Magische
Welt
Íja Macár
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 Magier der Götter / K18 (Cancelot)
 

Fluchthilfe gesucht
K22
 von: Sylvia

Chotis betrachtete sein Gegenüber einen Moment lang mit hochgezogener Augenbraue und fragte sich verblüfft, woher dieser mickrige Alte sein gewaltiges Stimmvolumen nahm.
Sicherheitshalber machte er einen Schritt zurück und musterte ihn argwöhnisch von oben bis unten - eine schmale Gestalt in zerschlissenen Roben, die gnadenlos um den hageren Körper schlotterten; ein zerfurchtes, faltendurchriffeltes Gesicht. Helle, scharfe Augen, mit denen Ziranubishath ihn scheinbar gerade aufzuspießen versuchte. Der Magier war mindestens einen Kopf kleiner als er selbst und so schmächtig, daß Chotis ihn leicht mit einer Hand aus dem Festsaal hätte tragen können.

Sein ausgeprägter Spürsinn in Sachen Magie konnte tatsächlich einen leisen Hauch derselben an diesem wunderlichen Kauz wahrnehmen - aber nur sehr schwach. 
Eigenartig, dachte er und warf ihm einen skeptischen Blick zu. Ein Magier der Götter? Müßte da nicht mehr zu spüren sein als nur diese blasse Aura?

"Was ist?" fragte Ziranubishath herausfordernd und stemmte streitlustig die Hände in die Hüften.
"Was starrt Ihr mich so an? Mißfällt Euch vielleicht etwas?"
Schon wieder diese laute, schneidende Stimme!
Einen Augenblick lang war Chotis versucht, sich die Hände gegen die Ohren zu pressen, nur um diesem kopfschmerzverursachenden Organ des Alten zu entgehen. Das war selbst für einen Dämon zuviel - und Dämonen vertrugen normalerweise eine ganze Menge.

"Ihr glaubt mir wohl nicht?"
Der Magier klang allmählich etwas verärgert.
"Doch, doch", beeilte sich Chotis zu versichern. "Natürlich glaube ich Euch - Meister. Ich hab‘ mir gleich gedacht, daß Ihr ein wirklich mächtiger Magier sein müßt - ein wahrer Magier der Götter! Eure glanzvolle Aura ist ... hmm, nicht zu übersehen!"
Ziranubishath warf sich stolz in die Brust und die Furchen in seinem Gesicht glätteten sich ein wenig.
"Ihr scheint ein ausgezeichneter Menschenkenner zu sein, junger Freund", kicherte er sichtlich geschmeichelt, während er - was sich als völlig sinnlos erwies - versuchte, seine zerknitterten Roben wieder in Ordnung zu bringen.
"Ausgezeichnet! Wirklich ausgezeichnet! Nicht jeder Sterbliche wäre in der Lage, meine perfekte Tarnung so schnell zu durchschauen."
Chotis verdrehte die Augen zur Decke und verbiss sich mit Mühe ein Grinsen, während der Magier unbekümmert weiterplapperte.
"Ich weile sozusagen incognito hier", erklärte Ziranubishath wichtigtuerisch und senkte die Stimme zu einem einigermaßen erträglichen Raunen, was der Dämon mit einem dankbaren Seufzer quittierte.
"Bedeutende Aufgaben haben mich an diesen Ort geführt, mein Freund! Natürlich kann ich Euch nicht davon berichten - denn die Mission ist äußerst geheim und ich bin zum Stillschweigen verpflichtet. Aber ich kam von weit her, genauer gesagt aus ...."

Chotis bedauerte bereits, diesen merkwürdigen Alten so voreilig angesprochen zu haben. Vielleicht war dieser doch nicht ganz die Person, die er gesucht hatte - eine Person, die über die Fähigkeit und genügend Magie verfügte, ihn und Hragnir wieder zurück in ihr Refugium zu befördern.
Im Moment beschränkten sich die Fähigkeiten des Magiers lediglich darauf, ihn mit nervtötender Stimme und langweiligen Reisebeschreibungen vollzuquatschen, und er begann sich bereits leicht verwundert zu fragen, ob Ziranubishath seinen Redeschwall wohl wenigstens zum Atemholen unterbrechen würde.
Irgendwie beschlich Chotis langsam das untrügliche Gefühl, daß es keine sonderlich gute Idee gewesen war, einfach den Erstbesten anzusprechen, der seinen Weg gekreuzt hatte. Wenn er es recht bedachte, war es sogar eine ziemlich blödsinnige Idee gewesen, und er begann bereits fieberhaft zu überlegen, wie er den Magier möglichst elegant und vor allen Dingen möglichst schnell wieder loswerden konnte.

"Was meint Ihr, junger Freund", schlug dieser gerade eifrig vor, "wollt Ihr mir bei einem Becher Wein vielleicht ein wenig Gesellschaft leisten?"
Wein? Sofort unterbrach Chotis seine anstrengenden Überlegungen und verschob sie auf einen späteren Zeitpunkt. Genauso gut konnte er erst einen Becher Wein zu sich nehmen, und dann versuchen, den Alten wieder loszuwerden. Der Gedanke an einen guten Tropfen schien ihn erheblich aufzuheitern.
Vielleicht war das die Gelegenheit, ihm endlich sein Anliegen zu erläutern - vorausgesetzt, der Alte würde ihn überhaupt zu Wort kommen lassen.
Als Chotis nur zu bereitwillig nickte, raffte Ziranubishath mit seiner Linken die viel zu weiten Roben zusammen, packte den Dämon mit der anderen Hand am Ärmel und manövrierte ihn quer durch den überfüllten Festsaal, indem er ihn kurzerhand einfach hinter sich her zerrte.
Mit einer Geschwindigkeit, die sein altersschwaches Aussehen Lügen strafte, quetschte er sich zwischen den vollbesetzten Tischen hindurch, umrundete geschickt die mit Weinkrügen und schweren Tabletts beladenen Schankmädchen und steuerte schnurstracks auf den Tisch am anderen Ende des Raumes zu, an dem er gesessen hatte.
Während sie sich durch die dichtgedrängte Menge pflügten, warf der Magier Chotis einen kurzen Blick über die Schulter zu.
"Ihr seid wahrlich ein guter Zuhörer, mein Freund - so etwas trifft man selten. Ich werde Euch gleich noch ausführlicher von meinen Reisen erzählen", frohlockte der Alte. "Glaubt mir, Ihr werdet es nicht bereuen!"
Chotis bereute es jetzt schon.

.
Während der Dämon einen Becher Wein nach dem anderen leerte, mit den Schankmädchen liebäugelte und seinen potentiellen Fluchthelfer nebenbei in ein Gespräch verstrickte, saß Hragnir einige Stockwerke über ihm in der demolierten Turmkammer auf einem Haufen heruntergestürzter Mauersteine und malte mit dem Zeh Muster in den Staub.
Ungeduldig wartete er auf Chotis‘ Rückkehr. 
Ihm kam es so vor, als wären schon Stunden vergangen, seit sein Begleiter ihn hier allein zurückgelassen hatte.
Aus dem gezackten Loch, das er bei seinem unfreiwilligen Erscheinen in die Decke gerissen hatte, sickerte fahles Mondlicht in den halbkreisförmigen Raum, und ab und zu rieselten kleine Steinchen und Staubwolken auf Hragnir herab.
Er hoffte inständig, daß Chotis Erfolg hatte bei seiner Suche nach jemandem, der sie zurückbefördern konnte, denn er hatte beim besten Willen nicht vor, sich hier lange aufzuhalten. Schon gar nicht mit diesem albernen Dämon.
Hragnir war schrecklich langweilig. Er hatte grauenhaften Durst, sein Magen knurrte laut vor Hunger und langsam aber sicher wurde er wütend auf seinen Begleiter, der ihn hier in dieser winzigen Kammer sitzen ließ, während er selbst sich höchstwahrscheinlich im Festsaal den Bauch vollschlug und sich mit hübschen Mädchen vergnügte.

Der Riese seufzte tief und erhob sich schwerfällig, bemüht, sich in dem engen Raum nirgends den Schädel anzustoßen. Es gab hier nichts, aber auch überhaupt nichts zu entdecken, das sein Interesse geweckt hätte – die Kammer eines Zauberers eben. Solche kannte er zur Genüge. 
Regale, bis an die Decke vollgepfercht mit Büchern, Schriftrollen und undefinierbaren Gegenständen; verschiedenfarbige Fläschchen, irdene Krüge, verstöpselte Phiolen und andere geheimnisvolle Behältnisse; Tiegel mit seltsam aussehenden und noch seltsamer riechenden Ingredienzen. Von den teilweise eingestürzten Dachbalken baumelten büschelweise getrocknete Kräuter.
In einer Nische stand eine eingestaubte Kiste mit bleichen, merkwürdig geformten Knochen von ... ja, von was auch immer – Hragnir wollte sich eigentlich nicht näher damit befassen.
Sein Blick stöberte lustlos durch die Regale und über den großen Tisch, auf dem ein heilloses Durcheinander herrschte. Mit spitzen Fingern und angeekeltem Gesichtsausdruck nahm er verschiedene Gegenstände hoch, betrachtete sie kopfschüttelnd und legte sie dann wieder zurück. 
Langweilig, dachte er. Keine Waffen – nur magisches Gerümpel. Wo dieser Hexer inzwischen wohl ist?

Ein vertrauter Geruch drang plötzlich in seine Nase.
Der Riese fuhr schlagartig herum und nahm Witterung auf wie ein Bluthund. Er schnüffelte angestrengt. Ja, diesen Geruch kannte er: den Geruch von geröstetem Fleisch und gebratenen Kartoffeln.
Sein Magen knüllte sich schmerzhaft zusammen. Wie lange war das eigentlich her, seit er zum letzten Mal etwas gegessen hatte? 
Er wußte es nicht - er wußte nur, daß er bohrenden Hunger hatte und festgenagelt in dieser verdammten Kammer verweilen mußte, während Chotis sich vermutlich prächtig amüsierte und sich bis zum Bersten mit köstlichem Essen vollstopfte.
Hragnir schnupperte abermals. Der Geruch drang durch die Ritzen der windigen Holztür in der Nordwand und ließ ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen.
Geduckt und wegen der Enge mehr kriechend als gehend, bewegte er sich zu der Tür hinüber und rüttelte versuchsweise daran – nur um zu sehen, ob sie verschlossen war. Aber sie hing wohl nur noch notdürftig in den Angeln, denn als er sich am Türriegel zu schaffen machte, hatte er plötzlich die ganze Konstruktion samt der Holztür in Händen.
Der Riese lehnte die Tür neben sich gegen die Wand, streckte vorsichtig seinen Kopf durch die entstandene Öffnung und schielte nach draußen, wo sich eine enge, steile Treppe in die Tiefe schraubte, nur notdürftig von Fackeln erhellt, die in eisernen Wandhalterungen steckten.
Was er sah, entlockte Hragnir einen ganzen Schwall an Schimpfwörtern – über diese schmalen Stufen würde er niemals nach unten in die Burg gelangen! Es hatte überhaupt keinen Sinn zu versuchen, seine gewaltigen Körpermassen in diesen Gang zu quetschen - er würde unweigerlich steckenbleiben.
Der verlockende Duft, der von unten heraufströmte, brachte ihn mittlerweile schier um den Verstand, und er begann angestrengt zu grübeln – vielleicht gab es noch einen anderen Weg?
Und überhaupt – wo war dieser idiotische, vergnügungssüchtige Dämon, wenn er ihn einmal brauchte? Wütend grummelte Hragnir vor sich hin, denn inzwischen kannte er seine Reisebegleitung und dessen Talent, sich unauffällig aus brenzligen Affären zu ziehen, nur zu gut. Chotis war sicher schon irgendwo versumpft und verschwendete vermutlich keinen einzigen Gedanken mehr auf ihre Rettung.
Hragnir sah sich in seinem unfreiwilligen Gefängnis nach einem anderen Fluchtweg um. 
Es war wohl wieder einmal an der Zeit, daß er selbst die ganze Sache in die Hand nahm - wie immer.
 


... und so setzt sich das Abenteuer fort:
Magier des Wortes -K26 (Sylvia)
 

... wenn Ihr aber noch weitere Fortsetzungen kennt, dann mailt mir diese bitte!
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