Ausgerechnet heute mußte Baram so lange warten, bis er in
den Garten ging, dabei habe ich heute extra früh gefressen. Ich muß
ihn endlich mal dazu bringen, wenigstens ein Fenster immer offen zu lassen
– es kann ja nicht sein, daß ich so sehr von ihm abhängig bin…
Na ja, jetzt bin ich draußen und auf dem Weg… endlich.
Aber sonst war in den letzten Monaten alles in Ordnung, sogar das
Fressen ist hier besser als es bei Hagadschusa war; ich fürchte, ich
werde mich langsam an ihn gewöhnen.
Nur die Namen, die er mir gegeben hat, finde ich ein bißchen
albern: Fuarú – und „Miezkatz". Na ja, so sind die Menschen nun
mal.
Jetzt muß ich mich aber beeilen – habe einen weiten Weg vor
mir.
Die Zeichen wurden in den letzten Tagen immer deutlicher… Bald wird
es soweit sein, und wir werden handeln müssen.
Es braut sich was zusammen, ballt sich zu einer gewaltigen Macht
– genau wie dieses lästige Unwetter da vor mir, nur viel schlimmer.
Nun hab’ ich’s schon so weit geschafft, bis in die Waldberge, da
muß sowas wieder dazwischenkommen… Und das Gewitter sieht nicht so
aus, als würde es ‘völlig normal’ sein… Es ist zu… trocken. Kein
Regen, Hagel oder sowas; kein Wind, nichts. Nur Blitze und dumpfes, noch
fernes Donnergrollen. Aber genau da muß ich durch…
Ich bin gerade mittendrin, da schlägt ein Blitz krachend in
die Eiche neben mir ein, schlägt Holzsplitter aus dem Stamm, von denen
mich einige fast treffen. Doch ich renne weiter, weiche den Splittern aus,
doch da zerbirst schon der nächste Baum – vom Blitz gefällt.
Diesmal trifft mich ein Ast am Hinterbein, es schmerzt, aber ich muß
weiterrennen, raus aus dem Unwetter.
Erst als ich ein paar Minuten später nicht mehr so nah an dem
Gewitterherd bin, lecke ich meine Wunden. Ich glaube, es geht schon wieder
einigermaßen – es muß einfach…
Ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, daß dieses Unwetter
nur dazu da ist, ungebetene Gäste fernzuhalten; fernzuhalten von dem
Ort, wo ich schnellstens hin muß, wo ich erwartet werde. Heute Nacht
ist es soweit…
Nur kurze Zeit später erreiche ich den vorerst höchsten
Punkt meiner Reise. Ich bleibe stehen und sehe mich um.
Hinter mir der dunkle Wald über dem noch immer die unheilvollen
Gewitterwolken thronen, flankiert von hohen, von Wald bedeckten Bergen,
deren Gipfel kaum zu erahnen sind – einerseits wegen der Wolken, andererseits
auch wegen der zunächst steil, dann aber nur noch flach ansteigenden,
felsigen Hänge. Links und rechts von mir erstrecken sich weite, von
Gräsern bedeckte Geröllfelder, ein ausgetrocknetes Bachbett liegt
weiter weg zu meiner Rechten. Und vor mir breitet sich ein schmales Tal
aus, zieht in weitem Bogen von rechts nach links. Und mittendrin schlängelt
sich der Fluß langsam, aber unaufhaltsam dem fernen, unbekannten
Meer entgegen; sein Wasser glitzert silbern in der Sonne.
Es sieht so idyllisch aus, so friedlich, das Tal. Und doch trügt
der Schein wie so oft. Ich weiß, daß auch hier Gefahren lauern,
mehr als nur ein ungewöhnliches Gewitter. Langsam dringe ich in ihr
Revier ein. Aber vielleicht habe ich Glück und sie ist zu sehr mit
gewissen anderen Dingen beschäftigt, um mich zu bemerken.
Vielleicht…
Da muß ich erst mal runter, dann habe ich den größten
Teil meines Weges geschafft.
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