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Diese Geschichte wurde von den Drachental-Besuchern zur
zweitbesten Fantasy-Fortsetzungs-Story 2006 im Drachental gewählt!

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Schattenläufer von V.Geist (ehem. BlackAngel_O.D)
Titelbild:

© by V.Geist
Prolog

Die Höhle war düster. Alles was diesen riesigen Raum erhellte, waren ein paar Kerzen und einige wenige Fackeln gewesen. In der Mitte schien ein Lichtstrahl von der Decke herunter, allerdings nicht durch ein Loch in der Decke, das die Sonne einließ, sondern durch einen Diamanten, der weit oben in der Decke thronte. Das Licht, welches von ihm ausging, pulsierte leicht und hin und wieder krochen kleine Schatten über seine Oberfläche. Es waren die Verkörperungen der Seelen, die in dem Schwert wohnten und sich durch diese Form der Existenz im Diesseits für kurze Zeit manifestieren konnten.
Der junge Krieger, der eben die Halle betreten hatte, ging zielstrebig auf  deren Mitte zu, wo ein steinerner Podest etwa einen Meter in die Höhe führte. Auf dem Rand des großen kreisrunden Gebildes waren Ornamente aus der Zeit des alten Dunkelelfenreiches zu erkennen. Heute konnten nur noch wenige diese Schriften lesen. Als er die drei Stufen der kleinen Erhöhung erklommen hatte, baute er sich am Rand des Kreises auf und sah sich um.  Die gesamte Oberfläche des Podestes war überzogen mit eingemeißelten Ornamenten, Runen und kunstvoll gezogenen Schriftzeichen. Eine Alte Sprache, die viele Elemente der heutigen Sprachen der Elfenvölker in sich verband. Vor seinen Füßen war eine tiefe Kuhle, ebenfalls mit Runen übersät und kunstvoll verziert. Etwa hundert Meter über seinem Kopf hing der Diamant in der Decke. Und er strahlte nun wesentlich heller als zuvor. Die Kreaturen auf seiner Oberfläche schienen nervös. Sie krabbelten schnell und flink an dem riesigen Stein auf und ab, kamen aus den hellen Strahlen, die er ausstrahlte, und verschwanden wieder in ihnen. 
Unter dem halb zerfetzten Gewand holte der Krieger ein Amulett hervor. Es hatte ihm den Weg hierhin gewiesen und nun schien es tot. Es gab keine Reaktion mehr in seinem Inneren, obwohl es vor Stunden noch vor Leben so gestrotzt hatte. Er fuhr mit dem Finger über die Oberfläche des kleinen Anhängers und murmelte dabei einige magische Worte.
Plötzlich fuhr wieder Leben in das kleine, kalte Schmuckstück. Es leuchtete und dann sog es die Strahlen des Diamanten förmlich auf. Das Licht in der Halle wurde finsterer und ein leises Grollen erfüllte die Luft. Der riesige Diamant löste sich aus der Decke und schwebte hinunter auf das Podest zu. Als er ankam versank er bis zur Hälfte in der Kuhle, die in der Mitte des Kreises in den Boden geschlagen war, und wirbelte Unmengen an Staub auf.
Schon Hunderte von Jahren war hier unten niemand mehr gewesen. Mit den ausgestreckten Händen berührte er die kühle Oberfläche des Steines. Ein Kribbeln erfüllte seine Haut, fuhr in seinen Körper, die Arme hinauf und bis in den Kopf. Die Kristalle auf den Ringen an seinen Fingern leuchteten auf. Es funktionierte. Man hatte ihn nicht belogen und all die Anstrengungen schienen nicht umsonst gewesen zu sein. Die Kreaturen krabbelten über seine Hände. Und schließlich fingen die ersten verlorenen Seelen an, sich in seinen Körper zu verflüchtigen. Kommt! Tretet ein, meine Freunde! hallten seine Gedanken durch seinen Kopf und er vernahm die Stimmen der Toten, die ihm ihre Klagelieder sangen. Der Stein fing an zu schmelzen. Als wäre er aus Eis schmolz er von oben nach unten herunter, bis nur noch das fest war, was in der Kuhle im Boden versenkt lag. Er setzte sich in Bewegung, ging ein paar Schritte durch den Qualm, der von dem neu entstandenem Boden aufstieg. Und dann kam er an. In der Mitte des Diamanten fand er das Schwert, das er so lange gesucht hatte. Seine Schneiden glühten rot und die goldenen Verzierungen an Griff und Klinge zeugten von der majestätischen Herkunft dieser Waffe. Eine Kette hing von seinem Knauf herab und ein Anhänger mit Runen deutete auf die Schmiede hin, in der es einst gefertigt worden war.  Zögernd umfasste er das schwarze Leder des Griffes und zog den schweren Zweihänder aus dem kristallenen Boden. Sofort gingen unglaubliche Energien in seinen Körper über und erfüllten jede Faser seiner Selbst mit Stärke und überlegenem Kampfgeist. Die schwarzen Schattenjade- Verzierungen, die unter seine Haut gearbeitet worden waren, färbten sich rot und glühten auf. Jede Ader pulsierte in ihm, als er das Schwert mit beiden Händen packte und in die Höhe hielt. Er war es. Er war es, den das Schwert des Kaisers sich auserwählt hatte. Schritte ertönten hinter ihm und als er sich umsah kam eine düstere Gestalt näher. Ihr Gesicht erkannte er nicht, doch als sie in das Licht des Diamanten trat, sah er, wer ihn in dieser Stunde aufsuchte.
"Du hast es also geschafft!" erklang seine ruhige Stimme sanft aber kräftig unter der Kapuze des Mantels, in den der Mann gehüllt war. Auch er trug ein reich verziertes Schwert, jedoch mit einer schwarzen Klinge und mit Runen der Torang’dai versehen.
"Großmeister Dronmath! Verzeit!"
Der Junge Mann verbeugte sich kurz vor seinem Clanvater. Als er wieder aufsah hatte dieser seine Kapuze zurück gestriffen und sah sich im Raum um. Dann deutete er lächelnd auf das Schwert in seinen Händen.
"Es ist schon gut. Du bist der von uns beiden mit dem mächtigeren Schwert. Komm mit!"
Sie verließen den Raum und als sie das Portal durchschritten hatten brach die ganze Halle unter lautem Getöse von einer Sekunde auf die andere in sich ein.

Es war ein langer Weg an die Oberfläche und als sie die Tore des Tempels passiert hatten blendeten die Sonnenstrahlen des Morgens den jungen Krieger, der noch immer das Schwert in seinen Händen hielt. Eine kleine Garde von Soldaten wartete draußen. Die Leibwächter  von Dronmath. Einer kam schnell herbei, verneigte sich vor den beiden Männern und übergab dem Krieger ein Felltuch, in das er das Schwert einhüllte. Nur der Griff sah noch hervor.
"Du hast dein Ziel also erreicht! Und nun?"
Der Junge Mann zögerte kurz. Dann antwortete er: "Ich weiß es nicht. Sagt ihr es mir, Großmeister!"
Der Mann musterte seinen jungen Untergebenen kurz, dann sprach er:
"Du musst es selbst wissen. Nun bist du nicht mehr länger ein einfacher Krieger. Das Kaiserschwert hat dich auserwählt und das bedeutet, dass du nun vielleicht einer der stärksten Krieger dieser Welt werden kannst. Doch es liegt in deinen Händen."
Mit dem Blick zum Horizont gerichtet fuhr er fort.
"Brich auf und du wirst es sehen. nichts was du tust wird falsch sein, ich weiß es. Es ist dir vorherbestimmt. Es ist dein Schicksal und das Wohlergehen deiner selbst und des Clans hängt davon ab. Finde dein Schicksal, Shade!"
Mit diesen Worten im Kopf brach der junge Krieger namens Shade schließlich auf. Er blickte sich noch ein mal um und sah seinen Meister an. Dann ließ er sich von den Soldaten ein Pferd geben und ritt davon.
Der Großmeister sah ihm noch einen Moment hinterher und murmelte wie zu sich selbst gerichtet:
"Und vielleicht auch das Wohlergehen der ganzen Welt. Möge Azurath dich beschützen, junger Shade!"
 

© V.Geist
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Und schon geht es weiter zum 1. Kapitel (1. Teil): Shade

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