Die Welt von Zappon von Adlers Auge
2. Kapitel: Die Flucht nach Süden

(Anmerkung des Autors: Da ich festgestellt habe, dass es recht mühsam ist, sich längere Texte am Computer durchzulesen, habe ich beschlossen, Gets Reisen in etwas gekürzter Form zu präsentieren und nur noch wichtige Stationen hervorzuheben. Ich hätte zwar noch dutzende von Ideen allein für diesen Abschnitt, doch würde das wohl alles zu weit führen, um es am PC zu lesen. Also mach ich’s euch ein wenig leichter :-) )

.
Get rannte und rannte, so schnell er nur irgendwie konnte. Er versuchte nicht zu denken. Versuchte die Gedanken an die vergangenen Stunden zu verdrängen. 
Seine beiden Weggefährten hatten die größte Mühe, mit ihm Schritt zu halten, und Zizam war in Sorge, dass Get sich im dichten Wald des Worins verlaufen würde, doch noch größer war die Sorge, von den Häschern seines Bruders gefasst zu werden.
Nur Pret schien als einziger unbekümmert zu sein. Zwar hasste er es, dass Get so hetzte, doch das war auch schon seine einzige Sorge.
Er hatte sich noch nie sehr um die Familie oder das Dorf gekümmert und so war es ihm sichtlich egal, dass nun alles zerstört war. Er sah alles eher als einen Neuanfang an.
Als sie fast zwei Stunden lang scheinbar ziellos durch die Nacht gelaufen waren, wurde es Zizam zuviel.
"Bleib stehen!" befahl er Get. Doch dieser wollte nicht auf ihn hören und lief weiter. "Jefah!" sprach Zizam und augenblicklich wurden Gets Beine weggezogen und er landete hart auf dem Boden.
"Ich kann dieses Tempo nicht mehr lange halten. Dass ich die letzten zwanzig Jahre so wenig unterwegs war, macht sich doch ganz schön bemerkbar.
Außerdem laufen wir seit etwa zehn Minuten in die falsche Richtung."
Unter Tränen raffte sich Get wieder auf. Er blickte Zizam starr in die Augen, drehte sich um und rannte weiter.
Doch nach wenigen Metern wurde er von Zizam erneut auf den Boden geschickt. Get versuchte verzweifelt gegen den Zauber anzukämpfen, indem er über den Boden kroch, aber Zizam zog ihn langsam immer näher an ihn heran.
"Hör mir zu, Junge!"
Get gab den Kampf auf und rollte sich erschöpft auf den Rücken.
"Ich weiß, dass du aufgebracht bist. Du hast dein Heim und deine Familie verloren, doch wie ein verrückter in der Gegend herumzulaufen, ist nicht die Lösung. Jetzt hast du dich einige Stunden abreagieren können, also reiß dich gefälligst wieder zusammen!
Vergiss nicht, dass vor dir eine sehr schwere Mission liegt, die du zum Wohle Zappons erfüllen musst!
Verdränge deine Gefühle nur für ein paar weitere Stunden, denn trauern kannst du noch, wenn wir einen sicheren Platz dafür haben.
Einverstanden?"
Get überlegt kurz und sagte dann: "Ja, ist in Ordnung."
"Gut! Wir haben noch etwa eine halbe Stunde Marsch diese Nacht vor uns. Bis dahin können wir das kleine Dörfchen Derem erreicht haben.
Mein Plan sieht vor, dass wir nur nachts reisen und uns tagsüber in Wirtshäusern einquartieren. Dort sind wir am sichersten, da die Söldner von Westhold bei den Einwohnern des Worins auf Granit beißen werden, wenn sie bei ihnen nach uns suchen.
Zumindestens hoffe ich, dass sie noch so loyal zum Kaiser sind, dass sie keine Informationen an seine Feinde weitergeben.
Sicher werden sie die Straßen überwachen, also gedenke ich abseits über die Felder und durch die Wälder zu gehen."
Ohne noch ein weiters Wort zu verlieren begab sich Zizam auf den Weg. "Was stehst du da so herum? Gerade konntest du doch noch laufen wie ein Verrückter?"
So liefen die drei Reisegefährten weiter. Zizam voran, Get und Pret folgend. 
Und wie Zizam es vorausgesagt hatte, kamen sie nach genau einer halben Stunde in Derem an.
Zizam hätte zwar gerne noch die zwei bis drei Stunden Dunkelheit ausgenutzt, doch die Jungen waren zu erschöpft, um auch nur noch einen Fuß vor den anderen zu setzen.
Also quartierten sie sich in einem leicht heruntergekommenen Gasthof ein. Die beiden Jungen legten sich schlafen, während der alte weise Zauberer die Straße vor ihrer Unterkunft im Blick behielt.
Die folgenden Wochen verliefen etwa so wie Zizam es geplant hatte.
Die Tage verbrachten sie in Gasthöfen, die Nächte auf den Landstraßen. Zizam verstand es sehr gut die kleine Gruppe in der Dunkelheit zu tarnen und mehrere Male bemerkten sie, wie einer ihrer Verfolger, die nun den gesamten Worin durchkämmten, an ihnen vorbei ritt.
Zizam spürte es förmlich, wenn eines der schweren Lemaks nahte. Dann gab er ihnen ein Zeichen und die drei verschwanden im Straßengraben.
Wenn sich Zizam tagsüber in den Dörfern, in denen sie Quartier bezogen, umhörte, so erfuhr er, dass die Westholden schon in jedem der Orte gewesen waren und sich nach ihnen erkundigt hatten.
Doch die Bewohner des Gebirges hätten niemals Informationen an die Feinde des zerstörten Kaiserreiches weitergeben, denn noch war ihre Macht nicht über die großen Ebenen des Westens hinausgekommen.
Auch Arai war eine große Hilfe für die Reisegefährten. Er spionierte ständig die Wege des Feindes aus der Luft aus, sodass sich Get und seine Begleiter danach richten konnten.
Nachdem sie fast einen ganzen Monat lang auf diese Weise immer so weiter nach Süden marschiert waren, sagte Zizam zu ihnen: "Seht ihr dort hinten dieses kleine Wäldchen?" Er deutet auf eine Ansammlung von Bäumen, in denen sich die Straße verlor.
Get hatte bereits bemerkt, dass so etwas anstand, denn sie waren das erste Mal seit ihrem Aufbruch tagsüber unterwegs und dazu war die Straße auch noch äußerst belebt.
"Dahinter liegt unser erstes Reiseziel. Der Rhododendronpass!
Er ist der einzige Durchlass zwischen dem östlichen und dem westlichen Teil Zappons. Alle andern sind vom Worin versperrt.
Wir werden uns erst einmal ein nettes kleines Quartier in Golg, eine der beiden Grenzstädte, suchen. Dann suchen wir uns ein nettes Passagierschiff und segeln über den Kedan bis an das Tränenmeer im äußersten Westen, um Lutrond den Elbenfürsten zu treffen."
Während Zizam diese Worte gesprochen hatte, traten sie bereits in den Wald ein. Get war sichtlich gespannt, wie Golg und Ir wohl aussehen würden.
Dann traten sie aus dem Wald heraus und an den Rand einer großen Klippe.
Es war ein geradezu majestätischer Anblick.
Das Gelände fiel wenige Meter vor ihnen steil ab, um eine etwa zwei Kilometer lange Schlucht zu bilden und dann am anderen Ende genauso steil wieder anzusteigen.
In der Mitte der Schlucht floss der Kedan, der sich im Laufe von tausenden Jahren einen Weg durch das Gebirge gegraben hatte. Allerdings sah er sehr braun und schmutzig aus, was daran lag, dass er als Kloake für das gesamte Land diente.
An seinen Ufern lagen die Bollwerke des Guten. Golg und Ir. Hundertausende von Orks hatten bereits ihr Leben beim Versuch eines Angriffes verloren.
Denn im Westen waren die beiden Städte durch Mauern geschützt, die die Breite eines Straßenblockes hatten. Auf der zwei Kilometer langen Verteidigungslinie strotze es nur so vor Türmen, Katapulten und anderen Verteidigungsapparaten. 
Das faszinierendste war aber, dass die Mauern sogar den Fluss überspannten und ihm Durchlass durch ein ausgeklügeltes System aus Säulen gewährten, sodass man nicht einmal mit Schiffen in die Stadt eindringen konnte.
Alles in allem das größte Wunder der Architektur außerhalb von Kent und den Zwergenreichen.
"Hast du genug gestaunt?" Zizam riss unseren jungen Helden aus seiner kurzzeitigen Trance und so machten sie sich an den Abstieg in die Stadt hinunter.
 

© Adlers Auge
Vor Verwendung dieser Autoren-EMail-Adresse bitte das unmittelbar am @ angrenzende "NO" und "SPAM" entfernen!
.
Und schon geht's hier weiter zum 3. Kapitel: "Ein fataler Fehler"

.
www.drachental.de