerkten sie, wie einer ihrer
Verfolger, die nun den gesamten Worin durchkämmten, an ihnen vorbei
ritt.
Zizam spürte es förmlich, wenn eines der schweren Lemaks
nahte. Dann gab er ihnen ein Zeichen und die drei verschwanden im Straßengraben.
Wenn sich Zizam tagsüber in den Dörfern, in denen sie
Quartier bezogen, umhörte, so erfuhr er, dass die Westholden schon
in jedem der Orte gewesen waren und sich nach ihnen erkundigt hatten.
Doch die Bewohner des Gebirges hätten niemals Informationen
an die Feinde des zerstörten Kaiserreiches weitergeben, denn noch
war ihre Macht nicht über die großen Ebenen des Westens hinausgekommen.
Auch Arai war eine große Hilfe für die Reisegefährten.
Er spionierte ständig die Wege des Feindes aus der Luft aus, sodass
sich Get und seine Begleiter danach richten konnten.
Nachdem sie fast einen ganzen Monat lang auf diese Weise immer so
weiter nach Süden marschiert waren, sagte Zizam zu ihnen: "Seht ihr
dort hinten dieses kleine Wäldchen?" Er deutet auf eine Ansammlung
von Bäumen, in denen sich die Straße verlor.
Get hatte bereits bemerkt, dass so etwas anstand, denn sie waren
das erste Mal seit ihrem Aufbruch tagsüber unterwegs und dazu war
die Straße auch noch äußerst belebt.
"Dahinter liegt unser erstes Reiseziel. Der Rhododendronpass!
Er ist der einzige Durchlass zwischen dem östlichen und dem
westlichen Teil Zappons. Alle andern sind vom Worin versperrt.
Wir werden uns erst einmal ein nettes kleines Quartier in Golg,
eine der beiden Grenzstädte, suchen. Dann suchen wir uns ein nettes
Passagierschiff und segeln über den Kedan bis an das Tränenmeer
im äußersten Westen, um Lutrond den Elbenfürsten zu treffen."
Während Zizam diese Worte gesprochen hatte, traten sie bereits
in den Wald ein. Get war sichtlich gespannt, wie Golg und Ir wohl aussehen
würden.
Dann traten sie aus dem Wald heraus und an den Rand einer großen
Klippe.
Es war ein geradezu majestätischer Anblick.
Das Gelände fiel wenige Meter vor ihnen steil ab, um eine etwa
zwei Kilometer lange Schlucht zu bilden und dann am anderen Ende genauso
steil wieder anzusteigen.
In der Mitte der Schlucht floss der Kedan, der sich im Laufe von
tausenden Jahren einen Weg durch das Gebirge gegraben hatte. Allerdings
sah er sehr braun und schmutzig aus, was daran lag, dass er als Kloake
für das gesamte Land diente.
An seinen Ufern lagen die Bollwerke des Guten. Golg und Ir. Hundertausende
von Orks hatten bereits ihr Leben beim Versuch eines Angriffes verloren.
Denn im Westen waren die beiden Städte durch Mauern geschützt,
die die Breite eines Straßenblockes hatten. Auf der zwei Kilometer
langen Verteidigungslinie strotze es nur so vor Türmen, Katapulten
und anderen Verteidigungsapparaten.
Das faszinierendste war aber, dass die Mauern sogar den Fluss überspannten
und ihm Durchlass durch ein ausgeklügeltes System aus Säulen
gewährten, sodass man nicht einmal mit Schiffen in die Stadt eindringen
konnte.
Alles in allem das größte Wunder der Architektur außerhalb
von Kent und den Zwergenreichen.
"Hast du genug gestaunt?" Zizam riss unseren jungen Helden aus seiner
kurzzeitigen Trance und so machten sie sich an den Abstieg in die Stadt
hinunter.
© Adlers
Auge
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