Geschichten der legendären Welt Rim von Frederic
Leveralit, das Buch des Kalites
1. Gute Zeiten für Krieger

Ich schlenderte ein wenig durch die Wälder von Viran, so wie ich das schon seit sieben Jahren täglich machte. Das heißt seit ich bei Graf Visler angeheuert hatte. Visler ist ein reicher Erz-Magnat, der eigentlich nach Zimdur gehören würde, er sagt aber, dass ihm die feinen Elfen und Magier-Kasten zum Halse raushängen und er nie wieder dorthin zurückkehren würde. Das hört sich ziemlich seltsam für einen einfachen Krieger wie mich an, der wie alle anderen sein Leben lang davon träumt, mal dort oben zu leben. Aber wenn er meint, er wolle hier unten mit all den Barbaren und dem Ork-Abschaum zusammen leben, ist das nicht meine Sache, außerdem bezahlt er gut.
Ich hörte ein leises Knacken hinter mir, tat aber weiter so, als ob ich nichts bemerkt hätte. Der Ork kam also weiter näher, ich hörte, wie er seinen Dolch aus der Scheide zog. Wischhh. Bevor der Ork merkte, was los war, lag er auch schon tot auf dem Boden. Nichts besonderes hier unten, "wie schön es doch wäre, einmal einfach spazieren zu gehen, ohne gleich überfallen zu werden", auch einer der Gründe, weshalb ich ein Leben auf Viran bevorzugen würde. Nun ja ein schmutziger Barbaren-Söldner wie ich wird allerdings niemals dort oben leben und damit habe ich mich auch abgefunden.

Schon sah ich die ersten Umrisse Nord-Burgendorfs. "Lieber eine Heimat als kein Paradies", dachte ich mir und schlenderte weiter in Gedanken versunken in Richtung Festung. Doch dann vernahm ich eine gehörige Anzahl von Schritten hinter mir.  "Verdammt, der tote Ork hatte also Freunde." Eine sehr unangenehme Situation bahnte sich an, ohne Magier würde ich keine Chance gegen mehr als sieben Orks haben! Ich begann zu rennen und nun machten auch die Orks keinen Hehl mehr aus ihrem Vorhaben und ließen wilde Kampfschreie ertönen! Zum Glück bin ich sehr schnell und habe eine hervorragende Ausdauer und so schaffte ich es, genügend Abstand zu halten.
Plötzlich hörte ich einen lauten Knall und eine Schockwelle warf mich der Länge nach auf den Waldboden. Ich erhob mich und sah hinter mir ganze dreizehn Orks teilweise unkomplett am Boden verteilt und da hörte ich auch schon das vertraute Lachen meines guten Freundes Serbian.
"Hahahahahah, naa Meldon, da hast du aber gerade noch mal Glück gehabt, dass ich auch einen kleinen Spaziergang unternehmen wollte."
"Ja, ich danke dir, Serbian, Freund, diesmal hätte ich's ohne dich warscheinlich nicht gepackt."
"Kein Problem du hast mich ja auch schon mehr als einmal gerettet!"
Gemeinsam betraten wir nun endlich Nord-Burgendorf, um Visler den morgentlichen Bericht zu erstatten.

"Seid gegrüßt, Visler, Herr von Nord-Burgendorf, ich wurde heute Morgen zwar von einigen Orks angegriffen, aber es sieht nicht so aus, als ob der Meritiden-Klan heute noch einen Angriff starten wird. Was ich mit Verlaub nach der letzten Niederlage, die wir ihnen zugefügt haben, sowieso nicht geglaubt habe", sagte ich mit der gebotenen Höflichkeit.
"An der ihr nicht gerade unbeteiligt gewesen seid, Meldon, und ich denke, ihr habt dafür eine Belohnung verdient, ich werde euch zum Ober-Aufklärer ernennen", antwortete Visler freundlich.
"Ihr seid zu gütig, Herr, aber ohne meinen treuen Freund Serbian hätte ich dies niemals geschafft, ich denke, wenn, sollten wir beide den selben Rang bekleiden."
"Treu bis in den Tod euren Freunden gegenüber, ihr seid wahrlich eine gute Seele und ich möchte eure Bitte erfüllen, ab jetzt seid ihr beide meine Ober-Aufklärer und erfüllt von nun an meine persönlichen Aufträge."
Und so endete das Gespräch und wir waren beide sehr glücklich, denn Ober-Aufseher ist ein ansehnlicher Dienstgrad für Nichtadlige und von nun an würden wir beide noch öfter gemeinsam kämpfen können. Für den Rest des Tages bekamen wir dienstfrei und ich widmete mich wieder meiner Lieblingsbeschäftigung, nämlich spazierengehen, diesmal aber mit Serbian zusammen, nur für den Fall, dass die Orks wieder angreifen würden...

Am nächsten Tag kam auch schon der erste Auftrag, denn wir wurden von einem Boten informiert, dass Visler uns sprechen wolle. Eine Viertelstunde später waren wir dort.
"Ahhh, willkommen Meldon, und sei auch du willkommen Serbian. Wir wollen gleich zur Sache kommen, also passt auf. Ich habe mein Augenmerk auf einen Schatz gerichtet und ihr sollt ihn für mich finden, meint ihr, dass ihr das schafft?"
"Wir werden tun was ihr befielt, Herr", antwortete ich, wie ich es gelernt hatte, während ich an den verschiedensten Höfen gedient hatte.
"Warum so förmlich? Ihr habt es euch wahrlich verdient, brüderlich mit mir zu sprechen, Freund."
"Ihr erstaunt mich, Herr, ich war an Höfen, die weitaus weniger reich waren als ihrer, und sie bestanden trotzdem darauf, dass ich mich auf Abstand halte, ich war Leibwächter eines Kastellen-Königs und er wollte, dass ich ihn wie einen Gott behandele. Wie kommt es, dass ihr so überaus freundlich seid?"
"Mein Freund, hätte ich Höflichkeitsfloskeln favorisiert, so würde ich auf Zimdur leben und ich hätte keinen so wohlgesonnen Hofstaat wie ich ihn freilich besitze. Nun gut, genug des Palavers, ihr habt euch entschieden und nehmt nun diese Schriftrolle mit allen Einzelheiten, aber öffnet sie erst, wenn ihr drei Kilometer von Nord-Burgendorf entfernt seid. Außerdem habt ihr freie Hand in der Waffenkammer, gehabt euch Wohl."
"Zu gü... Äh... Ich danke dir, Freund!"

"Arrrrrrrr", schnaubte ich vor Entzücken, ich hatte schon viele Waffenhorte gesehen, aber Visler hatte einen enormen Hort der kostbarsten Schwerter, Schilde und Kriegs-Stäbe. Ich verliebte mich sofort in ein sehr großes, hellblau-gräulich schimmerndes Scharfrichterschwert mit einem großen viereckig geschliffenen Saphier auf dem Griff und einer in Gold gefassten Erz-Scheide. Der Waffenhort-Wächter erklärte mir, dass nach den Legenden der Gott Ras selbst es auf die Erde warf, um im großen vorzeitlichen Krieg eine Entscheidung zu erzwingen und dass es untote Wesen blenden kann, wenn man sie mit ihm trift. Serbian nahm sich einen giftgrünen Eibenstab in Form einer Schlange, mit dem er laut des Meisters niedere Blitzzauber wirken könne, ohne Energie zu verbrauchen. Nun ja, laut Serbian spürte er, dass dies keine Lüge war, aber mir ist dieser Magie-Kram sowieso suspekt, ich respektiere kalten Stahl und keine unsichtbaren Kräfte. Trotzdem ist es manchmal doch ganz hilfreich und deswegen verkniff ich mir einen Kommentar. Wir deckten uns noch mit Heiltränken ein und brachen noch am selben Tag auf.
 

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Und schon geht's weiter zum nächsten Kapitel: Eine lange Reise
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