Last Dragon Warriors von Teufelchen
Kapitel 2 - Die Legende von Menet

- Inzwischen, tief im Krater des Fujijama -

"Wie lange dauert das denn noch?" Seine wütende Stimme ließ den ganzen Krater erzittern.
"Hetzen Sie uns nicht! Wenn wir Erfolg haben wollen, dürfen wir uns keine Fehler erlauben, nicht einmal einen kleinen!"
"Es ist mir egal, wie Sie es machen, Hauptsache Sie kriegen dieses verdammte Tor auf!!!"
"Das wird schon, bis jetzt haben wir jedes Schloß geknackt. Lassen Sie uns nur machen und kümmern Sie sich um Ihre Sachen und nicht um die unsrigen." 
"Dieses Schloß ist aber nicht jedes Schloß und Sie könnten es mit dem Leben bezahlen."
"Sie verstehen es, die Arbeitsmoral oben zu halten." Seine Stimme klang etwas entmutigt; eingeschüchtert.
Sein wütender Gesprächspartner murmelte leise etwas vor sich hin und ging. 
Die anderen Männer sahen ihn forschend und abwartend an, fragten aber nicht weiter nach seinen Worten. Wenn sie nicht durch etwaige Fallen starben, würde er das sicher übernehmen. 
Die zwei Männer nahmen ihre Meißel wieder auf und setzten ihr Werk fort.
Die beiden Männer widmeten sich nun wieder  einzig und allein der Felswand und achteten nicht weiter auf den Dritten. 
Dann fing es plötzlich an zu knirschen und zu knacken und die Felswand gab nach. Der rauhe Fels hatte sich von der Felswand gelöst, brach in sich in einer riesigen Staubwolke zusammen. 
Von der massiven Wand blieben nur ein paar Kieselsteine übrig, der Rest wurde als Staub vom Wind in alle Himmelsrichtungen verstreut.
Doch nicht der Staub allein war es, der den Forschern den Atem nahm, sondern das, was er freilegte. Erstaunt blickten sie auf die ihnen gegenüber liegende Wand. Das Atmen fiel ihnen schwer, trotz der Tücher, die sie sich schnell über Mund und Nase gezogen hatten. Auch konnten sie durch den aufgewirbelten Dreck nicht sehr weit sehen, jedoch weit genug, um vor Erstaunen fast das Atmen zu vergessen. Das Tor sah sehr stabil aus und schien über die ganzen Jahre hinweg nichts von seiner Schönheit eingebüßt zu haben. 
Im Gegenteil, es schien noch genauso zu sein, wie es von seinen Erbauern nach seiner Vollendung verlassen worden war. Mentako, ein alter, von der Sonne gebräunter Mann mit Brille, stand neben seinen Kollegen. Neben ihm stand Sandor, einer jener Sorte, der seine Nachforschungen nur in seinem Büro anstellte und nie eine richtige Expedition miterlebt hatte. Diese unterschiedlichen Männer hatten eines gemeinsam: Angst. Beide hielten immer einen gewissen Abstand Tekino, dem Dritten, gegenüber ein. Die Träger hatten sie schon kurz nach ihrer Ankunft wieder verlassen, sie fürchteten diesen Berg; er war ihr Heiligtum. Diese völlig verschiedenen Männer standen nun alle Fassungslos vor einer Öffnung in der selben Felswand, welche vorher völlig rauh und eher allem anderen aber nicht einem Tor geähnelt hatte. 
"Ist das...?", fragte Sandor, um die fast schon bedrückende Stille zu brechen.
"Ich hätte nicht gedacht, dass er wirklich existiert. Das also ist der Tempel von Menet!", erwiderte Metako und rückte seine Brille zurecht.
"Ja, das ist er. Das ist jener Ort, den Forscher schon seit Ewigkeiten suchen!", antwortete Tekino mit einem Lächeln, das zufrieden und furchteinflößend zugleich war.
"Unglaublich..." Mehr konnte Sandor dazu nicht sagen. Die anderen Professoren hatten sie ausgelacht, als sie von ihrem Vorhaben erfuhren, und jetzt lag er wirklich vor ihnen. 
Vor ihnen im Fels war ein regelrechtes Kunststück der Architektur zum Vorschein gekommen. Drachen und Blumen zierten das Tor zu beiden Seiten. Alles war in kräftig bunten Farben gestaltet worden. Es strahlte geradezu, wenn man es ansah. Die Augen der Drachen waren aus Edelsteinen so groß wie die Faust eines Kindes. Während die anderen Drachen in den Farben der Elemente gehalten waren, war der Drache auf dem Siegel viel größer. Und Schwarz war er, wie die Nacht selbst, wenn es keine Sterne gab. Er zeigte den Forschern sein weit geöffnetes Maul, als wolle er sie warnen, die Stille im Inneren zu brechen.
Im Krater wurde es dämmrig, bald würden die Fackeln nicht mehr ausreichen, um das Lager auszuleuchten. Lampen besaßen sie nicht. Der Benzingenerator war schon Tage zuvor bei einem Steinschlag beschädigt worden und nun nicht mehr nutzbar. Wenn der Wind sie streichelte, huschten flinke Schatten über das Tor und unterstrichen noch zusätzlich die düstere Atmosphäre. Dieser ständige Wechsel von Licht und Schatten ließ den Drachen lebendig erscheinen, als würde er sich bewegen und sich jeden Augenblick auf die Forscher stürzen und sie zu töten, um so den Tod in dieses heilige Gebiet zurück zu bringen.
"Jetzt machen Sie sich doch nicht immer bei jeder Kleinigkeit gleich ins Hemd! Das ist nur eine Statue, die wird uns schon nichts tun. Und jetzt sehen Sie zu, dass Sie die Tür aufkriegt." Tekino machte der Anblick des Drachen sichtlich nervös.
"Ich halte das für keine gute Idee", gab Sandor zu bedenken. "Diese Architektur ist mehrere hundert Jahre alt. Es wäre gut möglich, dass beim Öffnen das Artefakt Schaden nimmt. Und ich brauche sicher nicht zu erwähnen, dass dieses Fundstück einzigartig ist. Sein Verlust wäre eine Katastrophe für die Forschung, um es milde auszudrücken!"
"Wollen Sie denn nicht sehen, was dieser Drache bewachen soll? Deshalb sind wir doch hier. Wir wollen herausfinden, ob die Legenden wahr sind."
"Natürlich! Aber laut den Legenden liegt in Inneren Gut und Böse begraben. Was, wenn wir es freilassen?"
"Sie glauben doch nicht etwas diese Märchen? Irgend ein alter Greis wird sie sich ausgedacht haben, um Leute wie uns fern zu halten. Bis jetzt ist noch kein Forscher, der ein Grab öffnete, gestorben, zumindest kenne ich keinen. Und jetzt öffnen Sie es endlich!"
Die anderen wandten sich wieder ihren Aufgaben zu. Tekino setzte sich inzwischen auf einen nahe gelegenen Fels, direkt dem schwarzen Drachen gegenüber. Sein Blick schweifte über das steinerne Gesicht der Figur. Er schien sich bedrohlich zu bewegen, wie ein Raubtier, das darauf wartet, über sein ahnungsloses Opfer herzufallen. Es schien, als starrten sie sich gegenseitig an, als erwarteten sie jeden Augenblick den Angriff ihres Gegenübers. Er schien dieses Wesen, welches ihn anstarrte und anscheinend jede seiner Bewegungen verfolgte, zu kennen. Er hielt den Drachen für den sogenannten Tempelwächter. Je nachdem, welche Macht ihn fand und seine Kräfte entfaltete, würde sich der Drache dem Guten oder dem Bösen zuwenden. So besagte es die Legende, ein uralte Legende, welche existierte, seit dieser heilige Ort erbaut wurde. Tekino wollte letzteres. Er hielt nicht viel vom sogenannten Licht, sein Herz hatte sich schon vor langer Zeit davor verschlossen. Er wollte sich dem Bösen hingeben, seine Kraft in sich aufnehmen, denn der Schatten war stärker als das Licht selbst. Wie sonst konnte der Schatten nie aus dieser Welt verbannt werden? Warum existierte er sonst bis in alle Ewigkeit? Er hielt nichts von Dingen wie Gott oder Satan.
Er wollte sich nur die unglaubliche Macht, die von ihnen ausging, aneignen. Dafür lebte er. Und dafür würde er auch töten. Das Licht der Fackel begann zu flackern und es schien, als würde der Drache ihn nun direkt mit seinen Augen, aus riesigen Rubinen, anstarren. Als hätte er seine Gedanken gelesen und würde darauf reagieren. 
Tekino wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen als Mentako ihm etwas zurief.
"He, Tekino, kommen Sie mal her. Ich glaube, wir sind da auf etwas gestoßen!" 
Er konnte nur schwer seinen Blick von dem Drachen hinüber zu Mentako wenden. Schließlich erhob er sich von seinem Felsen und begab sich zu den beiden Männern, den Drachen aber immer aus den Augenwinkeln heraus beobachtend. Mentako und Sandor hatten, während er seine Gedanken schweifen ließ, ihre Pinsel gezückt und Millimeter um Millimeter den Staub aus den Vertiefungen entfernt.
Im oberen Teil hatte der Wind gute Arbeit geleistet, dafür aber war im unteren Teil um so mehr haften geblieben. Unterhalb des schwarzen Drachens befand sich eine Inschrift, vom Schatten der Figur geschützt, deshalb hatte es auch einige Zeit gedauert bis man sie entdeckt hatte. Fragend sah Tekino die beiden Forscher an.
"Was gibt es denn so wichtiges?"
"Das müssen Sie sich ansehen! Dieses Bauwerk ist mehrere hundert Jahre alt, ach was rede ich, womöglich mehrere tausend Jahre. Und trotzdem ist diese Schrift in unsere heutigen Sprache verfaßt. Es stimmt nicht hundertprozentig überein, aber größtenteils sind Worte enthalten, die noch heute existieren. Das ist einfach unglaublich. Zu der Bauzeit hat diese Schrift in dieser Form noch gar nicht existiert, und trotzdem ist sie da!" Mentako zitterte vor Erregung und heller Begeisterung. Er interessierte sich sehr für Sprachen, aber so etwas hatte er noch nicht erlebt. Er war sich sicher, dass dies einmalig in der Geschichte war, zumindest bei den bekannten Fakten und Ausgrabungen. Leider geschah es viel zu oft, dass Grabräuber alle Wertgegenstände raubten und dabei Schriften und alles vernichteten, was kein Geld brachte. 
"Und was bitte steht da geschrieben?" Man konnte den Spott in Tekinos Stimme deutlich als Unterton heraus hören, er gab sich aber auch keine besonders große Mühe, ihn zu verstecken.
"Augenblick... ich hab’s gleich." Sein Blick wanderte suchend über den nun glatten Fels.
"Hier, lesen sie selbst." Sein Finger deutete nun auf eine Stelle im Stein, unterhalb des Drachen. Tekino kniete sich hin und begann die großen, fein säuberlich in den Fels gehauenen Buchstaben zu lesen:

Einst wurden vier Krieger geboren 
Allesamt mit reinem Herzen 
Sie sind die Wächter
Und die Schlüssel  ihrer Tempel
Sie wurden erschaffen
Um zu kämpfen
Für Menschen, denen sie nie begegnet 
Geboren um zu sterben
Zu sterben um geboren zu werden
Auf Ewig lebendig begraben 
Um aufzuerstehen
Wenn das Böse erneut
Seine Hand nach der Welt ausstreckt
Mit unglaublicher Kraft 
Die Welt erneut im Licht erstrahlen zu lassen

Legende von Menet

Tekino wurde kreidebleich. Während Sandor und Mentako über das Können der damaligen Erbauer erstaunt waren, war Tekino in Angstschweiß ausgebrochen. 
Er wußte als Einziger,was sich hinter diesem Steintor wirklich befand, zumindest glaubte er das. Sein ganzes Leben hatte er diesem Fund gewidmet und nun, endlich, nach so vielen Jahren, stand er vor ihm.

Hinter dieser Wand befand sich die vollkommene Macht, absolute und uneingeschränkte Macht. Aber nie hätte er gedacht, auch nicht in seinen Träumen, dass es auch das Gegenstück verbarg. Noch war sie nicht aktiviert. Noch wartete sie auf die Wächter. Doch wenn sie wieder zu neuem Leben auferstanden waren, würden sie eine ernste Bedrohung für ihn sein. Die Auferstehung mußte um jeden Preis verhindert werden. Aber diesem Problem konnte er sich auch noch später widmen, erst mußte er an die Macht kommen, danach wäre es ein leichtes, das Gegenstück zu vernichten.
"Und was soll diese Inschrift nun aussagen, Herr Mentako?"
"Jetzt sehen Sie mich nicht so an, als sei ich der Osterhase an Weihnachten. Ich weiß es auch nicht. Ich habe schon einige Inschriften gesehen, aber diese ergibt keinen Sinn. Vielleicht ist es eine Warnung.", entgegnete Mentako.
"Eine Warnung? Aber wovor denn?", fragte Sandor.
"Ich weiß es nicht. Wir kriegen sicher eine Antwort darauf, wenn wir wissen, was sich hinter dieser Wand befindet." Mit diesen Worte versuchte Mentako, die anderen, aber wohl vor allem sich selbst, zu beruhigen. 
"Es muß einen Öffnungsmechanismus für das Tor geben.", sagte Tekino.
"Woher wollen sie das wissen? Schließlich gibt es keinen Hinweis dafür", meldete sich Mentako zu Wort. 
"Herr Mentako, glauben sie wirklich, dass sich die Erbauer solche Mühe mit diesem Gebäude geben würden, um dann beim Öffnen alles zu zerstören? Es gibt sicher einen Schalter, oder ähnliches, mit dessen Hilfe wir in das Innere des Tempels gelangen können." Tekino ließ seine Stimme absichtlich wie die eines Schulmeisters klingen. Mentako unterdrückte die wütende Antwort, die ihm auf der Zunge lag, und ging schweigend davon. Tekino ging in die Hocke, um den Drachen näher zu mustern. Direkt unter dem Maul befand sich die seltsame Inschrift. Das Maul des Drachen war geöffnet, was ihn noch bedrohlicher wirken ließ, als es schon durch die Fackeln erzeugt wurde. Die Öffnung war gerade groß genug, um die Hand eines erwachsenen Mannes hindurch zu lassen.
"Sandor, ich glaube, ich habe einen Öffnungsmechanismus entdeckt. Hier ist eine Öffnung im Maul des Drachen und dahinter scheint so etwas wie ein Hebel zu liegen." 
"Wirklich?" Neugier lag in Sandors Stimme.
Tekino deutete mit dem Kopf auf eine Stelle im Inneren des Drachenmaules. Sandor leuchtete mit einer kleinen Taschenlampe hinein und fand eine kleine Einkerbung für ein Amulett, oder ähnliches, was als Schlüssel dienen konnte.
"Seltsam, da ist eine Einkerbung im Fels. Wir brauchen einen Gegenstand in Form eines kleinen Drachens, soweit wie ich das erkennen kann. Ohne den Schlüssel dürften wir den Tempel kaum betreten können."
Tekino zog an einem Lederband, das er unter seinem Hemd trug, und ein kleiner weißer Drache, das genaue Ebenbild des schwarzen Drachens, kam zum Vorschein. Vorsichtig fügte er ihn in die Einkerbung ein. Es knackte laut und man konnte schwach das Arbeiten von Zahnrädern hören. Der Mechanismus war in Gang gesetzt worden.
Die große Steinplatte öffnete sich knirschend und knackend. Es war erstaunlich, dass der Öffnungsmechanismus dieses uralten Bauwerks nach all der Zeit noch immer funktionierte.
Die Platte hatte sich nun ganz beiseite geschoben und dadurch den Eingang zum Tempel von Menet freigelegt. Die Forscher starrten nun in völlige Dunkelheit. Aus dem Inneren kam ihnen ein kalter Luftzug entgegen. Nur zögernd betraten sie den Ort, den seit Jahrhunderten kein menschliches Wesen mehr betreten und dessen Stimme so die heilige Ruhe gestört hatte. Sie machten die Taschenlampen erst nach ein paar Schritten an, da sie nicht wußten, wie gewaltig dieser Ort war. Jeder Forscher verläßt einen solchen Ort nur ungern, weil kein Licht mehr da ist. Im Tempel war es wirklich kühl und ihre Schritte hallten sachte von Wand zu Wand. Keiner wagte es, laut zu atmen geschweige denn zu sprechen. Plötzlich wurde die Stille jäh gestört.
"Ahhh! Was ist das denn für ein ekliges Zeug. Einfach widerlich!", sagte Mentako erbost. Er richtete den Strahl seiner Lampe auf seine Hand. Sie war mit etwas Schwarzem überzogen, etwas Schmierigem. Er roch daran.
"Seltsam, das ist Öl!"
Die anderen hatten einen Moment vor Schreck, aus Angst, es wäre eine mögliche Todesfalle, inne gehalten. Mentako richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf die Wand neben ihm und entdeckte eine an ihr entlang laufende Rinne. Er folgte der Rinne mit den Augen und holte schließlich ein Feuerzeug aus seiner Hose. Er drehte sich um und sagte: "Mal schauen, ob meine Vermutung richtig ist.", und zündete das Öl an. Es fing sofort Feuer und breitete sich rasend schnell über die ganze Rinne hin aus. Mit einem Mal war der gesamte Tempel hell erleuchtet. Die Lampen waren nun nicht mehr von Nöten.
Der Anblick, der sich ihnen bot, war atemberaubend. Der Gang mündete schon nach wenigen Schritten in eine riesige Halle. Man kann diesen phantastischen Anblick, der sich den Männern bot, eigentlich nur mit phantastisch beschreiben. Vor ihnen lag eine Halle, deren Fußboden mit Jade ausgelegt und die Wände mit Rosenquarz, Türkisen und Opalen reich verziert waren. Die Decke der Halle wurde von kunstvoll geschwungenen Säulen getragen, deren Ende man mit dem bloßen Auge nicht erkennen konnte, als würden sie bis weit in den Himmel hinein reichen. Sie betraten die Halle. Der Raum war quadratisch und mußte tief in den Felsen hinein reichen.

Dank des brennenden Öles war der Raum gut zu überblicken. Seltsamerweise entstand beim verbrennen des Öls kein Rauch, zumindest merkten die Männer davon nichts. Vielleicht war es auch gar kein Öl, aber das konnten sie auch noch später herausfinden.
Sie traten zwischen den Säulen hindurch, sichtlich bemüht, die heilige Ruhe in diesem Saal nicht zu stören. Die Forscher bestaunen die reich verzierten Wände und Säulen mit ihren Schriftzeichen und Bildern. Tekino war sichtlich bemüht, zum Ende des Säulenganges zu gelangen, während Sandor und Mentako aus dem Staunen nicht mehr herauskamen. Schließlich hörten die Säulen auf und vor ihnen befanden sich Stufen, die zu einer Erhöhung führten.
Die fünf Stufen waren aus reinem Marmor und auf der Erhöhung befanden sich vier Altäre. Sie gingen die Stufen empor um die Altäre genauer zu untersuchen und erst als sie oben ankamen bemerkten sie, dass jeder in einer anderen Farbe war. Von den Säulen aus hatte man das nicht erkennen können, da das brennende Öl sie hat alle gleich aussehen lassen. Die Farbtöne waren von erstaunlicher Reinheit. Der eine war so grün, dass man das Gefühl hatte, gleich einem aus dem Wald springendem Reh zu begegnen, während der Wind die Blätter zum singen brachte. Der zweite war so blau, dass er den Eindruck erweckte, man sehe auf einen Ozean herab. Man erwartete jeden Augenblick den Fisch, der aus seinen Tiefen empor schnellte und Millionen von kleinen Wassertropfen glitzernd auf die Wasseroberfläche zurückfielen. Ein Dritter war so weiß, wie es nur die Wolken an einem azurblauen Himmel sein können. Man roch praktisch schon das frische Gras, hörte die Bienen summen, während man in einer prächtigen Wiese lag und dem Vorbeiziehen jener weißen Wolken zusah. Und der letzte Altar war so rot wie der blühende Mohn selbst, erinnerte einen aber auch an ein Feuer, das einen in einer kalten Nacht wärmte. Die Gruppe war sich nicht sicher, ob die Farben diese Eindrücke hervorriefen oder ob sie diese Dinge wirklich sahen.
Sandor kniete nieder, um sie sich näher ansehen zu können. Sie hatten keinerlei Verzierungen, was bei dem Eindruck, den die Farben schufen, auch mehr als unangebracht gewesen wäre. Aber es war dennoch ungewöhnlich. Kultgegenstände hatte meist eine Verzierung, warum also diese nicht? Die Oberfläche war glatt und hatte keine einzige Vertiefung. Nur die obere Steinplatte stand auf jeder Seite wohl an die 10 cm über. 
"Wer hat diese Altäre nur erbaut? Die Arbeit ist so präzise, dass es schon einem Wunder gleicht. Nicht einmal wir können mit unseren heutigen Mitteln so genau arbeiten. Wie also konnten das die Erbauer?", fragte Sandor.
"Wie kommen sie darauf, dass dies Altäre sind? Meiner Meinung nach sind sie es nicht, oder haben sie Beweise für diese Behauptung?", sagte Tekino.
"Was soll das heißen? Wollen Sie, Herr Tekino, etwa behaupten, dass es sich hier um einen Tempel handelt? Für die Existenz des Tempels von Menet gab es kaum schriftliche Beweise und über seine Funktion ist nichts bekannt. Nichts wurde überliefert, alles ging im Lauf der Geschichte unter. Tempel wurden erbaut, um Göttern zu huldigen, um Opfer dar zu bringen. Meinen sie wirklich, dass dies ein Tempel ist? Welchen Göttern sollte denn gehuldigt werden?", mischte sich nun auch Mentako ein.
"Das mag ja alles seine Richtigkeit haben, was sie da sagen, aber ich behaupte dennoch, dass es sich bei den vorliegenden Objekten um Sarkophage handelt. Tempel mußten nicht immer nur Göttern geweiht sein, sondern es konnte auch passieren, dass sie Menschen geweiht wurden, Nationalhelden, sozusagen."
"Und wer ruht ihrer Meinung nach in diesen Sarkophagen?", entgegnete Mentako leicht gereizt. "Schließlich ist kein Grabschmuck oder gar eine Inschrift zu erkennen."
"Grabschmuck haben sie auch gar nicht nötig", entgegnete Tekino.
Er war der einzige, der wirklich wußte, was dieser Tempel bedeutete. Hatte er vorher auch Zweifel, die Inschrift auf dem Zugang zum Tempel, war für ihn mehr als eindeutig gewesen. Nach einer Weile fügte er hinzu: "Und das, was vor uns in diesen Kammern ruht, ist nichts anderes als die Kadaver der Wächter selbst." 
Die Wächter, wie oft hatte er über sie nachgedacht, wie sie wohl aussahen, wie sie wohl begraben waren, wartend und noch immer voller Magie. Und jetzt sah er ihre Gräber. Er hatte sie sich immer überladen mit Beigaben und Verzierungen vorgestellt, doch nichts von alle dem war jetzt noch vorhanden. Wie groß mußte doch ihr Ruhm sein. Er verspürte ein leichtes frösteln, als er daran dachte, ihnen, diesen mächtigen Wesen, einmal gegenüber stehen zu müssen. Wer würde wohl stärker sein, denn wahre Macht altert nie, das wußte er nur zu gut. Aber sie würden Zeit brauchen ihr Macht wieder zu erlangen. Das würde ausreichen müssen, bis er stark genug war. Er blickte wieder auf den vor ihm liegenden Sarg. Die Schriften besagten, dass ihre Körper zeitlos seien, dass sie erhalten geblieben sind, so als hätte man sie erst vor wenigen Minuten hier zur Ruhe gebettet.
"Nun, ihre Argumente scheinen einleuchtend. Warum beweisen sie uns nicht, dass sie Recht haben? Öffnen wir sie doch einfach und sehen nach!", fügte Sandor hinzu.
"Ich weiß nicht, wenn er Recht hat, und das wirklich Ruhestätten sind, sollten wir ihre Ruhe nicht stören", fügte Mentako.
In Tekinos Augen blitzte es kurz auf. Sie öffnen. Diese Vorstellung, seinen zukünftigen Feind zu sehen, erregte ihn. 
"In Ordnung. Werfen wir einen Blick hinein."
Schon nach kurzer Zeit konnte man ihr Stöhnen hören, als sie versuchten, eine Platte zu entfernen. Die Deckplatte bot für die Männer den einzige Halt. Sie versuchten es wohl an die fünf Minuten, vergebens.
Als sie schließlich endgültig aufgaben, hatte sich der Deckel nicht einen Millimeter bewegt. Er erweckte den Eindruck, von einem gigantischen Magnet angezogen zu werden.
"So geht das nicht!", sagte Sandor und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Das Material war wirklich so solide wie es aussah.
Er fügte schließlich nach einer Pause hinzu: "Mit diesen Mitteln bekommen wir das nicht auf, und wenn wir Gewalt anwenden, zerstören wir es vielleicht. Ich schlage vor, dass wir uns später damit auseinander setzen und nun erst mal den Rest des Tempels erkunden."
Sandor und Mentako gingen nun im Tempel umher, um ihn an verschiedenen Stellen zu untersuchen und sich Notizen zu machen. Tekino war als einziger noch bei den Grabmälern. Er drehte sich um, um zu der 10 Meter entfernt liegenden Mauer zu gehen. Es war an dieser Stelle Stockdunkel und so war es nicht verwunderlich, dass er plötzlich leise zu fluchen begann. Er wußte, dass er da sein mußte, hatte ihn aber trotzdem übersehen. Er rieb sich eine Weile sein Knie und blickte schließlich ins Dunkle. Er war wirklich schwarz wie die Nacht. Er tastete um sich herum, bis er schließlich auf Widerstand traf.
Es war das gleiche Material, aus dem auch die anderen Grabstätten bestanden, doch etwas war anders... er... er war offen. Das war unmöglich, man konnte sie von innen ebenso wenig öffnen wie von außen. Aber er war offen. Der Schock legte sich schnell wieder, er wußte wie durch Eingebung, was vor ihm lag. Es war der Verfluchte, der, der auch begraben sein sollte, es aber nicht war, da man ihm dieses Ritual verwehrt hatte. Er, die rechte Hand des Bösen, der Diener. Sein Ziel mußte ganz in der Nähe sein. Er holte eine Taschenlampe hervor und richtete sie auf die Wand. Er grinste zufrieden, er hatte gefunden, was er suchte. Tekino warf die Lampe gegen die Wand. Sie zerschellte, aber nicht an der Wand sondern an einem Energiefeld. Die Lampe verursachte wohl eine Art Kurzschluß und fiel in kleinen Einzelteilen zu Boden. Er entzündete ein Streichholz und betrachtete die Wand, noch immer in gebührendem Abstand.
Die Wand zeigte ihm ein seltsames Muster. Er mußte das Streichholz wieder fallen lassen, bevor er sich die Finger an den Flammen verbrannte. Er ging in die Knie und tastete nach einem Gegenstand. Seine Hand packte einen Stein. Mit aller Kraft schlug er ihn gegen das Symbol an der Wand. Das Energiefeld zuckte nach seinem Körper und der Schmerz wollte ihn gar nicht mehr loslassen. Er war so erregt. Er wollte sehen, was ihn erwartete. Er ignorierte den Schmerz und schlug weiter auf die Wand ein.
Schließlich gab es ächzend nach und er sank, noch immer den Stein in der Hand, zu Boden.

Das Symbol fing an zu glühen und er wurde von einem tobenden Windhauch erfaßt. Er wurde zu Boden gerissen, schlug hart auf.
Er öffnete die Augen und blickte verwirrt umher. Er brauchte ein paar Sekunden, bis er wieder wußte, was passiert war. Der Sturz hatte ihm den Arm ausgekugelt, doch er packte ihn und renkte ihn ohne Probleme wieder ein. Mentako hatte sich in der Nähe befunden, um die Säulen zu untersuchen. Als er den Krawall hörte, kam er näher, um nachzusehen. Tekino hört seine Schritte und drehte sich nach ihm um, bevor er ihn überhaupt sah. Mentako kam schnell auf ihn zu gerannt. Tekino streckte seine Hand aus und spießte ihn mitten im Gehen auf. Mentako hatte keine Chance. Seine Hand durchdrang seinen Brustkorb und wühlte nach seinem Herzen. Als er es fand riß er es ihm ohne zögern heraus. Alles geschah so schnell, dass sein Opfer nicht einmal mehr die Zeit fand zu schreien. Er stöhnte noch einmal leise auf und sank dann sterbend zu Boden. Tekino hob seine Hand und sah das Blut sein Handgelenk hinunter gleiten.
Er lachte. Dann wandte er sich Sandor zu. 
Auch er hatte etwas gehört und wollte sich nun erkundigen, warum Mentako zu Tekino gerannt war. Tekino ging langsam in seine Richtung und als er Sandor gegenüberstand, schleuderte er ihn gegen die Wand. Man konnte es knacken hören. Als Sandor gegen die Wand krachte, wurde sein Schädel wohl mehrmals gebrochen; vermutlich auch einige Rückenwirbel. Die Ölflammen begannen zu flackern. Leise fiel ein toter Körper zu Boden und schlug mit einem dumpfen Geräusch auf. Die letzten Flammen erloschen mit ihm. Alles, was in dem nun leeren Tempel zurückblieb, war eine schemenhafte Silhouette mit braunen Haaren und ein Notizbuch in dessen Seiten der Wind spielte.
 

© Teufelchen
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