Dracania von Tobias Wagner
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Flucht

Rafael stürmte mit dem Drachenstein in seinem Arm auf das Kuppeldach des Turmes. "Nemesar ist hinter uns her. Er ist ganz schön sauer, denn ohne den Drachenstein ist der Plan von seiner Europainvasion im Eimer." keuchte er. Dann sah er, wie die Drachen angeflogen kamen. Er feuerte mit der Leuchtpistole in den Himmel und legte sich das Gleitschirm- Gurtzeug an. Nemesar durchschlug mit seiner Faust die Tür zum Dach.
Er sah, wie sich Rafael und Elsyria zum Starten fertig machten. "NEIN, " brüllte er. "Der Drachenstein bleibt hier!"
Rafael rief zu Elsyria: "LAUF LOS, LAUF, WIE DU NOCH NIE GERANNT BIST!!!"
Dann rannten sie los, auf den Abgrund zu. Die Gleitschirme bliesen sich auf und bildeten das typische Tragflächenprofil. Etwa zwei Meter vor dem Abgrund hoben sie beide ab.

Ta´Rakan sah als erster die Leuchtkugel am Himmel. "Sie haben den Drachenstein!" brüllte er durch die Nacht.
"Wir trennen uns jetzt. Ihr holt Rafael und Elsyria ab, und wir zwei schnappen uns Akarian und Mirinur da unten." rief Mondkralle.
"Rechte Steuerleine mehr ziehen, Elsyria!" rief Rafael, als sie sich immer weiter vom Turm entfernten.
Nemesar schoss ihnen magische Blitze hinterher. "Sofort Alarm geben, fangt sie mir wieder ein!" grölte er vom Kuppeldach seines Turmes. "Schickt die Drachentöter hinterher!" Die Goblins unten verriegelten das Haupttor und feuerten auf die Gleitschirme.
Mondkralle und Ta´Rakan flogen von hinten an Elsyria und Rafael heran. "Klinkt euch von den Schirmen los, wenn ich es euch sage!" rief Mondkralle ihnen zu. Er flog so nah heran, dass er etwa 10 Meter hinter Elsyria war. "Jetzt!" rief er. Elsyria klinkte sich aus und landete genau auf seinem Rücken. "Jetzt du, Rafael!" rief Ta´Rakan, flog von hinten auf ihn zu und rief: "Jetzt!"
Rafael tat es genauso wie Elsyria und klinkte sich aus. Er verfehlte den Drachen unter ihm etwas, klammerte sich aber noch an seinem Schwanz fest. Einer der Zacken von Ta´Rakans Schwanz spießte seine Hand in der Mitte auf. Rafael brüllte vor Schmerz, hielt sich aber trotzdem noch fest. Stöhnend zog er sich auf Ta´Rakans Rücken.

Thomas war mit den anderen im Ultraleichtflugzeug und gab Gas, dass der Drehzahlmesser des Motors schon am Anschlag stand. "Die Startbahn ist zu kurz! Einer von Nemesars Panzern versperrt uns den Weg!" rief Jochen besorgt, doch Thomas sagte: "Keine Sorge, das passt!" Er zog am Knüppel und das ULF schwebte. Ein Goblinschütze stand auf dem Panzer. Vermutlich wollte er auf das startende Flugzeug schießen. Thomas zog noch mehr am Knüppel, doch es reichte nicht mehr ganz. Die linke Tragfläche trennte dem Goblin den Kopf ab und schwarzes Blut spritzte an die Plexiglasscheibe. Ein matschiges Geräusch ertönte dabei. "AAAH – Kacke!" rief Michael.
Nemesis kam hinterhergeflogen, auf einer riesigen Fledermaus. Zwei Drachentöter, die im Dienst Nemesars standen, starteten mit den Aeroplanen von Nemesar hinterher. Auf ihnen waren Waffen montiert, die Energiekugeln abfeuerten. Nemesar feuerte auf Rafael, Elsyria und die Ultraleichtflieger. Als die Flügel der Drachen das ULF fast berührten, knallte es plötzlich am Himmel. Die Abwehrtürme an der Burgmauer feuerten eine Art Flakmunition ab.
"Wir müssen so schnell wie möglich höher, sonst zerfetzt es unsere Flugmembrane!" rief Rake, der mit Feuerflügel, Mirinur und Akarian hinterherkam. Nun waren sie endlich wieder alle beisammen. Doch Zeit zum Begrüßen und erzählen gab es nicht. Nemesar war ihnen auf den Fersen.
Ein Flakgeschoss traf versehentlich einen Drachentöter, der mit der Flugmaschine mitten in einen Turm knallte und explodierte.
"Rafael, gib den Stein her. Ich mach Würfel aus deinen Zähnen, ich, ich, ich, werde auf deinem Grab tanzen, Rafael! Ich, Ich..." seine Stimme überschlug sich fast. Längst hatten sie die Festung hinter sich gelassen.
"Er will nur den Drachenstein!" rief Rafael. "Mirinur und Akarian, ihr könnt abdrehen. Bringt euch in Sicherheit!"
"Bist du sicher?" fragte Akarian.
"Ja, es reicht, wenn er auf uns losgeht. Fliegt schon mal vor nach Lanciata!"
Die Drachenreiter drehten ab und tatsächlich: Nemesar nahm keine Notiz von ihnen. Doch sie drehten hinter den Bäumen wieder und folgten Nemesar unauffällig im Tiefflug. Nemesar folgte Rafael, Elsyria und dem kleinen Ultraleichtflugzeug.
"Rafael, dein Drachenfreund kann dich jetzt auch nicht mehr retten! Wir werden euch beide nebeneinander beerdigen!!" kreischte Nemesar. Er schoss mit seinem Zauberstab aber nur Löcher in die Wolken.
Rafael zeigte Thomas im ULF, dass sie höher mussten, um ihn abzuschütteln. So hoch es geht. Die Sonne ging schon am Horizont auf und färbte die Wolken mit einem roten Farbton. Als sie so hoch oben waren, dass die Wolken unter ihnen wie der Boden der Welt erschien (30.000 Fuß auf dem Höhenmesser), zeigten Rafael und Elsyria mit einer Handbewegung den Fliegern im ULF an, dass es jetzt steil abwärts ging. Thomas nickte.
"Halt dich jetzt ja fest, Elsyria!" sagte Mondkralle. Und auch Ta´Rakan sagte zu Rafael: "Das gleiche gilt für dich!"
Dann zogen beide Drachen ihre Flügel ein, und abwärts ging es im freien Fall, der Erde zu. Thomas drückte den Steuerknüppel bis zum Anschlag vor und Dixon kreischte:
 "Ich hoffe, ihr habt alle euer Testament gemacht, Jungs!"
Das Flugzeug stürzte hinter den Drachen her in die Tiefe. Thomas gab noch Vollgas.
Nemesar kam hinterher.
"Woah, ist das cool – Jiiiiieeaaahh!" brüllten Rafael und Elsyria.
Der Wind strich so stark an den Schuppen vorbei, dass ein merkwürdiger Pfeifton entstand. Der Gegenwind riss Rafael fast von Ta´Rakans Rücken. Seine Hand blutete noch immer, doch der Überlebenswille war stärker als der Schmerz.
Thomas blickte besorgt auf den Höhenmesser: 2570, 2540, 2480,2460, - tac - tac - tac - tac - tac - ...
Die Wolkendecke kam wie eine riesige Wand auf sie zugeschossen, doch Ta´Rakan und Mondkralle behielten konsequent ihren tödlichen Kurs bei. Nemesar brüllte und feuerte mit dem anderen Drachentöter weitere Lichtblitze auf sie. Dann durchbrachen die Drachen die Wolkendecke, und das ULF hinterher. Ein Satz schoss Thomas durch den Kopf, den er nur allzu gut kannte:
"Flieg nie in eine Wolke rein, es könnt schon jemand drinne sein!"
Diesmal hatte er etwas wahres an sich.
1980, 1890, 1810... "Das wird zu knapp, wir knallen auf!" kreischte Miles hinten im Flieger, doch Thomas hielt den Knüppel gedrückt und folgte den Drachenreitern. Die Wolken huschten an ihnen vorbei und jetzt kam die Erde direkt auf sie zugerast.
"HOCHZIEHEN!!!" brüllte Michael, doch Thomas folgte immer noch den Drachen.
"Das könnte klappen!" sagte Ta´Rakan und breitete - langsam - die Flügel aus, in Sturzflugstellung. Auch Mondkralle machte es nach und sie fingen im großen Bogen ab.
Thomas nahm das Gas weg, setzte die Bremsklappen auf 100% und zog am Knüppel. Vibrationen und ein unangenehmes "Knistern" war an den Tragflächen zu hören.
"Wenn ich stärker ziehe, reißt es uns die Flügel ab!" rief Thomas.
Nemesars Fledermaus erkannte das Problem mit der zu hohen Geschwindigkeit und der geringen Höhe auch noch und fing ab. Gerade noch ein paar Meter über einem Getreidefeld schossen die Drachen im Geradeausflug weiter. Das Ultraleichtflugzeug schaffte es aber nicht mehr ganz und bumste mit dem Fahrwerk auf.
Die Maschine des Drachentöters knallte voll auf und riss einen Krater in den Boden, während es explodierte. Das ULF sauste übers Feld (So kann man sich das mühsame Mähen bei der Erntezeit auch ersparen. Mit einem Flugzeug im Tiefflug über das Weizen...). Mirinur und Akarian kamen plötzlich wieder angeflogen. Sie schossen mit magischen Pfeilen von hinten auf Nemesar, der sich noch immer mit tödlichem Kurs zur Erde näherte.
Rafael testete wieder den gelernten Zauber – und tatsächlich: Ein Nebelfeld zog plötzlich wie aus dem Nichts auf, und nahm dem Verfolger für einen kurzen Moment die Sicht. Nemesar kreischte vor Entsetzen. Seine Fledermaus schaffte es nicht mehr und knallte im 45°-Winkel in eine Scheune.
"Das ist unsere Chance!" sagte Mirinur zu Akarian. "Jetzt schnappen wir ihn uns!" Die Drachenreiter landeten vor der Scheune und gingen mit gezückten Schwertern rein.
Das Ultraleichtflugzeug, Rafael und Elsyria befanden sich inzwischen auf dem Kurs zu Schloss Lancia.
"Wir sind ihn los!" jubelten alle, da kam auch Murluck angeflogen. Er befand sich direkt neben dem ULF und wollte vermutlich eine Energiekugel ins Cockpit feuern, da tauchten plötzlich Mondkralle und Ta´Rakan über ihm auf. Sie öffneten ihre Mäuler und...
"NEEIN!" brüllte Murluck, als zwei riesige Feuersäulen ihn einhüllten und ihn mitsamt der Fledermaus etwas "knusprig" machten. Brennend und noch immer schreiend, stürzte er vom Himmel ins Nebelgebirge hinein.
"Der Drecksack wäre auch erledigt. Ab nach Hause!" sagte Mondkralle.

Nemesar lag bewusstlos zwischen einigen Holzbrettern und Stroh. Seiner abscheulich hässlichen Fledermaus hatte es einen Holzbalken in den Körper gerammt, er selber schien aber unverletzt zu sein. Die Drachenreiter schnappten sich seinen Zauberstab und nahmen ihn gefangen. Dann luden sie ihn auf einen Drachen und flogen den anderen hinterher.
"Eine falsche Bewegung und du bist ein Häufchen Asche!" sagte Mondkralle, als Nemesar wieder zu Bewusstsein kam. Er befand sich im Burghof von Schloss Lancia und schien sich an nichts mehr zu erinnern.
"Keine Sorge, Mondkralle. Es wirkt!" Die ältesten Magier von Lanciata hatten einen Zauber auf Nemesar gesprochen, der sein Gedächtnis löschte. Auch seine bösen Zaubersprüche und Rituale kannte er nicht mehr.
"Wo bin ich, wer seid ihr – AAH! Ein Drache!" kreischte Nemesar und versuchte wegzurennen, da Mondkralle ihn immer noch misstrauisch anstarrte.
"Keine Panik, Mann!" sagte Akarian und hielt ihn fest. "Du bist ein einsamer Wanderer, der sich den Kopf zu stark angeschlagen hat und nicht mehr weiß, wer er ist!"
Nemesar sah ihn an. "Wirklich? Von wo komme ich denn?"
Die Drachenreiter tauschten ihre Blicke, dann zeigte Mirinur nach Westen. "Vom westlichsten Teil des Kontinents!"
Dann ließen sie ihn später gehen.
"Er stellt keine Gefahr für Dracania mehr dar!" sagte König Sadorey. "Ihn umzubringen würde nichts ändern und außerdem ist schon viel zuviel Blut vergossen worden, wegen diesem Typ."
Nemesar durfte gehen, mit einem Rucksack voller Reiseproviant, immer nach Westen. Der böse Zauber von Nemesar war gebrochen und auch die Goblins wurden, was sie früher mal waren. An das böse Vorhaben von Nemesar konnten sie sich auch nicht mehr erinnern, nur an ihr früheres Leben als Mensch. Und so zogen sie ab von Darks Klamm, zurück zu ihren Familien. Ein großer Zauber schien zu wirken.
Das Ultraleichtflugzeug landete direkt vor der Burgmauer. Thomas, Michael, Dixon, Miles, Peter, und Jochen kletterten aus dem Flieger. "Boah, das war ein Flug!" rief Miles.
Dann ging Thomas auf Rafael und Elsyria zu. "Schön, dass ihr noch am Leben seid, wir haben uns solche Sorgen um euch gemacht."
Rafael gab den Drachen den letzten Drachenstein. Dann fragte er die anderen: "Wie ging es euch in den letzten Monaten? Was hat Nemesar mit euch angestellt?"
Thomas und die anderen seufzten. "Er hat uns behandelt wie Abfall! Jeden Tag Folter und Terror. Wo ist er eigentlich?"
Elsyria sagte grinsend: "Wir haben ihn laufen lassen."
"Ihr habt ihn laufen lassen, WAS??? Seid ihr noch zu retten? Wieso habt ihr ihn nicht eingesperrt?" Thomas' Stimme überschlug sich fast.
"Wir haben sein Gedächtnis gelöscht. Er kann nicht mehr böse sein, selbst wenn er wollte!" sagte König Sadorey.
"Das geht wirklich?" fragte Dixon verblüfft. "Kannst du das auch bei mir machen, damit ich diese schreckliche Erinnerung von meinem Haiunfall in Australien los bin?"
Alle lachten.

"Also, nun erzählt mir von eurer Reise." sagte König Sadorey, während alle ins Schloss
gingen. "Ihr müsst doch sicher einiges erlebt haben!"
 

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Und schon geht's weiter zum 11. Kapitel: Abschied

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